Spekulationsblasen und Notenbanken - sind Gold und Rohstoffe die Nächsten?
Dieses Referat wurde anlässlich des Rohstoff- und Goldkongress am 12. März 2005 in München gehalten.
Guten Tag, meine Damen und Herren!
Zumindest aus Sicht eines kritischen Beobachters und „contrarian“ Anlegers leben wir in wahrhaft außergewöhnlichen Zeiten. Kriege werden Friedensmissionen genannt, Schulden gelten als Wohlstand und ökonomisch nicht zu rechtfertigende Preissteigerungen bei Aktien oder Immobilien werden uns ebenfalls als die Schaffung von Wohlstand verkauft. Und die größten Inflationisten, die die Welt je gesehen hat, die modernen Notenbanken, haben es geschafft, sich der Öffentlichkeit als Währungshüter und Wächter der Stabilität zu verkaufen. Das alles grenzt fast an ein Wunder - ein Wunder moderner Kommunikationstechnik, die früher gerade heraus Regierungspropaganda hieß.
Wir leben in einer Zeit, in der die Gesetze der Ökonomie scheinbar außer Kraft gesetzt werden können dank umfangreicher Interventionen und Manipulationen seitens aufgeblähter Staatsapparate. Wir befinden uns in der wahrhaft erstaunlichen Situation, dass trotz des Zusammenbruchs der Planwirtschaften Osteuropas der Glaube an den Staat und seine Bürokraten ein geradezu lachhaftes Ausmaß angenommen hat. Selbst Naturkatastrophen am anderen Ende der Welt sollen in Zukunft, wenn nicht verhindert, so doch dank staatlicher Weitsicht vorhersehbar gemacht werden – am besten natürlich unter Einsatz deutscher Technik und Krediten der Staatsbank KfW.
In ungewöhnlichen Zeiten kann es helfen, sich auf einige grundlegende Zusammenhänge in Wirtschaft und Gesellschaft zu besinnen, um den Lügenschleier ein wenig zu lüften und am Ende beherzt ausrufen zu können: "Der Kaiser ist ja nackt!"
In diesem Sinne werde ich zunächst einen Abriss der wirtschaftlichen Entwicklungstheorie Schumpeters geben, in der ich ein hervorragendes Modell ökonomischen Fortschritts sehe. Dann schließt sich eine Betrachtung der Theorie des Wirtschaftszyklus’ an, wie sie zuerst von Ludwig von Mises ausgearbeitet und von Hayek verfeinert wurde. Am Ende dieses relativ theoretischen, aber dennoch - wie ich hoffe - sehr lebendigen Teils beleuchte ich die Rolle der Notenbanken beim Entstehen des Wirtschaftszyklus, mache mir zwischendurch ein paar Gedanken über die Entstehung von Wohlstand und komme schließlich auf Inflation zu sprechen. Da Spekulationsblasen lediglich eine Ausprägung von Inflation sind, und wir in Zeiten scheinbar permanenter Spekulationsblasen leben, werde ich eine einfache Checkliste vorstellen. Diese kann uns helfen, diejenigen Märkte oder Marktsegmente zu erkennen, die eine ungesunde Überhitzung zeigen und folglich unter Chance-Risiko-Aspekten für Anleger nicht attraktiv sind. Sie kann uns aber gleichermaßen bei der Identifikation von chancenreichen Sektoren als Wegweiser dienen, allerdings lediglich als strategischer Wegweiser, um Trends von 10 bis 20 Jahren aufzuspüren. In unserer sehr kurzlebigen Finanzmarktwelt ist der Bedarf für strategische Überlegungen leider nicht mehr allzu groß. Schließlich hat speziell das Fernsehen zahlreiche Menschen daran gewöhnt, dass Finanzmarktentwicklungen im selben Stil und Ton kommentiert werden wie Boxkämpfe. Das dürfen Sie - meine lieben Zuhörer - von mir hier nicht erwarten.

Alle Jahre wieder kommen die sogenannten Wirtschaftsweisen zu ihren Herren nach Berlin. Sie dürfen für einen ach so kurzen Moment das Blitzlichtgewitter genießen, mit dem die Presse ihrem Auftritt öffentliches Gewicht verleiht. Hände drücken, Schultern klopfen, Schnittchen essen und natürlich politische Kontakte knüpfen, das ganze schaurige Gehabe moderner Politik-Beratung steht auf dem Programm. Der offizielle Höhepunkt ist natürlich die Überreichung des "Jahresgutachtens".
Eine Durchsuchung des dankenswerterweise als PDF-Dokument vorliegenden "Gutachtens" des Jahres 2004 nach dem Wort "Schock" zeigt nicht weniger als 218 Fundstellen. Damit trifft uns im Durchschnitt auf jeder fünften Seite des "Gutachtens" ein Schock. Wir lesen von Ölpreisschocks, Wechselkursschocks, Nachfrageschocks und Angebotsschocks, von Technologieschocks, Preisschocks und Geldmarktschocks, von Schockperioden gar, was immer das auch sein mag. Die Bedrohung scheint also immer irgendwie von außen zu kommen.
Wie kann das sein, wo Wirtschaft und Gesellschaft doch bis auf ganz wenige Ausnahmen wie beispielsweise Naturkatastrophen das Ergebnis menschlichen Handelns sind? Da diese von Schocks geprägte Sichtweise der Welt sich nicht deckt mit meinen Erfahrungen in dieser Welt, habe ich Mitte der 1990er Jahre begonnen, nach besseren Erklärungen zu suchen. Fündig wurde ich zunächst bei Joseph Schumpeter. Dieser große Ökonom entwarf vor fast 100 Jahren eine kapitalistische Entwicklungstheorie, die ohne externe Schocks bestehen kann.
Im Zentrum dieses Modells stehen Unternehmer, rührige Menschen mit Ideen, Zielen und Plänen, und die von solchen Leuten ersonnenen Innovationen.
Unternehmer sind nicht blöd

Nun sind die Unternehmer ja nicht blöd, werden Sie vielleicht einwenden. Dieser Prozess ist einsichtig und klar, und Menschen sind lernfähig. Wieso soll es unter diesen Umständen immer wieder zur Wiederholung des gleichen Fehlers kommen?
Genau diese Frage haben sich auch einige überaus kluge Ökonomen gestellt, und geantwortet: Es muss irgend eine alle Unternehmer gleichermaßen in die Irre führende Größe geben, um dieses Rätsel lösen zu können.
Der Zinssatz

Und tatsächlich, diese Größe gibt es, es ist der Zins.