http://www.ariva.de/...ennium_Wie_lange_reicht_das_Geld_noch_c3831215Solar Millennium: Wie lange reicht das Geld noch?
05:34 31.08.11
Mit dem Strategieschwenk weg von Solarthermie und hin zu Photovoltaik beim Referenzprojekt Blythe in der kalifornischen Wüste hat Solar Millennium seine Investoren zum wiederholten Male geschockt. Lesen Sie, warum der Kurssturz der Aktie um rund zwei Drittel (!) von zwölf auf vier Euro gerechtfertigt ist und das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sein könnte.
Das große - und seit den ganzen Skandalen rund um Claassen und Kuhn wohl auch einzige - Plus von Solar Millennium war bisher die Kompetenz des Unternehmens bei der Parabolrinnentechnologie, die dem Bau von Solarthermiekraftwerken zugrunde liegt.
Solarthermiekraftwerke galten bisher als günstiger, zuverlässiger und umweltfreundlicher als die weiter verbreiteten Photovoltaik-Kraftwerke. Die Entwicklung in Kalifornien deuten aber Experten als klaren Hinweis darauf, dass durch den Preisverfall bei Photovoltaikmodulen die Rentabilität von Solarthermie auch an anderen Orten gefährdet sein könnte. Inzwischen will Solar Millennium auch bei weiteren US-Projekten eine Kehrtwende vollziehen.
Selbst diese ist allerdings vage und scheint schlecht vorbereitet zu sein. Ein detaillierter Zeitplan für die Realisierung dieser Kraftwerke existiert noch nicht. Offenbar ist Solar Millennium von der Entwicklung überrascht worden. Dabei muss sich das Unternehmen aber schon den Vorwurf gefallen lassen, dass der Preisverfall bei Photovoltaikmodulen angesichts der enormen Angebotsschwemme aus China eigentlich alles andere als überraschend ist. Spekuliert wird nun, ob nicht vielmehr technische Probleme die eigentliche Ursache des Schwenks gewesen sein könnten?
*Solar Millennium ist auf Finanzierungen angewiesen
Unabhängig von der Ursachenforschung könnte Solar Millennium aber bald auch massive Finanzprobleme bekommen. Auf Grund fehlender Cash-Flows aus dem operativen Geschäft schrumpft das Eigenkapital immer weiter zusammen, zuletzt um ein Drittel auf 83,4 Millionen Euro. Hinzu kommt: Auf Grund rechtlich wohl erlaubter, aber nichtsdestotrotz "kreativer" Buchführung haben die Erlanger in der Vergangenheit die Bilanzen gern mal besser aussehen lassen, als sie in Wirklichkeit waren.
Dabei wurden Beteiligungen - entsprechend ihrer "Nützlichkeit" bei den Bilanzabschlüssen - wahlweise konsolidiert oder auch nicht. Somit ist also auch das ausgewiesene Eigenkapital mit Vorsicht zu genießen. Zum Vergleich: Das Ergebnis fiel im letzten Halbjahresbericht mit einem Verlust von 45 Millionen Euro tiefrot aus.
Wichtig ist es zunächst, die Liquidität zu sichern. Diese schrumpfte laut aktuellem Geschäftsbericht innerhalb von sechs Monaten von 115,9 auf 85,5 Millionen Euro. 39,4 Millionen davon sind als Kreditsicherheit bei den Banken hinterlegt. Verbleiben also 46,1 Millionen Euro, die frei verfügbar sind.
Alleine 20 Millionen Euro flossen kürzlich für die Rückzahlung einer fälligen Anleihe ab. Noch schlimmer: Die Zinsbelastung steigt durch ausstehende laufende Anleihen für das Geschäftsjahr 2011/2012 noch weiter. Dann müssen jährlich mehr als 40 Millionen Euro an Anleihezeichner in Form von Zins und Tilgung zurückgezahlt werden.
Aber woher nehmen? Die Banken dürften angesichts der aktuellen Lage mehr als zurückhaltend sein bezüglicher neuer Kreditgewährungen.
Vorläufiger Rettungsanker muss eine neue Anleihe im Umfang von 100 Millionen Euro werden, die inzwischen bereits zu rund 70 Prozent platziert sein soll. Der Marketingaufwand ist allerdings enorm. Als Aushängeschild wurde der medienaffine Banken-Professor Wolfgang Gerke verpflichtet, dessen hoher Bekanntheitsgrad und guter Ruf helfen sollen. Lästermäuler meinen, Gerke könnte damit legitimer Nachfolger von Manfred Krug werden, der damals die Aktien der Deutschen Telekom beworben hat.
Der Slogan damals: "Telekom - die machen das!" Bei Solar Millennium scheint das allerdings alles andere als sicher. Das Unternehmen ist auf Grund des hohen Finanzierungsbedarfs in der jetzigen Phase mehr denn je auf seine Glaubwürdigkeit angewiesen. Da macht es sich nicht gut, wenn der Aufsichtsrat Hannes Kuhn, der von vielen als der eigentliche Macher von Solar Millennium betrachtet wird, einer Anklage der Staatsanwaltschaft Düsseldorf wegen Betrugs in neun Fällen entgegensieht. Diese steht allerdings nicht im Zusammenhang mit Solar Millennium.
Der Geldanlage-Report hat übrigens bereits in seiner Ausgabe vom 20. März 2010 vor der Aktie gewarnt. Unser Fazit damals: "Mit jedem Tag der vergeht sinken damit die Erfolgsaussichten des Unternehmens. Ich rate daher von einem Investment in der Aktie ab." Damaliger Kurs: 20,67 EUR
MEIN FAZIT:
- Zu der in der damaligen Analyse monierten Führungsschwäche sind inzwischen Bedenken an der Rentabilität und damit der Marktfähigkeit der Technologie aufgekommen.
- Das dürfte es für Solar Millennium zusätzlich erschweren dringend benötigte Geldgeber zu finden.
- Selbst wenn die Platzierung der neuen Anleihe über 100 Millionen Euro gelingt, hilft das Solar Millennium nur um Luft zu holen. Eine Trendwende ist nicht in Sicht.
- Ich rate weiter von einem Investment in die Aktie ab.