Seitenwechsel bei den Hedge- Fonds

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Seitenwechsel bei den Hedge- Fonds

 
11.08.02 07:13


Die "Buhmänner der Börsenkrise" verdienten gut an den fallenden Kursen. Nun sehen immer mehr Baisse-Profiteure ein Ende der Talfahrt

Seitenwechsel bei den Hedge- Fonds 747067


Manager vieler europäischer Hedge- Fonds erwarten eine Beruhigung an den Aktienmärkten und damit schwierigere Bedingungen für Leerverkäufe   Foto: dpa
Von Michael Höfling

Berlin - Montag: minus sechs Prozent. Dienstag: plus sieben Prozent. Dazu Handelstage mit Schwankungsbandbreiten im zweistelligen Bereich: Die Kurskapriolen im Dax werden immer bizarrer, und nicht wenige Experten deuten diese Indikatoren als Anzeichen für ein Ende der jahrelangen Talfahrt an den Börsen. Nun wechselt offenbar auch eine Branche die Seiten, die für viele Marktteilnehmer ein maßgeblicher Mitgestalter der Börsenbaisse war: Immer mehr europäische Hedge-Fonds rechnen nach Einschätzung des Londoner Vermögensverwalters Fauchier Partners damit, dass dem Abwärtstrend der Aktienmärkte langsam der Treibstoff ausgeht.

"Noch in den Juni hinein haben wir bei unseren Investments auf fallende Kurse gesetzt", bestätigt etwa Sy Schlueter, Vorstand der auf Alternative Investments spezialisierten Copernicus Beteiligungs AG (CAI) in Frankfurt/Main. "Nach unseren Bewertungsmodellen sind ausgewählte Aktien aber jetzt so günstig wie selten zuvor, deshalb sind wir Anfang Juli ins Käuferlager gewechselt." Ein ähnliches Verhalten habe er auch bei vielen seiner Wettbewerber beobachtet, sagt Schlueter.

Ein Signal, das nicht zu unterschätzen ist. "Hedge-Fonds agieren am Markt oft den entscheidenden Tick schneller als andere institutionelle Anleger und natürlich vor allem schneller als Private", sagt Wolfgang Gerke, Professor für Bank- und Börsenwesen an der Uni Erlangen-Nürnberg. Dazu passt die Beobachtung von CAI-Vorstand Schlueter. "Schon beim Ausverkauf im September 2001 galten die Hedge-Fonds als Übeltäter", sagt er, "es waren aber vor allem die Versicherungen, die über Absicherungsstrategien die Kurse haben abstürzen lassen." Während der Turbulenzen am 24. Juli sei Ähnliches zu beobachten gewesen.

Das passt nicht in das Bild, das viele von den "bösen Buben der Baisse" haben. Weit verbreitet ist etwa die Ansicht, Hedge-Fonds würden ihr Geld ausschließlich dadurch verdienen, dass sie sich in Erwartung fallender Kurse Aktien etwa bei Fondsgesellschaften leihen, sie sofort am Markt verkaufen, um sie später - nach aufgegangener Spekulation - günstiger wieder einzusammeln. "Nach diesem Ansatz des so genannten Leerverkaufens oder auch Short Selling arbeitet aber nur ein sehr geringer Anteil der Hedge-Fonds", sagt Dirk Söhnholz von Feri Alternative Assets. Sonst hätten wohl auch kaum 14 europäische Hedge-Fonds in den ersten sechs Monaten 2002 - ein nicht gerade erfolgreiches Börsenhalbjahr - geschlossen werden müssen.

Auch Börsenprofessor Gerke glaubt, dass der Einfluss der Hedge-Fonds auf die Bewegungen der Märkte überschätzt wird. "Der ausgeprägte Absturz der Börsen rückt ein Instrument wie die Leerverkäufe natürlich in den Fokus", sagt er, "da ist der Weg zu den Hedge-Fonds als Sündenbock nicht mehr weit." Langfristig aber, so Gerke, erfülle das Short Selling die wichtige Funktion einer Glättung der Märkte. "Die institutionellen Anleger unter den Kritikern muss man natürlich auch fragen, warum sie mit der Aktienleihe an die Hedge-Fonds überhaupt erst den Boden für die Leerverkäufe bereiten."

Zwei Pensionsfonds aus Holland haben diese Frage für sich bereits beantwortet. Die Firmen ABP und PGGM, die zusammen mehr als 200 Milliarden Dollar verwalten, wollen künftig keine Aktien mehr verleihen, um die hohe Volatilität aus den Märkten zu nehmen und die Anleger nicht noch weiter zu verunsichern. "Wir haben die Details an etwa 100 andere Großinvestoren in Europa gemailt und hoffen, dass unser Beispiel Schule macht", sagt PGGM-Sprecherin Benedita Cochena.

In Deutschland zumindest trifft der Versuch auf wenig Gegenliebe. "Wir nutzen gegebenenfalls die Wertpapierleihe nach Rahmenverträgen mit bestimmten Bedingungen und werden das auch weiter so handhaben", sagt etwa Thomas Meyer zu Drewer von der Fondsgesellschaft Activest. "Wir kaufen nur Aktien, deren Fundamentals uns überzeugen. Die Gebühr, die wir erhalten, wenn wir die Aktien verleihen, ist ein reiner Zusatznutzen, den wir für unsere Anleger erwirtschaften." Auch Bastian Schmedding von Allianz Hedge Fund Partners glaubt nicht, dass die Holländer viele Nachahmer finden werden. "In einem globalen Markt wird es immer Möglichkeiten geben, sich die erforderlichen Aktien anderweitig zu besorgen", sagt er.

Da aber der Einfluss der Hedge-Fonds auf die Märkte überschätzt wird, ist auch eine andere Annahme eher abwegig. "Einen Kursanstieg auf breiter Front, ausgelöst durch Hedge-Fonds, die auf dem falschen Fuß erwischt werden, wird es nicht geben", sagt Feri-Mann Sührholz. Lediglich in Einzeltiteln sei dieses Phänomen zu beobachten. "Die extremen Kursanstiege in kürzester Zeit zum Beispiel bei MLP oder bei Thiel Logistik sind zum Teil sicher darauf zurückzuführen, dass sich Leerverkäufer angesichts steigender Kurse die Aktien zurückkaufen mussten und damit die Nachfrage noch zusätzlich angeheizt haben.


Gruß Kostolmoney
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