Morgen!
erst mal was füürs Herz ;-)
Wieso feiert AOL am 11.11.99 die Herausgabe des 2. Bandes „Schweigen der Lämmer“ und verlost diesen in einem unterhaltsamen Gewinnspiel ? Absicht oder bodenlose Dummheit ?
WHO: Immer mehr Bakterienstämme sind resistent gegen Antibiotika
Genf (dpa) - Durch den falschen Einsatz von Antibiotika sind in den vergangenen zehn Jahren weltweit zahlreiche Bakterienstämme entstanden, gegen die es kaum noch wirksame Medikamente gibt. "Viele lebensrettende Arzneimittel, die vor 20 Jahren noch hochwirksam waren, helfen heute noch ungefähr so viel, wie wenn der Patient ein Bonbon lutscht", heißt es in einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf. So hätten Labortests gezeigt, dass bereits 70 Prozent der für den Ausbruch von Lungenentzündung verantwortlichen Bakterien gegen mindestens ein Antibiotikum immun sind.
In Europa und den USA gibt es laut WHO immer weniger wirksame Antibiotika zur Bekämpfung von Salmonellen und anderen Bakterien, die vor allem in Krankenhäusern übertragen werden. Auch bei Patienten mit Hepatitis B und C oder Tripper helfen die meisten traditionellen Antibiotika nicht mehr. Nach Angaben der WHO sind inzwischen 98 Prozent der Tripper-Bakterienstämme in Südostasien resistent gegen Penizillin. In einzelnen Fällen treten Resistenzen auch schon bei den Bakterienstämmen der Tuberkulose auf.
Als Hauptgründe für die zunehmende Wirkungslosigkeit der einstigen Wunderwaffe Antibiotika nennt die WHO in ihrem Bericht die mangelnde Forschung der Pharmakonzerne auf diesem Gebiet, die von Ärzten oder Patienten verschuldete übertriebene oder nicht ausreichende Einnahme von Antibiotika sowie die Verwendung von Antibiotika als Wachstumsmittel in der Tierzucht.
Die Entstehung von widerstandsfähigen Krankheitserregern, die auf bestimmte Medikamente plötzlich nicht mehr ansprechen, ist im Prinzip ein normaler Prozess. Durch Fehldiagnosen, falsche Anwendung und das Eindringen von Antibiotika in die menschliche Nahrung ist dieser Prozess jedoch in den vergangenen drei Jahrzehnten immer mehr beschleunigt worden. Die Wirkungsdauer eines Antibiotikums liegt deshalb laut WHO heute nur noch bei durchschnittlich vier Jahren.
Als mögliche Strategien gegen die zunehmende Verbreitung antibiotikaresistenter Bakterienstämme empfiehlt die WHO Aufklärungskampagnen, die Ärzte und Patienten vom übertriebenen Einsatz von Antibiotika abbringen sollen. Außerdem sollen Antibiotika, die zur Therapie von Krankheiten beim Menschen dienen können, nicht mehr in der Tierzucht eingesetzt werden, wie dies die EU bereits 1998 beschlossen hat. So sei die Resistenz gegen das "Notfall-Medikament" Vancomycin in Deutschland und Dänemark nach dem Verbot von Avoparcin als Wachstumsmittel für Geflügel bereits zurückgegangen. Wichtig ist nach Ansicht der WHO auch die Zusammenarbeit von Gesundheitsbehörden und Pharmafirmen bei der Entwicklung von neuen Antibiotika, ein Forschungszweig, der in den vergangenen 30 Jahren stark vernachlässigt worden sei. ©dpa 120925 Jun 00
Großbritannien
Organ-Klonen bald erlaubt?
London - Erlaubt Großbritannien bald das Klonen menschlicher Organe? Gesundheitsminister Alan Milburn und Innenminister Jack Straw stützen sich bei der geplanten Gesetzesänderung auf einen Geheimreport des medizinischen Beraters der Regierung. Er schätzt die medizinischen Vorteile des Organ-Klonens höher als moralische Bedenken. Bisher müssen Experimente an Stammzellen nach 14 Tagen abgebrochen werden. Das Klonen von Menschen bleibt verboten. (SAD)
Patientenverband: 25 000 Ärzte-Opfer
Marburg - In Deutschland sterben nach Einschätzung von Experten jährlich 25 000 Patienten infolge Hygienemangels und falscher medizinischer Behandlung. "Unser Medizinbetrieb ist für die Kranken sehr riskant", sagte Christian Zimmermann, Präsident des Allgemeinen Patienten-Verbands in Marburg. Regelmäßfig würden auch neue Behandlungsmethoden und Medikamente ohne das Wissen der Patienten ausprobiert. Jüngster Fall: In Düsseldorf haben zwei Mediziner 1300 Personen an den Augen operiert. Dabei sollen sie im Rahmen einer Studie teilweise auf Antibiotika verzichtet haben. Zwei Menschen verloren dadurch je ein Auge. "Die Dunkelziffer von Studien ohne Information der Patienten ist gewaltig", so Zimmermann. (dpa)
Ärzte-Skandal in Düsseldorf: Zwei Patienten verloren Auge
Düsseldorf - Skandal in einer Düsseldorfer Augenklinik: Für eine Studie sollen zwei Ärzte eineinhalb Jahre lang mehr als 1300 Patienten ohne ausreichende Aufklärung operiert haben.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Mediziner wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Mitte März waren bei Operationen im Düsseldorfer Domenikus-Krankenhaus sieben Patienten mit einem gefährlichen Bakterium infiziert worden - Rentner Gert K. (67) und Hausfrau Dagmar S. (58) musste daraufhin das betroffene Auge entfernt werden.
Nach Vorgaben der von der Universitätsklinik Magdeburg initiierten Studie sollte erforscht werden, ob bei Augenoperationen auf ein üblicherweise verwendetes Antibiotikum in einer Augenspüllösung verzichtet werden kann. Der Magdeburger Uni- Professor Wolfgang Behrens-Baumann: "Bei uns verlief alles ordnungsgemäßf. Die Ethikkomission der Ärztekammer Sachsen-Anhalt stimmte der Studie zu, die Patienten wurden informiert, dass ihre Daten anonym für die Wissenschaft verwendet werden." Zumindest in einer der zwei Düsseldorfer Kliniken, die sich der Studie anschlossen, wurde dagegen nach dem "Zufallsprinzip" operiert. Staatsanwalt Johannes Mocken: "Im Domenikus-Krankenhaus entschied ein Arzt in Hunderten Fällen allein darüber, ob er Antibiotika einsetzt oder nicht. Die Patienten wurden über das Risiko nicht aufgeklärt." Das sei vorsätzliche Körperverletzung, auch wenn es nicht zu Komplikationen komme.
Bei Durchsuchungen von Praxis- und Klinikräumen sowie den Privatwohnungen der beiden Ärzte wurden mehr als 1300 Krankenakten beschlagnahmt. Unklar ist weiterhin, wie in der Düsseldorfer Klinik die Bakterien in die Augen der Patienten gelangten. Ob in diesen Fällen mit oder ohne Antibiotika operiert worden sei, so Staatsanwalt Mocken, habe auch nach Auswertung der Akten und Datenblätter nicht sicher festgestellt werden können. Hier widersprächen sich die Aussagen der Ärzte.
Die Magdeburger Studie, an der 4000 Patienten teilnahmen, wurde bundesweit gestoppt. (ADN/dpa)
Deutschlands Ärzte operieren zuviel! Die Gmünder Ersatzkasse (1,4 Mio. Mitglieder) fand in einer großangelegten Studie heraus: Tausende der rd. 5 Millionen Operationen pro Jahr sind unnötig, beruhen auf falscher Diagnose, belasten nur die Patienten. GEK-Experte Hardy Müller: „Der Griff zum Skalpell erfolgt zu schnell.“ Die Kasse hatte Patienten nach Operationen über die Behandlungserfolge befragt. Ergebnis: Viele fühlten sich nach dem Eingriff schlechter als vorher. Beispiele: Leistenbruch: 69 % der Operierten hatten Komplikationen zur Folge. Künstliches Hüftgelenk: 30 % Komplikationen, 17 Monate nach dem Eingriff war erst ein Viertel der Patienten völlig beschwerdefrei, 12 % brauchten weiter eine Gehhilfe, bei 3 % war sogar eine Nachoperation nötig. (HOE) 08.04.2000 BILD ONLINE - Aktuell
Aids: Medikamente verlieren an Wirksamkeit
Pamplona - Die seit 1996 zur Verfügung stehende Dreifach-Therapie aus drei verschiedenen Anti-Aids-Medikamenten verliert immer mehr an Wirksamkeit. Bei einem Großteil der Aidspatienten sind die Viren inzwischen resistent gegen eines der drei Medikamente, so dass die Behandlung nicht mehr greifen kann. Das entdeckten spanische Wissenschaftler bei einer Studie, die jetzt auf dem fünften Nationalen Aidskongress in Pamplona für Beunruhigung sorgte. Danach richten sich 76,2 Prozent der Resistenzen gegen die Hemmstoffe der reversen Transkriptase (eine Gruppe der Medikamente) und 43 Prozent gegen die Hemmer der Protease (die zweite große Gruppe der Anti-Aids-Mittel).
Bei jedem zweiten der Betroffenen schlage die Therapie, die starke Nebenwirkungen hat, nicht mehr an, warnte Aidsforscher Vicente Soriano vom Gesundheitsinstitut "Carlos III" in Madrid. Charles Boucher von der Uniklinik in Utrecht (Holland): "Jeden Tag haben wir mehr dieser Patienten, und wir wissen nicht, was wir tun sollen." (SAD)
"Il Messaggero": Paradies auf Erden? Rom (dpa) - Zur weitgehenden Entschlüsselung des menschlichen Erbguts durch amerikanische Forscher schreibt am Freitag die römische Zeitung "Il Messaggero: "Eine Welt ohne Krebs, ohne Alzheimer, ohne Aids. Eine Welt ohne Herzkrankheiten, ohne Erbkrankheiten, ohne Parkinson. Am Horizont zeichnet sich das Paradies auf Erden ab ... Aber bevor die genetische Entschlüsselung die Wissenschaftler in die Lage versetzen wird, die Krankheiten zu heilen, wird es eine Periode der Verunsicherung geben.
In dieser Zeit weiß man zwar, dass ein Mensch gewisse Krankheitsgene in sich trägt, ohne dass man diese jedoch mit den zunächst zugänglichen Methoden heilen kann. Und manche fürchten, dass die 'Gen-Träger' dieser Krankheiten zu Parias der Gesellschaft werden und etwa keine Arbeit bekommen." ©dpa 070912 Apr 00
Dutzende Briten bieten krankem Lottogewinner ihre Niere an
London, 31. März (AFP) - Mit dem Angebot, seinen Millionengewinn im Lotto für eine neue Niere herzugeben, hat ein Brite einen wahren Ansturm von Spendewilligen ausgelöst. Binnen drei Tagen meldeten sich nach Angaben der nationalen Nieren-Stiftung vom Freitag Dutzende Interessenten, die ihre Niere zu Geld machen wollten. Ein Sprecher zeigte sich entsetzt: "Das ist absolut furchtbar. Ich bin sprachlos, wie Menschen ihre Organe gegen einen Lottogewinn anbieten können." Der 26-jährige Dialysepatien Mick Taylor hatte den Jackpot geknackt und 4,1 Millionen Pfund (rund 13,3 Millionen Mark) gewonnen. Bei einer Pressekonferenz hatte er den Journalisten am Mittwoch erzählt, er würde leichten Herzens seinen Gewinn hergeben, wenn er dafür eine neue Niere bekäme. Taylor ist seit seinem elften Lebensjahr schwer nierenkrank. Zwei Transplantationen scheiterten, weil sein Körper die Organe abstieß. Derzeit steht er auf der Liste für eine dritte Transplantation. Allerdings fehlt es in Großbritannien wie in vielen anderen Ländern an Spenderorganen. Angesichts des Ansturms von Spendewilligen betonte Taylor inzwischen, er werde selbstverständlich wie alle anderen Kranken warten, bis er an der Reihe sei. Organhandel ist in Großbritannien verboten, nur gespendete Organe dürfen verpflanzt werden.© AFP310933 Mär 00
WHO warnt vor zunehmender Resistenz im Kampf gegen Tuberkulose
Amsterdam (dpa) - Vor der weiteren Ausbreitung unheilbarer Tuberkulose auf Grund zunehmender Antibiotika-Resistenzen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gewarnt. Schuld an der zunehmenden Verbreitung seien in erster Linie die Menschen und nicht die Bakterien, heißt es in einem WHO-Bericht anlässlich des Welt- Tuberkulose-Tages am Freitag.
Die Untersucher fanden alarmierende Trends zum Anstieg jener Erreger, die selbst nicht mehr auf die wirksamsten Mittel reagieren. Dies hänge vor allem damit zusammen, dass die fünf wichtigsten Medikamente zur Bekämpfung der Krankheit vielfach nicht im vorgeschriebenen Umfang genommen würden. Bei einer internationalen Tuberkulose-Konferenz in Amsterdam rief die WHO zu verstärkten internationalen Anstrengungen auf.
"In Deutschland und Dänemark erhöhte sich der Anteil der gegen ein Medikament resistenten Tb-Patienten seit 1996 um 50 Prozent", stellten die Ärzte in dem Bericht fest. In Neuseeland verdoppelte sich ihre Zahl. "In diesen drei Ländern ist für Menschen, die im Ausland geboren wurden, die Möglichkeit zur Entwicklung einer mehrfach-resistenten Tuberkulose drei Mal so groß wie für Einheimische", heißt es in der Untersuchung.
Nach Feststellungen der WHO sind in China, Indien, Iran, Mosambik und Russland bei mehr als drei Prozent aller neuen Fälle Bakterien bereits mehrfach resistent und die Krankheit damit praktisch nicht mehr heilbar. In Israel, Italien und Mexiko liege dieser Anteil unter neuen und teilweise behandelten Fällen bei sechs Prozent. In Estland stieg nach Angaben der Untersucher das Ausmaß der gegen mehrere Medikamente resistenten Fälle von 14 Prozent (1997) auf 18 Prozent aller Fälle.
Die weitere Verbreitung multi-resistenter Tb-Formen ist laut WHO unvermeidlich, wenn nicht mehr getan werde, um die Krankheit in den am stärksten betroffenen Ländern effektiver zu bekämpfen. Falls sich die medizin-resistente Tuberkulose in den Entwicklungsländern weiter verbreite, würden die Folgen auch für die reicheren Länder spürbar. Mit stärkerer Einreisekontrolle könne sich kein Land schützen, erklärten Tb-Experten.
Bei der Konferenz in Amsterdam sind Regierungen aus 20 Ländern mit den höchsten Zahlen von Tuberkulose-Erkrankungen vertreten. In Beratungen mit internationalen Hilfsorganisationen versuchen sie, die Zahl der Tuberkulose-Todesfälle in den nächsten zehn Jahren auf die Hälfte zu verringern. ©dpa 240700 Mrz 00
Ein Viertel aller Medikamente untauglich
Kritisiert wurde die Untersuchung der Stiftung Warentest von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Die Zulassung der Medikamente unterliege strengen Kriterien, sagte der Vorsitzende der Organisation, Manfred Richter-Reichhelm, dem Saarländischen Rundfunk. Ärzte verordneten nur dann ein Medikament, wenn sie überzeugt seien, dass es dem Patienten helfe. Außerdem gehöre zu jeder Behandlung eine Erfolgskontrolle. Auch schwach wirksame Medikamente könnten den Patienten subjektiv helfen oder "zumindest Placeboeffekte haben".
Der Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller in Bonn gab dem Handbuch die Note "wenig geeignet". Die Bewertungskriterien seien einseitig und nicht nachvollziehbar, meinte der Verband in einer Stellungnahme. Für die Beurteilung von Arzneien sei einzig und allein das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zuständig. Der Verband lehnt grundsätzlich alle Medizinlisten ab.
Das schlechte Abschneiden seines Schmerzmittels Thomapyrin bezeichnete der Pharmakonzern Boehringer-Ingelheim als "wissenschaftlich nicht haltbar". Thomapyrin sei ein wirksames und seit über 50 Jahren bewährtes Arzneimittel.
Ganz anders sieht das die Stiftung Warentest. Ihr Urteil über Thomapyrin: "Wenig geeignet". Eben so negativ wurden die Schmerzmittel Neuralgin, Novalgin und Optalidon bewertet. Schlecht schnitten auch Frubienzym ab, ein viel verkauftes Mittel gegen Rachenentzündung, und das Mittel zur Empfängnisverhütung Fernovan.
Für einige häufige Krankheiten gebe es auf dem Markt sogar überhaupt keine gut geeigneten Arzneien, sagte Hubertus Primus, Bereichsleiter Publikationen der Stiftung. Als Beispiele nannte er Venenleiden, arterielle Durchblutungsstörungen oder Ohrenentzündungen. Bedenklich sei auch, dass von insgesamt 45.000 angebotenen Arzneimitteln gegenwärtig rund 7.800 Präparate zu keinem Zeitpunkt auf Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit geprüft worden seien.
Die Stiftung Warentest stützt sich bei ihrer Bewertung der Medikamente auf bereits in der Fachliteratur veröffentlichte klinische Studien und die eingehende Befragung von Experten aus der medizinischen Praxis. Das "Handbuch Medikamente" soll nach Darstellung der Stiftung Warentest vor dem Hintergrund einer "Medikamentenflut" gleichermaßen Ärzten und Patienten Hilfestellungen bei der Auswahl geeigneter Präparate geben. Von Seiten der Hersteller schlecht bewerteter Arzneien rechne die Stiftung auch mit juristischen Schritten gegen das Buch, sagte Primus. Klagen sehe er aber gelassen entgegen, weil die Daten auf einem "sicheren wissenschaftlichen Fundament" ständen.
Die Qualitätsliste solle auch einen Beitrag dazu leisten, den jährlich durch weggeworfene Medikamente anfallenden Schaden von vier Milliarden Mark zu verringern und damit Kosten im Gesundheitswesen einzusparen, sagte Primus. Deshalb erwarte er von politische Seite eine positive Resonanz auf die Publikation.
Wieder Rekordergebnis bei Schering
Berlin - Wie in den vergangenen drei Jahren hat die Schering AG auch 1999 wieder ein Rekordergebnis erzielt. Der Umsatz stieg von 6,24 Milliarden auf 7,21 Milliarden Mark, was einem Zuwachs von zwölf Prozent entspricht. Für die kommenden Jahre setzt Schering vor allem auf den amerikanischen Markt, wo künftig ein Drittel des Umsatzes erwirtschaftet werden soll. Bisher sind es 21 Prozent.
Das Ergebnis des Vorjahres habe das Unternehmen vor allem dem Geschäftsverlauf in Japan zu verdanken, wo ein Plus von 32 Prozent verbucht wurde. Dabei habe sich nicht nur der starke Yen positiv ausgewirkt, sondern auch die Zulassung der Anti-Baby-Pille auf dem japanischen Markt. In diesem Segment habe sich Schering bereits einen Marktanteil von 30 Prozent gesichert. Bis zum Jahr 2005 strebt der Konzern einen Umsatz von 10,7 Milliarden Mark an. (ap)
Großangelegter Rezeptbetrug mit Krebsmedikamenten aufgedeckt
München, 27. Februar (AFP) - Um mehrere Millionen Mark haben offenichtlich Ärzte, Apotheker und pharmazeutischen Beratungsfirmen in Hannover die Krankenkassen durch Rezeptbetrug mit Krebsmedikamenten erleichtert. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" liegen den Kassen Hinweise vor, dass Ärzte für das Verschreiben überteuerter Krebsmedikamente von Apotheken Provision erhalten haben. Die Ärzte hätten die Rezepte nicht an die Patienten, sondern zunächst an "Servicefirmen" weitergegeben. Diese hätten dann die Verschreibungen gegen Provisionen in Höhe von 60 bis 70 Prozent des Verordnunsgwertes an wenige ausgewählte Apotheken vermittelt und dafür Provisionen kassiert, die mit den Ärzten geteilt worden seien. Ein Sprecher der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Niedersachsen bestätigte gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk, dass die Kasse und die Staatsanwaltschaft wegen Abrechnungsmanipulation ermittelten. AOK und Staatsanwaltschaft gehen dem Sprecher zufolge von "organisierten Strukturen" aus. Es gebe Hinweise, dass der Markt für hochpreisige Krebsmedikamente fast komplett in der Hand weniger Ärzte, Apotheken und Vermittlerfirmen sei. Laut "Focus" wurde der Geschäftsführer der niedersächsischen Apothekenkammer, Götz Schütte, sogar mit dem Tode bedroht, als er Hinweisen auf fragwürdige Geschäfte nachging.© AFP 271045 Feb 00
Neuer Gen-Streit: Italien züchtet Schweine als Organspender
Bundesregierung legt Einspruch gegen Embryonen-Patent ein - US-Forscher wollen Haustiere preiswert klonen
Rom/Berlin - Horror oder Hoffnung? Italien will Gen-Schweine als Organspender züchten. Die in ihrem Erbgut veränderten Tiere sollen als eine Art Ersatzteillager für Organe dienen, die bei Bedarf in Menschen eingepflanzt werden können.
Die Aufzuchtstation bei Turin soll schon in vier Monaten die Arbeit aufnehmen. Betreiber des 57 Millionen Mark teuren Projektes sind die Region Piemont, die Stadt Turin und das Krankenhaus Ordine Mauriziano. Doch es hagelt Kritik: Die nationale Kommission für Bio-Ethik lehnt das Labor ab. Auch die italienische Umweltorganisation VAS will die Genfarm stoppen. "Die Technik wird menschliche und tierische Gene vermischen. Denn um menschliche Organe in Schweinen zu züchten, müssen diesen menschliche Gene zugefügt werden."
Unabhängig davon ging in Deutschland der Streit um das illegale Embryonen-Patent weiter. Jetzt will auch die Bundesregierung Einspruch beim Europäischen Patentamt einlegen. Am Montag war bekannt geworden, dass die Münchner Behörde im Dezember "irrtümlich" ein Patent auf gentechnisch veränderte menschliche Stammzellen an die Universität Edinburgh erteilt hatte (wir berichteten). Das ist in Europa aber verboten. Die Universität behauptet, das Patent sei ein wichtiger Schritt bei der Forschung mit menschlichen Stammzellen. Es gehe darum, Krankheiten wie Parkinson besser behandeln zu können. Ein Universitätssprecher: "Das Patent bezieht sich nicht auf das Klonen von Menschen." Dennoch geht der Trend in diese Richtung:
Schon in einem Jahr, versprechen US-Forscher, werden die Gentechniker zumindest Haustiere in großer Zahl klonen können - zum Preis eines Rassehundes. Für alle Hunde- und Katzenhalter, die fürchten, dass ihr Vierbeiner vorher stirbt, bieten vier US-Firmen jetzt an, das Erbgut ihres Lieblings einzufrieren und zu lagern. Ein Experte: "Bald muss niemand mehr Abschied von seinem Haustier nehmen. Alles was wir brauchen, ist ein sechs Millimeter großes Stück Haut." (SAD/dpa/ADN)
Gen-Protest: Greenpeace mauert Patentamt zu
Auch Gesundheitsministerin Fischer will Einspruch gegen die Entscheidung einlegen
München - Der Protest gegen das erste Patent auf Eingriffe in menschliches Erbgut wird immer schärfer. Greenpeace-Aktivisten haben gestern das Europäische Patentamt (EPA) in München vorübergehend lahm gelegt und den Eingang zugemauert. Rund 90 Demonstranten aus 13 europäischen Ländern protestierten auch gegen die Vergabe von "Patenten auf Lebewesen" im Allgemeinen. Das EPA hatte nach eigener Darstellung "irrtümlich" ein Verfahren zur Manipulation und Züchtung von Embryozellen geschützt (wir berichteten). Dies ist zwar verboten, lässt sich aber nur im Einspruchsverfahren rückgängig machen. Als Erste reichten gestern die Grünen im bayerischen Landtag ihren Widerspruch gegen das Patent ein. Auch Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) will Einspruch bei der Münchner Behörde einlegen. Das Embryonenschutzgesetz verbiete die Anwendung des Patents in Deutschland ohnehin. Falls das Amt die Einsprüche ablehnt, wäre die Methode außerdem auf Grund von Patentrichtlinien in der EU illegal. (dpa)
Fehldiagnose
300 Frauen verstümmelt
Essen - Etwa 300 Frauen im Ruhrgebiet ist nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" mindestens eine Brust abgenommen worden, obwohl sie gar nicht an Krebs litten. Dies habe eine Gutachterkommission in ihrem Bericht für die Jahre 1994 bis 1997 festgestellt. Die Leidensgeschichte der Frauen habe bei einem Essener Radiologen begonnen. Es sei fraglich, ob der Arzt zur Beurteilung der Röntgenaufnahmen fähig war, heißt es. Eine Frau habe berichtet, dass sich auch die Ärzte in den Kliniken gewundert, aber trotzdem operiert hätten. Obwohl das Gutachten eine "defekte Diagnosekette bescheinige", sei fraglich, ob es den Frauen juristisch nütze. So habe ein Pathologe zwar reihenweise Brustkrebs diagnostiziert. Doch die archivierten Gewebeproben seien bei einem Feuer, durch das er Selbstmord beging, vernichtet worden. (afp)
Weltpremiere in Lyon: Beide Hände und Vorderarme angenäht
Lyon (dpa) - Ein Chirurgenteam hat einem 33-jährigen Patienten in einer Weltpremiere beide Unterarme und Hände eines Spenders angenäht. Das Krankenhaus Edouard-Herriot in Lyon gab am Freitag bekannt, dass das 18-köpfige internationale Ärzte-Team die Operation bereits am Vortag durchgeführt hat. Dem Patienten waren 1996 beide Vorderarme durch die Explosion von Feuerwerks-Raketen abgerissen worden. Bereits im September 1998 war dem gleichen Ärzteteam mit dem Annähen einer Hand bei einem 49-jährigen Neuseeländer eine Weltpremiere gelungen.
©dpa
140907 Jan 00
Den Haag (dpa) - In einem niederländischen Krankenhaus hat ein Chirurg einem 72 Jahre alten Patienten eine gesunde Niere anstelle einer erkrankten entfernt. Noch während der Operation war der Fehler entdeckt worden, konnte aber nicht mehr korrigiert werden. Dies bestätigte am Freitag ein Sprecher des Krankenhauses Sint Joseph in Veldhoven bei Eindhoven. Mit dem Eingriff sollte die Niere entfernt werden, in der ein Tumor festgestellt worden war.
Der Arzt hatte Röntgenaufnahmen spiegelverkehrt gesehen und sich dementsprechend auf die Operation vorbereitet. Nachdem er seinen Fehler erkannte, habe er sofort das Krankenhaus und die Familie unterrichtet, versicherte der Sprecher. Der Chirurg, der als sehr erfahren gilt, sei völlig niedergeschlagen und habe seine Arbeit stark eingeschränkt. Ein Ärzteteam habe in einer ersten Untersuchung bekräftigt, dass ein menschlicher Fehler verantwortlich war. Eine weitere amtliche Untersuchung läuft noch.
Der Patient, der nach der Operation auch noch eine Infektion erlitt, wird derzeit auf der Intensivstation im künstlichen Schlaf gehalten. Sein Zustand wird als "ernst aber stabil" bezeichnet. Die Angehörigen des Patienten haben noch nicht über etwaige juristische Schritte entschieden. ©dpa 231541 Nov 99
Ärzte-Umfrage: Hass auf die Patienten
London - Zwei Fünftel aller Ärzte reagieren bei der Behandlung von Kranken stress-bezogene Aggressionen ab. Viele Mediziner hassen ihre Patienten sogar. Das ergab eine britische Langzeitstudie mit 100 Ärzten. Psychologie-Professorin Jenny Firth-Cozens: "Das reicht von grober Unhöflichkeit bis zu gewalttätigen Handlungen und tödlichen Folgen." In ihrer Untersuchung fand sie heraus: Am Anfang hatten die meisten Mediziner ein positives Verhältnis zu ihren Patienten, das von Sympathie geprägt war. Acht Jahre später waren viele zu Zynikern geworden, die gegenüber den Patienten Abneigung bis hin zu Ekel empfanden. (SAD)
In Russland steigt Resistenz gegen Tuberkulose-Antibiotika Berlin (dpa) - Steigende Tuberkulose-Zahlen in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion bereitet Lungenärzten zunehmend Sorge. "Nicht nur die Zahl der Erkrankten steigt, auch die Resistenz gegen Antibiotika nimmt zu", sagte der Präsident der Europäischen Lungen- Gesellschaft, Robert Loddenkemper, im Vorfeld des am Samstag (9. Oktober) in Madrid beginnenden Europäischen Lungen-Kongresses.
Nach Auskunft des deutschen Mediziners erkranken in Russland 80 bis 100 Menschen pro 100 000 Einwohner an Tuberkulose. In den Gefängnissen sollen es sogar 3 000 pro 100 000 Insassen sein. Im Vergleich dazu betrug die Inzidenz 1997 in Deutschland 13 pro 100 000 Einwohner.
"Entscheidender ist jedoch die Antibiotika-Resistenz. Bei über 20 Prozent der Erkrankten in Russland, Estland und Lettland wirken gängige Antibiotika nicht." In Deutschland liege die Rate je nach Antibiotika bei maximal vier Prozent, ergänzte Loddenkemper, der Chefarzt in der Berliner Lungenklinik Heckeshorn ist. Ein weiteres Hauptthema des fünftägigen Kongresses, zu dem 10 000 Teilnehmer erwartet werden, ist Asthma.
"In 25 Jahren hat sich in den Industriestaaten das Vorkommen von Asthma verdreifacht", sagte Loddenkemper. "Keiner weiß genau warum." Diskutiert werde in Madrid eine neue Studie, die eine verringerte Asthma-Rate bei Kindern nachwies, die auf dem Bauernhof mit Tieren aufgewachsen sind. "Möglicherweise fand ein Training des Immunsystems statt." Die Luftverschmutzung in den Städten sei weniger entscheidend für die Asthma-Entstehung und andere Lungenerkrankungen, wohl aber die "persönliche Luftverschmutzung" vor allem durch rauchende Mütter. "85 Prozent aller Lungenkrebsfälle hängen mit dem Rauchen zusammen", betonte Loddenkemper.
Weitere Themen des Kongresses sind gefährliche Lungenbakterien in Intensivstationen und die sogenannte Schlafapnoe, das kurzzeitige Aussetzen der Atmung während des Schlafes. Nach einer neuen Untersuchung sollen 26 Prozent aller Europäer jede Nacht fünfmal bis zu zehn Sekunden lang die Atmung unterbrechen.©dpa050500 Okt 99
Exitus nach fünf Operationen: Staatsanwalt in Rom ermittelt
Rom (dpa) - Ein Patient in der römischen Skandal-Klinik Umberto I. ist nach fünf fehlerhaften Operationen gestorben. Italienische Zeitungen berichteten am Freitag, der Mann sei zunächst wegen einer einfachen Blasenstein-Entfernung ins Krankenhaus gekommen. Dabei hätten die Ärzte als ersten Patzer eine Hauptschlagader durchtrennt.
Danach folgten vier weitere chirurgische Eingriffe, bei denen die Ärzte wiederum schwere Kunstfehler begangen hätten. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen 15 Krankenhaus-Angestellte wegen fahrlässiger Tötung.
"Der ganze Leidensweg dauerte einen Monat, am Ende hat es der Körper einfach nicht mehr ausgehalten", schreibt der "Corriere della Sera". Die 2 000-Betten-Klinik hat schon häufiger Schlagzeilen gemacht. In einigen Operationssäle wurden Mäuse gesichtet, mehrere Patienten infizierten sich und erblindeten. Schließlich kam an den Tag, dass die automatische Feuerlöschanlage des Hauses über Jahre nicht funktionierte, weil sie nie an die Wasserleitung angeschlossen worden war.©dpa151118 Okt 99
Südafrikanischer Herzchirurg Barnard hat Hautkrebs an der Nase
Johannesburg (dpa) - Der weltberühmte südafrikanische Herzchirurg Christiaan Barnard (77) hat Hautkrebs an der Nase und muss sich am 20. Dezember operieren lassen.
Wie er der Afrikaans-sprachigen Sonntagszeitung "Rapport" sagte, wird ihm bei dem Eingriff Haut von der Stirn auf die Nase übertragen. "Die Aussichten sind gut und ich hoffe auf eine völlige Wiederherstellung".
Barnard hatte 1967 Medizingeschichte geschrieben, als er in Kapstadt erstmals ein menschliches Herz verpflanzte. Allerdings überlebte der Empfänger, der 55 Jahre alte Louis Washkansky, nur 18 Tage. Heute sind Herztransplanationen Routine.
Wegen Gicht in den Händen gab Barnard 1983 seine Arbeit im Operationssaal auf. Danach reiste er viel und veröffentlichte mehrere Bücher. Er lebt nach wie vor in Kapstadt.©dpa140945 Nov 99
Strafanzeige gegen OP-Team nach Amputation gesunder Lungenteile
Hamburg, 14. November (AFP) - Der Krebspatient, dem Ende Oktober im Klinikum Kassel ein gesunder Lungenflügel teilweise amputiert worden war, hat seine Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung auf das gesamte zehnköpfige Operationsteam erweitert. Der Patienten-Anwalt Dieter Weigel sagte der "Bild am Sonntag" ("BamS"): "Wir müssen weiter damit rechnen, dass mein Mandant an den Folgen der falschen Operation stirbt". Dem Bericht zufolge wurde der 52-jährige inzwischen in eine Lungen-Spezialklinik nach Heidelberg verlegt und dort umfangreichen Tests zur Leistungsfähigkeit des noch verbliebenen gesunden Lungenrestes unterzogen. Möglicherweile solle schon in der kommenden Woche mit einer Chemotherapie begonnen werden, um das Krebsgeschwür im befallenen linken Lungenflügel zu schrumpfen, damit bei einem neuen Eingriff nur ein möglichst kleiner Lungenteil entfernt werden muß. Am Montag wollen die behandelnden Mediziner demnach über das weitere Vorgehen entscheiden. Die Städtischen Kliniken Kassel hatten den "Kunstfehler" eingeräumt. Ursachen seien ein Fehler im Operationsplan sowie das "nicht nachvollziehbare Vertrauen" aller Beteiligten auf das fehlerfreie Handeln der anderen gewesen. Die Klinik selbst hatte die Staatsanwaltschaft informiert. Diese ermittelt wegen fahrlässiger Körperverletzung. Laut Diagnose war der linke Lungenflügel des Patienten von einem Tumor befallen. Deshalb sollte der Oberlappen dieses Lungenflügels entfernt werden. Statt des linken wurde aber der rechte Lungenflügel für die Operation benannt und der Patient von den Pflegern und Schwestern auch entsprechend gelagert worden. Die beteiligten Ärzte bemerkten nach Angaben der Klinik den Fehler erst, als der gesunde Oberlappen des rechten Lungenflügels bereits herausgeschnitten gewesen sei. Nach Schätzung von Experten gibt es bundesweit etwa 400.000 ärztliche Behandlungsfehler pro Jahr, meist eine verspätete Diagnose oder eine unangemessene Therapie. Derart krasse Kunstfehler bei Operationen wie zuletzt in Kassel sind aber offenbar selten. Nach Auskunft der Schlichtungsstelle bei der Landesärztekammer in Frankfurt in Main hat es in Hessen zuletzt vor zehn Jahren einen vergleichbaren Fall gegeben. Damals sei einer Frau das falsche Bein amputiert worden.
© AFP
141018 Nov 99
Ambulante Pflegekräfte flüchten aus ihrem Beruf. Sie verlieren den Glauben an Sinn und Ethik ihres Tuns. Die Pflege zu Hause ist zur Mangelpflege verkommen. Betreut wird im Minutentakt. Menschliche Zuwendung haben die Krankenkassen aus Kostengründen gestrichen. Mit einem Krankenpfleger in Eppendorf unterwegs.
Ihr Einsatz, Rinne!
Von DARREN KLINGBEIL-BAKSI
Es ist kurz nach acht, ein nassgrauer Dienstagmorgen. Zwei zwanzigminütige Hausbesuche liegen bereits hinter Frank Rinne. Eilig schwingt er sich auf sein Fahrrad, denn seine dritte Patientin wartet darauf, von ihm aus dem Bett geholt zu werden. Frank Rinne, 30 Jahre, arbeitet seit 1995 als gelernter Krankenpfleger. "Aus Überzeugung", sagt er, übe er seinen Beruf aus, den er nach seinem Zivildienst im ehemaligen AK St. Georg erlernte. Wie lange Rinnes Überzeugung noch hält, ist ungewiss. Denn er denkt ans Aufhören: "Wenn ich ein gutes Jobangebot finde, bin ich sofort weg aus der Pflege." Seit vier Jahren arbeitet er für die Sozialstation Eppendorf in der häuslichen Betreuung pflegedürftiger alter Menschen.
Die Sozialstation Eppendorf gehört als ambulanter Pflegedienst zum gemeinnützigen Verein Hamburgische Brücke. Etwa 90 Patienten zwischen Hoheluft und Nedderfeld werden von rund 35 Mitarbeitern in Früh-, Spät- und Wochenenddiensten versorgt. Für die Stationsleitung ist es zunehmend schwierig geworden, das examinierte erfahrene Pflegepersonal zu halten, geschweige denn neue Mitarbeiter zu finden. Allein in den vergangenen Wochen haben drei langjährige Mitarbeiter gekündigt. Sie wandern ab in stationäre Einrichtungen, viele geben den Pflegeberuf ganz auf. Kirsten Arthecker, Leiterin der Sozialstation, weiß warum: "Die Leute sind unzufrieden, sie können ihr Wissen im Pflegealltag nicht mehr umsetzen. Vieles an Pflege rechnen die Kassen einfach nicht ab."
Seit Einführung der Pflegeversicherung 1995 herrscht Konkurrenzdruck unter den mittlerweile fast 400 ambulanten Pflegediensten in Hamburg. Die Krankenkassen haben die Pflegesätze in den vergangenen drei Jahren nicht erhöht, doch die gesetzlichen Auflagen und Ausgaben für die Pflegedienste steigen stetig. Jetzt will die AOK die Pflege-Qualität mit neuen Verträgen verbessern. Aber das bringt für die Pflegebedürftigen so gut wie nichts. "Die Anforderungen an die Strukturqualität einer Einrichtung wurden hochgeschraubt, gleichzeitig aber die Vergütung für die Pflegeleistungen nicht verbessert", kritisiert Kirsten Arthecker. Vorzugsweise schließen die Kassen mit Pflegediensten Verträge ab, die die Kosten sparende "satt-sauber-trocken-Pflege" stillschweigend ausführen. Dabei bleiben Qualität und Menschlichkeit auf der Strecke. Die Pflegedienste, die trotz Geld- und Personalmangels versuchen, den Bedürfnissen ihrer Patienten nachzukommen, kämpfen um ihre Existenz und sparen am Personal: Viele Ungelernte und wenige examinierte Fachkräfte versorgen immer mehr Patienten in immer kürzeren Einsatzzeiten. "Es ist alles sehr knapp kalkuliert, Einsätze erfolgen im Zehn-Minuten-Takt. Da noch von Würde zu sprechen, fällt immer schwerer", stellt die Pflegedienstleiterin fest, "aber um zu überleben, müssen wir die Personalkosten so niedrig wie möglich halten." Die Folge ist: Engagierte Pflegerinnen und Pfleger werfen frustriert das Handtuch, "weil die Fließbandpflege an den Kräften zehrt", sagt der Krankenpfleger Rinne.
Eine aktuelle Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach belegt, dass immer weniger junge Menschen den Altenpflegeberuf erlernen wollen. Die Schülerzahlen sinken, weil das Berufsbild miserabler ist denn je. Die Hälfte der Ausgelernten verlassen den Beruf bereits kurz nach Ausbildungsende, die Aussteigerquote nach nur fünf Berufsjahren liegt bei 82 Prozent. Selbst wenn Pflegedienste es sich leisten, examiniertes Personal einzustellen, "sie finden fast niemanden, der für maximal 4000 Mark brutto im Monat das wachsende Arbeitspensum ertragen will. Was die Fachkräfte verdienen, ist angesichts der Belastungen bitterwenig. Es herrscht Berufsflucht", stellt Kirsten Arthecker fest.
Haken schlagend wie ein Fahrradkurier rast Krankenpfleger Rinne die Hoheluftchaussee hinunter, es beginnt zu nieseln. Er muss noch Brötchen besorgen für Marie B. und für sich, weil er sich das Frühstück mit ihr nicht nehmen lässt. Marie B. ist 87 Jahre alt, bettlägerig, stark altersverwirrt und sehr "schmusebedürftig!", erzählt Frank im Treppenhaus. Sein Dienstplan sieht jetzt 60 Minuten Betreuungszeit vor. "Da muss man improvisieren", sagt der Pfleger und schließt die Wohnungstür auf.
--------------------------------------------------
82 Prozent der examinierten Pfleger steigen nach nur fünf Berufsjahren aus ihrem Job aus. Selbst wenn Pflegedienste es sich leisten, examiniertes Personal einzustellen, finden sie schwer jemanden, der für maximal 4000 Mark brutto im Monat das wachsende Arbeitspensum ertragen will.
--------------------------------------------------
"Morgen Mariechen", begrüßt er sie, beugt sich über das cremefarbene, altmodische Krankenbett und streicht ihr mit der Hand über die Wange. "Morgen, mein Schätzchen", kommt es von der weißhaarigen, verstrubbelten Frau aus den Kopfkissen zurück, sie strahlt ihn an. Meist fällt ihr Franks Name nicht ein. Sie weiß nicht, was er gerade gemacht oder zu ihr gesagt hat, doch sie spürt genau, wie liebevoll er zu ihr ist. Frank schaltet das Radio ein. Dann öffnet er die Klebestreifen der grünen Windelhose, greift unter ihren Rücken und dreht sie aus dem Bett auf die Bettkante. Er zieht ihr das Nachthemd über den Kopf und hebt sie auf den Toilettenstuhl neben dem Bett. In einer Plastikschüssel hat er warmes Wasser aus der Küche geholt. Während er ihr die Haare wäscht, hält sie sich an den Stuhlholmen fest. Sie lacht, als er sie trockenrubbelt. Die Grundpflege muss schnell gehen, wenn noch Zeit zum gemeinsamen Frühstück bleiben soll.
In Hamburg werden rund 22 000 Menschen häuslich versorgt, darunter etwa 7500 psychisch erkrankte, altersverwirrte (demente) Patienten. Ihre Betreuung braucht die meiste Zeit und pflegerische Erfahrung. Die Zahl der Hilfsbedürftigen steigt. Weil die Menschen länger leben, wächst naturgemäß das Risiko, pflegebedürftig zu werden. Hinzu kommt, dass die pflegebedürftigen Patienten länger zu Hause wohnen bleiben als früher. Meist sind es die Hochbetagten, ab 85 Jahren, die in die stationäre Versorgung wechseln. Angesichts dieser Entwicklungen passt es nicht, dass die Zahlungen der Pflegeversicherung so knapp bemessen sind, dass es in der häuslichen Betreuung "für eine menschliche, selbstbestimmte Pflege hinten und vorne nicht reicht", sagt Arthecker. Die Unterversorgung trifft die Demenzerkrankten besonders hart. Für durchschnittlich maximal dreieinhalb Stunden am Tag (Pflegestufe III), verteilt auf vier Einsätze, kommen Pflegekräfte ins Haus, um das pflegerisch Notwendigste zu erledigen. Den langen Rest des Tages bleiben die Kranken sich selbst überlassen, weil häufig auch keine Angehörigen da sind, die sich zusätzlich kümmern. Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland wird sich in den kommenden Jahrzehnten verdoppeln, auf 2,5 Millionen Betroffene im Jahr 2030. Wer wird sie pflegen, wenn kaum jemand Pflege noch professionell erlernen will?
Frank hat die Kerze auf dem Esstisch angezündet. Dass sie morgens brennt, ist Marie B. sehr wichtig. Der strukturierte Tagesablauf, Zuwendung und Ansprache stärken ihren Allgemeinzustand. Als sie einige Minuten tatenlos am Tisch sitzt, steigt Unmut in ihr hoch. "Wo steckt der denn so lange, der Franzos!", faucht sie plötzlich. "Ist denn meine Mutter überhaupt schon da?", grübelt sie weiter. Der "Franzos" kommt glücklicherweise gerade aus der Küche, stellt ihr Kaffee, ein gekochtes Ei und das marmeladenbestrichene Brötchen auf den Tisch. "Franzos" benutzt sie als Schimpfwort, sagt Frank: "Das ist bei ihr noch aus der Besatzungszeit hängen geblieben." Den duftenden Kaffee einatmend, weicht der Unmut aus ihrem Gesicht. Ruhig wird es am Frühstückstisch. Beide kauen an ihren Brötchen, laut schlürft Marie ihren Kaffee. "Ich bin sehr für Kaffee", meint sie und strahlt wieder in Franks Richtung - die 60 Minuten sind längst überzogen.
9.30 Uhr ist es, als Frank die Wohnungstür zum vierten Einsatz öffnet. Sieglinde S., 88 Jahre, ist in ihrem Rollstuhl bereits ins Badezimmer gefahren. "Frank, ich bin klitschnass!", ruft sie ihm entgegen. Nach einem Beinbruch sitzt sie im Rollstuhl, kommt nicht mehr auf die Beine, ist zuckerkrank und depressiv. Frank befreit sie von der uringetränkten Windelhose und setzt sie auf die Toilette. Im Wohnzimmer flimmert eine RTL-Talkshow lautlos ins Zimmer. Bald darauf sitzt Sieglinde S. gewaschen und angezogen wieder im Rollstuhl.
"Frank ist sehr gefällig, er bemüht sich", sagt sie und schiebt hinterher: "Richtig laufen werd ich wohl nie wieder können". Frank schlägt vor, sie für ein paar Schritte am Gehwagen im Hausflur zu begleiten. Das Angebot freut sie, denn die wenigsten Pflegekräfte laufen mit ihr, "weil die doch nie Zeit dafür haben", sagt sie. So ist ihre Gehschwäche mittlerweile chronisch geworden.
Manchmal nimmt Frank sie im Rollstuhl mit zum Einkaufen oder bringt sie zum Friseur, dann müssen aber andere Dinge schneller erledigt oder verschoben werden - denn die Pflegekasse von Frau S. bewilligt keine Ausfahrten mit dem Pflegepersonal. Alle vierzehn Tage zahlt ihr das Sozialamt eine Ausfahrt mit dem Zivi. Für weitere Ausfahrten müsste sie selbst bezahlen, doch das kann sich Frau S. nicht leisten.
Den Pflegebedarf eines Kranken ermitteln und bewilligen die Krankenkassen in Form so genannter "Leistungskomplexe" (LKs). Penibel legen diese LKs fest, welche pflegerischen Tätigkeiten beim Patienten durchgeführt werden dürfen, und nur diese kann der Pflegedienst mit der Kasse abrechnen. Psychsoziale Betreuung wie Ausfahrten, Vorlesen oder Gespräche sehen die LKs nicht vor. Diese wichtige Seite der Betreuung müssen die Betroffenen selbst bezahlen - wenn sie es können. Bei Bedürftigen übernimmt in begrenztem Umfang das Sozialamt die Kosten für die psychosoziale Betreuung. Aber der Bedarf ist hier viel größer, als dass er durch die Sozialhilfe gedeckt wäre.
Kirsten Arthecker: "Das Modell der LKs gehört in die Tonne! Es ist ein absurdes System. Zur Pflege gehört mehr, als nur nach Checkliste zu arbeiten. Bürokratie und Auflagenzwang zerlegen die Pflege in Häppchen."
Nach zwei weiteren Einsätzen setzt Frank sich zu einer Pause in ein Café. Warum er oft mehr mache, als der Dienstplan vorsehe? "Weil sonst die Menschlichkeit ganz auf der Strecke bleibt", antwortet er. Aber die Sparpolitik der Kassen schlage sich allmählich auch in der Arbeitsauffassung vieler Mitarbeiter nieder, bemerkt er. Einige Kollegen machten nicht mehr als notwendig, weil man als Pfleger für seine Arbeit keine Anerkennung erfahre, außer von den Patienten und manchmal von deren Angehörigen vielleicht.
Dann erzählt er von befreundeten Kollegen, die bereits gekündigt hätten und jetzt viel besser verdienten. Im Moment halte auch ihn nur das besondere Verhältnis zu Marie B. noch in der Pflege, sagt Frank Rinne: "Ich spiele in letzter Zeit oft mit dem Gedanken aufzuhören, weil es einfach keinen Spaß mehr macht. Das ist nur noch Elendsverwaltung, was wir hier machen."
was sagt uns das?
cu
erst mal was füürs Herz ;-)
Wieso feiert AOL am 11.11.99 die Herausgabe des 2. Bandes „Schweigen der Lämmer“ und verlost diesen in einem unterhaltsamen Gewinnspiel ? Absicht oder bodenlose Dummheit ?
WHO: Immer mehr Bakterienstämme sind resistent gegen Antibiotika
Genf (dpa) - Durch den falschen Einsatz von Antibiotika sind in den vergangenen zehn Jahren weltweit zahlreiche Bakterienstämme entstanden, gegen die es kaum noch wirksame Medikamente gibt. "Viele lebensrettende Arzneimittel, die vor 20 Jahren noch hochwirksam waren, helfen heute noch ungefähr so viel, wie wenn der Patient ein Bonbon lutscht", heißt es in einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf. So hätten Labortests gezeigt, dass bereits 70 Prozent der für den Ausbruch von Lungenentzündung verantwortlichen Bakterien gegen mindestens ein Antibiotikum immun sind.
In Europa und den USA gibt es laut WHO immer weniger wirksame Antibiotika zur Bekämpfung von Salmonellen und anderen Bakterien, die vor allem in Krankenhäusern übertragen werden. Auch bei Patienten mit Hepatitis B und C oder Tripper helfen die meisten traditionellen Antibiotika nicht mehr. Nach Angaben der WHO sind inzwischen 98 Prozent der Tripper-Bakterienstämme in Südostasien resistent gegen Penizillin. In einzelnen Fällen treten Resistenzen auch schon bei den Bakterienstämmen der Tuberkulose auf.
Als Hauptgründe für die zunehmende Wirkungslosigkeit der einstigen Wunderwaffe Antibiotika nennt die WHO in ihrem Bericht die mangelnde Forschung der Pharmakonzerne auf diesem Gebiet, die von Ärzten oder Patienten verschuldete übertriebene oder nicht ausreichende Einnahme von Antibiotika sowie die Verwendung von Antibiotika als Wachstumsmittel in der Tierzucht.
Die Entstehung von widerstandsfähigen Krankheitserregern, die auf bestimmte Medikamente plötzlich nicht mehr ansprechen, ist im Prinzip ein normaler Prozess. Durch Fehldiagnosen, falsche Anwendung und das Eindringen von Antibiotika in die menschliche Nahrung ist dieser Prozess jedoch in den vergangenen drei Jahrzehnten immer mehr beschleunigt worden. Die Wirkungsdauer eines Antibiotikums liegt deshalb laut WHO heute nur noch bei durchschnittlich vier Jahren.
Als mögliche Strategien gegen die zunehmende Verbreitung antibiotikaresistenter Bakterienstämme empfiehlt die WHO Aufklärungskampagnen, die Ärzte und Patienten vom übertriebenen Einsatz von Antibiotika abbringen sollen. Außerdem sollen Antibiotika, die zur Therapie von Krankheiten beim Menschen dienen können, nicht mehr in der Tierzucht eingesetzt werden, wie dies die EU bereits 1998 beschlossen hat. So sei die Resistenz gegen das "Notfall-Medikament" Vancomycin in Deutschland und Dänemark nach dem Verbot von Avoparcin als Wachstumsmittel für Geflügel bereits zurückgegangen. Wichtig ist nach Ansicht der WHO auch die Zusammenarbeit von Gesundheitsbehörden und Pharmafirmen bei der Entwicklung von neuen Antibiotika, ein Forschungszweig, der in den vergangenen 30 Jahren stark vernachlässigt worden sei. ©dpa 120925 Jun 00
Großbritannien
Organ-Klonen bald erlaubt?
London - Erlaubt Großbritannien bald das Klonen menschlicher Organe? Gesundheitsminister Alan Milburn und Innenminister Jack Straw stützen sich bei der geplanten Gesetzesänderung auf einen Geheimreport des medizinischen Beraters der Regierung. Er schätzt die medizinischen Vorteile des Organ-Klonens höher als moralische Bedenken. Bisher müssen Experimente an Stammzellen nach 14 Tagen abgebrochen werden. Das Klonen von Menschen bleibt verboten. (SAD)
Patientenverband: 25 000 Ärzte-Opfer
Marburg - In Deutschland sterben nach Einschätzung von Experten jährlich 25 000 Patienten infolge Hygienemangels und falscher medizinischer Behandlung. "Unser Medizinbetrieb ist für die Kranken sehr riskant", sagte Christian Zimmermann, Präsident des Allgemeinen Patienten-Verbands in Marburg. Regelmäßfig würden auch neue Behandlungsmethoden und Medikamente ohne das Wissen der Patienten ausprobiert. Jüngster Fall: In Düsseldorf haben zwei Mediziner 1300 Personen an den Augen operiert. Dabei sollen sie im Rahmen einer Studie teilweise auf Antibiotika verzichtet haben. Zwei Menschen verloren dadurch je ein Auge. "Die Dunkelziffer von Studien ohne Information der Patienten ist gewaltig", so Zimmermann. (dpa)
Ärzte-Skandal in Düsseldorf: Zwei Patienten verloren Auge
Düsseldorf - Skandal in einer Düsseldorfer Augenklinik: Für eine Studie sollen zwei Ärzte eineinhalb Jahre lang mehr als 1300 Patienten ohne ausreichende Aufklärung operiert haben.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Mediziner wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Mitte März waren bei Operationen im Düsseldorfer Domenikus-Krankenhaus sieben Patienten mit einem gefährlichen Bakterium infiziert worden - Rentner Gert K. (67) und Hausfrau Dagmar S. (58) musste daraufhin das betroffene Auge entfernt werden.
Nach Vorgaben der von der Universitätsklinik Magdeburg initiierten Studie sollte erforscht werden, ob bei Augenoperationen auf ein üblicherweise verwendetes Antibiotikum in einer Augenspüllösung verzichtet werden kann. Der Magdeburger Uni- Professor Wolfgang Behrens-Baumann: "Bei uns verlief alles ordnungsgemäßf. Die Ethikkomission der Ärztekammer Sachsen-Anhalt stimmte der Studie zu, die Patienten wurden informiert, dass ihre Daten anonym für die Wissenschaft verwendet werden." Zumindest in einer der zwei Düsseldorfer Kliniken, die sich der Studie anschlossen, wurde dagegen nach dem "Zufallsprinzip" operiert. Staatsanwalt Johannes Mocken: "Im Domenikus-Krankenhaus entschied ein Arzt in Hunderten Fällen allein darüber, ob er Antibiotika einsetzt oder nicht. Die Patienten wurden über das Risiko nicht aufgeklärt." Das sei vorsätzliche Körperverletzung, auch wenn es nicht zu Komplikationen komme.
Bei Durchsuchungen von Praxis- und Klinikräumen sowie den Privatwohnungen der beiden Ärzte wurden mehr als 1300 Krankenakten beschlagnahmt. Unklar ist weiterhin, wie in der Düsseldorfer Klinik die Bakterien in die Augen der Patienten gelangten. Ob in diesen Fällen mit oder ohne Antibiotika operiert worden sei, so Staatsanwalt Mocken, habe auch nach Auswertung der Akten und Datenblätter nicht sicher festgestellt werden können. Hier widersprächen sich die Aussagen der Ärzte.
Die Magdeburger Studie, an der 4000 Patienten teilnahmen, wurde bundesweit gestoppt. (ADN/dpa)
Deutschlands Ärzte operieren zuviel! Die Gmünder Ersatzkasse (1,4 Mio. Mitglieder) fand in einer großangelegten Studie heraus: Tausende der rd. 5 Millionen Operationen pro Jahr sind unnötig, beruhen auf falscher Diagnose, belasten nur die Patienten. GEK-Experte Hardy Müller: „Der Griff zum Skalpell erfolgt zu schnell.“ Die Kasse hatte Patienten nach Operationen über die Behandlungserfolge befragt. Ergebnis: Viele fühlten sich nach dem Eingriff schlechter als vorher. Beispiele: Leistenbruch: 69 % der Operierten hatten Komplikationen zur Folge. Künstliches Hüftgelenk: 30 % Komplikationen, 17 Monate nach dem Eingriff war erst ein Viertel der Patienten völlig beschwerdefrei, 12 % brauchten weiter eine Gehhilfe, bei 3 % war sogar eine Nachoperation nötig. (HOE) 08.04.2000 BILD ONLINE - Aktuell
Aids: Medikamente verlieren an Wirksamkeit
Pamplona - Die seit 1996 zur Verfügung stehende Dreifach-Therapie aus drei verschiedenen Anti-Aids-Medikamenten verliert immer mehr an Wirksamkeit. Bei einem Großteil der Aidspatienten sind die Viren inzwischen resistent gegen eines der drei Medikamente, so dass die Behandlung nicht mehr greifen kann. Das entdeckten spanische Wissenschaftler bei einer Studie, die jetzt auf dem fünften Nationalen Aidskongress in Pamplona für Beunruhigung sorgte. Danach richten sich 76,2 Prozent der Resistenzen gegen die Hemmstoffe der reversen Transkriptase (eine Gruppe der Medikamente) und 43 Prozent gegen die Hemmer der Protease (die zweite große Gruppe der Anti-Aids-Mittel).
Bei jedem zweiten der Betroffenen schlage die Therapie, die starke Nebenwirkungen hat, nicht mehr an, warnte Aidsforscher Vicente Soriano vom Gesundheitsinstitut "Carlos III" in Madrid. Charles Boucher von der Uniklinik in Utrecht (Holland): "Jeden Tag haben wir mehr dieser Patienten, und wir wissen nicht, was wir tun sollen." (SAD)
"Il Messaggero": Paradies auf Erden? Rom (dpa) - Zur weitgehenden Entschlüsselung des menschlichen Erbguts durch amerikanische Forscher schreibt am Freitag die römische Zeitung "Il Messaggero: "Eine Welt ohne Krebs, ohne Alzheimer, ohne Aids. Eine Welt ohne Herzkrankheiten, ohne Erbkrankheiten, ohne Parkinson. Am Horizont zeichnet sich das Paradies auf Erden ab ... Aber bevor die genetische Entschlüsselung die Wissenschaftler in die Lage versetzen wird, die Krankheiten zu heilen, wird es eine Periode der Verunsicherung geben.
In dieser Zeit weiß man zwar, dass ein Mensch gewisse Krankheitsgene in sich trägt, ohne dass man diese jedoch mit den zunächst zugänglichen Methoden heilen kann. Und manche fürchten, dass die 'Gen-Träger' dieser Krankheiten zu Parias der Gesellschaft werden und etwa keine Arbeit bekommen." ©dpa 070912 Apr 00
Dutzende Briten bieten krankem Lottogewinner ihre Niere an
London, 31. März (AFP) - Mit dem Angebot, seinen Millionengewinn im Lotto für eine neue Niere herzugeben, hat ein Brite einen wahren Ansturm von Spendewilligen ausgelöst. Binnen drei Tagen meldeten sich nach Angaben der nationalen Nieren-Stiftung vom Freitag Dutzende Interessenten, die ihre Niere zu Geld machen wollten. Ein Sprecher zeigte sich entsetzt: "Das ist absolut furchtbar. Ich bin sprachlos, wie Menschen ihre Organe gegen einen Lottogewinn anbieten können." Der 26-jährige Dialysepatien Mick Taylor hatte den Jackpot geknackt und 4,1 Millionen Pfund (rund 13,3 Millionen Mark) gewonnen. Bei einer Pressekonferenz hatte er den Journalisten am Mittwoch erzählt, er würde leichten Herzens seinen Gewinn hergeben, wenn er dafür eine neue Niere bekäme. Taylor ist seit seinem elften Lebensjahr schwer nierenkrank. Zwei Transplantationen scheiterten, weil sein Körper die Organe abstieß. Derzeit steht er auf der Liste für eine dritte Transplantation. Allerdings fehlt es in Großbritannien wie in vielen anderen Ländern an Spenderorganen. Angesichts des Ansturms von Spendewilligen betonte Taylor inzwischen, er werde selbstverständlich wie alle anderen Kranken warten, bis er an der Reihe sei. Organhandel ist in Großbritannien verboten, nur gespendete Organe dürfen verpflanzt werden.© AFP310933 Mär 00
WHO warnt vor zunehmender Resistenz im Kampf gegen Tuberkulose
Amsterdam (dpa) - Vor der weiteren Ausbreitung unheilbarer Tuberkulose auf Grund zunehmender Antibiotika-Resistenzen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gewarnt. Schuld an der zunehmenden Verbreitung seien in erster Linie die Menschen und nicht die Bakterien, heißt es in einem WHO-Bericht anlässlich des Welt- Tuberkulose-Tages am Freitag.
Die Untersucher fanden alarmierende Trends zum Anstieg jener Erreger, die selbst nicht mehr auf die wirksamsten Mittel reagieren. Dies hänge vor allem damit zusammen, dass die fünf wichtigsten Medikamente zur Bekämpfung der Krankheit vielfach nicht im vorgeschriebenen Umfang genommen würden. Bei einer internationalen Tuberkulose-Konferenz in Amsterdam rief die WHO zu verstärkten internationalen Anstrengungen auf.
"In Deutschland und Dänemark erhöhte sich der Anteil der gegen ein Medikament resistenten Tb-Patienten seit 1996 um 50 Prozent", stellten die Ärzte in dem Bericht fest. In Neuseeland verdoppelte sich ihre Zahl. "In diesen drei Ländern ist für Menschen, die im Ausland geboren wurden, die Möglichkeit zur Entwicklung einer mehrfach-resistenten Tuberkulose drei Mal so groß wie für Einheimische", heißt es in der Untersuchung.
Nach Feststellungen der WHO sind in China, Indien, Iran, Mosambik und Russland bei mehr als drei Prozent aller neuen Fälle Bakterien bereits mehrfach resistent und die Krankheit damit praktisch nicht mehr heilbar. In Israel, Italien und Mexiko liege dieser Anteil unter neuen und teilweise behandelten Fällen bei sechs Prozent. In Estland stieg nach Angaben der Untersucher das Ausmaß der gegen mehrere Medikamente resistenten Fälle von 14 Prozent (1997) auf 18 Prozent aller Fälle.
Die weitere Verbreitung multi-resistenter Tb-Formen ist laut WHO unvermeidlich, wenn nicht mehr getan werde, um die Krankheit in den am stärksten betroffenen Ländern effektiver zu bekämpfen. Falls sich die medizin-resistente Tuberkulose in den Entwicklungsländern weiter verbreite, würden die Folgen auch für die reicheren Länder spürbar. Mit stärkerer Einreisekontrolle könne sich kein Land schützen, erklärten Tb-Experten.
Bei der Konferenz in Amsterdam sind Regierungen aus 20 Ländern mit den höchsten Zahlen von Tuberkulose-Erkrankungen vertreten. In Beratungen mit internationalen Hilfsorganisationen versuchen sie, die Zahl der Tuberkulose-Todesfälle in den nächsten zehn Jahren auf die Hälfte zu verringern. ©dpa 240700 Mrz 00
Ein Viertel aller Medikamente untauglich
Kritisiert wurde die Untersuchung der Stiftung Warentest von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Die Zulassung der Medikamente unterliege strengen Kriterien, sagte der Vorsitzende der Organisation, Manfred Richter-Reichhelm, dem Saarländischen Rundfunk. Ärzte verordneten nur dann ein Medikament, wenn sie überzeugt seien, dass es dem Patienten helfe. Außerdem gehöre zu jeder Behandlung eine Erfolgskontrolle. Auch schwach wirksame Medikamente könnten den Patienten subjektiv helfen oder "zumindest Placeboeffekte haben".
Der Bundesfachverband der Arzneimittel-Hersteller in Bonn gab dem Handbuch die Note "wenig geeignet". Die Bewertungskriterien seien einseitig und nicht nachvollziehbar, meinte der Verband in einer Stellungnahme. Für die Beurteilung von Arzneien sei einzig und allein das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zuständig. Der Verband lehnt grundsätzlich alle Medizinlisten ab.
Das schlechte Abschneiden seines Schmerzmittels Thomapyrin bezeichnete der Pharmakonzern Boehringer-Ingelheim als "wissenschaftlich nicht haltbar". Thomapyrin sei ein wirksames und seit über 50 Jahren bewährtes Arzneimittel.
Ganz anders sieht das die Stiftung Warentest. Ihr Urteil über Thomapyrin: "Wenig geeignet". Eben so negativ wurden die Schmerzmittel Neuralgin, Novalgin und Optalidon bewertet. Schlecht schnitten auch Frubienzym ab, ein viel verkauftes Mittel gegen Rachenentzündung, und das Mittel zur Empfängnisverhütung Fernovan.
Für einige häufige Krankheiten gebe es auf dem Markt sogar überhaupt keine gut geeigneten Arzneien, sagte Hubertus Primus, Bereichsleiter Publikationen der Stiftung. Als Beispiele nannte er Venenleiden, arterielle Durchblutungsstörungen oder Ohrenentzündungen. Bedenklich sei auch, dass von insgesamt 45.000 angebotenen Arzneimitteln gegenwärtig rund 7.800 Präparate zu keinem Zeitpunkt auf Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit geprüft worden seien.
Die Stiftung Warentest stützt sich bei ihrer Bewertung der Medikamente auf bereits in der Fachliteratur veröffentlichte klinische Studien und die eingehende Befragung von Experten aus der medizinischen Praxis. Das "Handbuch Medikamente" soll nach Darstellung der Stiftung Warentest vor dem Hintergrund einer "Medikamentenflut" gleichermaßen Ärzten und Patienten Hilfestellungen bei der Auswahl geeigneter Präparate geben. Von Seiten der Hersteller schlecht bewerteter Arzneien rechne die Stiftung auch mit juristischen Schritten gegen das Buch, sagte Primus. Klagen sehe er aber gelassen entgegen, weil die Daten auf einem "sicheren wissenschaftlichen Fundament" ständen.
Die Qualitätsliste solle auch einen Beitrag dazu leisten, den jährlich durch weggeworfene Medikamente anfallenden Schaden von vier Milliarden Mark zu verringern und damit Kosten im Gesundheitswesen einzusparen, sagte Primus. Deshalb erwarte er von politische Seite eine positive Resonanz auf die Publikation.
Wieder Rekordergebnis bei Schering
Berlin - Wie in den vergangenen drei Jahren hat die Schering AG auch 1999 wieder ein Rekordergebnis erzielt. Der Umsatz stieg von 6,24 Milliarden auf 7,21 Milliarden Mark, was einem Zuwachs von zwölf Prozent entspricht. Für die kommenden Jahre setzt Schering vor allem auf den amerikanischen Markt, wo künftig ein Drittel des Umsatzes erwirtschaftet werden soll. Bisher sind es 21 Prozent.
Das Ergebnis des Vorjahres habe das Unternehmen vor allem dem Geschäftsverlauf in Japan zu verdanken, wo ein Plus von 32 Prozent verbucht wurde. Dabei habe sich nicht nur der starke Yen positiv ausgewirkt, sondern auch die Zulassung der Anti-Baby-Pille auf dem japanischen Markt. In diesem Segment habe sich Schering bereits einen Marktanteil von 30 Prozent gesichert. Bis zum Jahr 2005 strebt der Konzern einen Umsatz von 10,7 Milliarden Mark an. (ap)
Großangelegter Rezeptbetrug mit Krebsmedikamenten aufgedeckt
München, 27. Februar (AFP) - Um mehrere Millionen Mark haben offenichtlich Ärzte, Apotheker und pharmazeutischen Beratungsfirmen in Hannover die Krankenkassen durch Rezeptbetrug mit Krebsmedikamenten erleichtert. Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" liegen den Kassen Hinweise vor, dass Ärzte für das Verschreiben überteuerter Krebsmedikamente von Apotheken Provision erhalten haben. Die Ärzte hätten die Rezepte nicht an die Patienten, sondern zunächst an "Servicefirmen" weitergegeben. Diese hätten dann die Verschreibungen gegen Provisionen in Höhe von 60 bis 70 Prozent des Verordnunsgwertes an wenige ausgewählte Apotheken vermittelt und dafür Provisionen kassiert, die mit den Ärzten geteilt worden seien. Ein Sprecher der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Niedersachsen bestätigte gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk, dass die Kasse und die Staatsanwaltschaft wegen Abrechnungsmanipulation ermittelten. AOK und Staatsanwaltschaft gehen dem Sprecher zufolge von "organisierten Strukturen" aus. Es gebe Hinweise, dass der Markt für hochpreisige Krebsmedikamente fast komplett in der Hand weniger Ärzte, Apotheken und Vermittlerfirmen sei. Laut "Focus" wurde der Geschäftsführer der niedersächsischen Apothekenkammer, Götz Schütte, sogar mit dem Tode bedroht, als er Hinweisen auf fragwürdige Geschäfte nachging.© AFP 271045 Feb 00
Neuer Gen-Streit: Italien züchtet Schweine als Organspender
Bundesregierung legt Einspruch gegen Embryonen-Patent ein - US-Forscher wollen Haustiere preiswert klonen
Rom/Berlin - Horror oder Hoffnung? Italien will Gen-Schweine als Organspender züchten. Die in ihrem Erbgut veränderten Tiere sollen als eine Art Ersatzteillager für Organe dienen, die bei Bedarf in Menschen eingepflanzt werden können.
Die Aufzuchtstation bei Turin soll schon in vier Monaten die Arbeit aufnehmen. Betreiber des 57 Millionen Mark teuren Projektes sind die Region Piemont, die Stadt Turin und das Krankenhaus Ordine Mauriziano. Doch es hagelt Kritik: Die nationale Kommission für Bio-Ethik lehnt das Labor ab. Auch die italienische Umweltorganisation VAS will die Genfarm stoppen. "Die Technik wird menschliche und tierische Gene vermischen. Denn um menschliche Organe in Schweinen zu züchten, müssen diesen menschliche Gene zugefügt werden."
Unabhängig davon ging in Deutschland der Streit um das illegale Embryonen-Patent weiter. Jetzt will auch die Bundesregierung Einspruch beim Europäischen Patentamt einlegen. Am Montag war bekannt geworden, dass die Münchner Behörde im Dezember "irrtümlich" ein Patent auf gentechnisch veränderte menschliche Stammzellen an die Universität Edinburgh erteilt hatte (wir berichteten). Das ist in Europa aber verboten. Die Universität behauptet, das Patent sei ein wichtiger Schritt bei der Forschung mit menschlichen Stammzellen. Es gehe darum, Krankheiten wie Parkinson besser behandeln zu können. Ein Universitätssprecher: "Das Patent bezieht sich nicht auf das Klonen von Menschen." Dennoch geht der Trend in diese Richtung:
Schon in einem Jahr, versprechen US-Forscher, werden die Gentechniker zumindest Haustiere in großer Zahl klonen können - zum Preis eines Rassehundes. Für alle Hunde- und Katzenhalter, die fürchten, dass ihr Vierbeiner vorher stirbt, bieten vier US-Firmen jetzt an, das Erbgut ihres Lieblings einzufrieren und zu lagern. Ein Experte: "Bald muss niemand mehr Abschied von seinem Haustier nehmen. Alles was wir brauchen, ist ein sechs Millimeter großes Stück Haut." (SAD/dpa/ADN)
Gen-Protest: Greenpeace mauert Patentamt zu
Auch Gesundheitsministerin Fischer will Einspruch gegen die Entscheidung einlegen
München - Der Protest gegen das erste Patent auf Eingriffe in menschliches Erbgut wird immer schärfer. Greenpeace-Aktivisten haben gestern das Europäische Patentamt (EPA) in München vorübergehend lahm gelegt und den Eingang zugemauert. Rund 90 Demonstranten aus 13 europäischen Ländern protestierten auch gegen die Vergabe von "Patenten auf Lebewesen" im Allgemeinen. Das EPA hatte nach eigener Darstellung "irrtümlich" ein Verfahren zur Manipulation und Züchtung von Embryozellen geschützt (wir berichteten). Dies ist zwar verboten, lässt sich aber nur im Einspruchsverfahren rückgängig machen. Als Erste reichten gestern die Grünen im bayerischen Landtag ihren Widerspruch gegen das Patent ein. Auch Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Grüne) will Einspruch bei der Münchner Behörde einlegen. Das Embryonenschutzgesetz verbiete die Anwendung des Patents in Deutschland ohnehin. Falls das Amt die Einsprüche ablehnt, wäre die Methode außerdem auf Grund von Patentrichtlinien in der EU illegal. (dpa)
Fehldiagnose
300 Frauen verstümmelt
Essen - Etwa 300 Frauen im Ruhrgebiet ist nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" mindestens eine Brust abgenommen worden, obwohl sie gar nicht an Krebs litten. Dies habe eine Gutachterkommission in ihrem Bericht für die Jahre 1994 bis 1997 festgestellt. Die Leidensgeschichte der Frauen habe bei einem Essener Radiologen begonnen. Es sei fraglich, ob der Arzt zur Beurteilung der Röntgenaufnahmen fähig war, heißt es. Eine Frau habe berichtet, dass sich auch die Ärzte in den Kliniken gewundert, aber trotzdem operiert hätten. Obwohl das Gutachten eine "defekte Diagnosekette bescheinige", sei fraglich, ob es den Frauen juristisch nütze. So habe ein Pathologe zwar reihenweise Brustkrebs diagnostiziert. Doch die archivierten Gewebeproben seien bei einem Feuer, durch das er Selbstmord beging, vernichtet worden. (afp)
Weltpremiere in Lyon: Beide Hände und Vorderarme angenäht
Lyon (dpa) - Ein Chirurgenteam hat einem 33-jährigen Patienten in einer Weltpremiere beide Unterarme und Hände eines Spenders angenäht. Das Krankenhaus Edouard-Herriot in Lyon gab am Freitag bekannt, dass das 18-köpfige internationale Ärzte-Team die Operation bereits am Vortag durchgeführt hat. Dem Patienten waren 1996 beide Vorderarme durch die Explosion von Feuerwerks-Raketen abgerissen worden. Bereits im September 1998 war dem gleichen Ärzteteam mit dem Annähen einer Hand bei einem 49-jährigen Neuseeländer eine Weltpremiere gelungen.
©dpa
140907 Jan 00
Den Haag (dpa) - In einem niederländischen Krankenhaus hat ein Chirurg einem 72 Jahre alten Patienten eine gesunde Niere anstelle einer erkrankten entfernt. Noch während der Operation war der Fehler entdeckt worden, konnte aber nicht mehr korrigiert werden. Dies bestätigte am Freitag ein Sprecher des Krankenhauses Sint Joseph in Veldhoven bei Eindhoven. Mit dem Eingriff sollte die Niere entfernt werden, in der ein Tumor festgestellt worden war.
Der Arzt hatte Röntgenaufnahmen spiegelverkehrt gesehen und sich dementsprechend auf die Operation vorbereitet. Nachdem er seinen Fehler erkannte, habe er sofort das Krankenhaus und die Familie unterrichtet, versicherte der Sprecher. Der Chirurg, der als sehr erfahren gilt, sei völlig niedergeschlagen und habe seine Arbeit stark eingeschränkt. Ein Ärzteteam habe in einer ersten Untersuchung bekräftigt, dass ein menschlicher Fehler verantwortlich war. Eine weitere amtliche Untersuchung läuft noch.
Der Patient, der nach der Operation auch noch eine Infektion erlitt, wird derzeit auf der Intensivstation im künstlichen Schlaf gehalten. Sein Zustand wird als "ernst aber stabil" bezeichnet. Die Angehörigen des Patienten haben noch nicht über etwaige juristische Schritte entschieden. ©dpa 231541 Nov 99
Ärzte-Umfrage: Hass auf die Patienten
London - Zwei Fünftel aller Ärzte reagieren bei der Behandlung von Kranken stress-bezogene Aggressionen ab. Viele Mediziner hassen ihre Patienten sogar. Das ergab eine britische Langzeitstudie mit 100 Ärzten. Psychologie-Professorin Jenny Firth-Cozens: "Das reicht von grober Unhöflichkeit bis zu gewalttätigen Handlungen und tödlichen Folgen." In ihrer Untersuchung fand sie heraus: Am Anfang hatten die meisten Mediziner ein positives Verhältnis zu ihren Patienten, das von Sympathie geprägt war. Acht Jahre später waren viele zu Zynikern geworden, die gegenüber den Patienten Abneigung bis hin zu Ekel empfanden. (SAD)
In Russland steigt Resistenz gegen Tuberkulose-Antibiotika Berlin (dpa) - Steigende Tuberkulose-Zahlen in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion bereitet Lungenärzten zunehmend Sorge. "Nicht nur die Zahl der Erkrankten steigt, auch die Resistenz gegen Antibiotika nimmt zu", sagte der Präsident der Europäischen Lungen- Gesellschaft, Robert Loddenkemper, im Vorfeld des am Samstag (9. Oktober) in Madrid beginnenden Europäischen Lungen-Kongresses.
Nach Auskunft des deutschen Mediziners erkranken in Russland 80 bis 100 Menschen pro 100 000 Einwohner an Tuberkulose. In den Gefängnissen sollen es sogar 3 000 pro 100 000 Insassen sein. Im Vergleich dazu betrug die Inzidenz 1997 in Deutschland 13 pro 100 000 Einwohner.
"Entscheidender ist jedoch die Antibiotika-Resistenz. Bei über 20 Prozent der Erkrankten in Russland, Estland und Lettland wirken gängige Antibiotika nicht." In Deutschland liege die Rate je nach Antibiotika bei maximal vier Prozent, ergänzte Loddenkemper, der Chefarzt in der Berliner Lungenklinik Heckeshorn ist. Ein weiteres Hauptthema des fünftägigen Kongresses, zu dem 10 000 Teilnehmer erwartet werden, ist Asthma.
"In 25 Jahren hat sich in den Industriestaaten das Vorkommen von Asthma verdreifacht", sagte Loddenkemper. "Keiner weiß genau warum." Diskutiert werde in Madrid eine neue Studie, die eine verringerte Asthma-Rate bei Kindern nachwies, die auf dem Bauernhof mit Tieren aufgewachsen sind. "Möglicherweise fand ein Training des Immunsystems statt." Die Luftverschmutzung in den Städten sei weniger entscheidend für die Asthma-Entstehung und andere Lungenerkrankungen, wohl aber die "persönliche Luftverschmutzung" vor allem durch rauchende Mütter. "85 Prozent aller Lungenkrebsfälle hängen mit dem Rauchen zusammen", betonte Loddenkemper.
Weitere Themen des Kongresses sind gefährliche Lungenbakterien in Intensivstationen und die sogenannte Schlafapnoe, das kurzzeitige Aussetzen der Atmung während des Schlafes. Nach einer neuen Untersuchung sollen 26 Prozent aller Europäer jede Nacht fünfmal bis zu zehn Sekunden lang die Atmung unterbrechen.©dpa050500 Okt 99
Exitus nach fünf Operationen: Staatsanwalt in Rom ermittelt
Rom (dpa) - Ein Patient in der römischen Skandal-Klinik Umberto I. ist nach fünf fehlerhaften Operationen gestorben. Italienische Zeitungen berichteten am Freitag, der Mann sei zunächst wegen einer einfachen Blasenstein-Entfernung ins Krankenhaus gekommen. Dabei hätten die Ärzte als ersten Patzer eine Hauptschlagader durchtrennt.
Danach folgten vier weitere chirurgische Eingriffe, bei denen die Ärzte wiederum schwere Kunstfehler begangen hätten. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen 15 Krankenhaus-Angestellte wegen fahrlässiger Tötung.
"Der ganze Leidensweg dauerte einen Monat, am Ende hat es der Körper einfach nicht mehr ausgehalten", schreibt der "Corriere della Sera". Die 2 000-Betten-Klinik hat schon häufiger Schlagzeilen gemacht. In einigen Operationssäle wurden Mäuse gesichtet, mehrere Patienten infizierten sich und erblindeten. Schließlich kam an den Tag, dass die automatische Feuerlöschanlage des Hauses über Jahre nicht funktionierte, weil sie nie an die Wasserleitung angeschlossen worden war.©dpa151118 Okt 99
Südafrikanischer Herzchirurg Barnard hat Hautkrebs an der Nase
Johannesburg (dpa) - Der weltberühmte südafrikanische Herzchirurg Christiaan Barnard (77) hat Hautkrebs an der Nase und muss sich am 20. Dezember operieren lassen.
Wie er der Afrikaans-sprachigen Sonntagszeitung "Rapport" sagte, wird ihm bei dem Eingriff Haut von der Stirn auf die Nase übertragen. "Die Aussichten sind gut und ich hoffe auf eine völlige Wiederherstellung".
Barnard hatte 1967 Medizingeschichte geschrieben, als er in Kapstadt erstmals ein menschliches Herz verpflanzte. Allerdings überlebte der Empfänger, der 55 Jahre alte Louis Washkansky, nur 18 Tage. Heute sind Herztransplanationen Routine.
Wegen Gicht in den Händen gab Barnard 1983 seine Arbeit im Operationssaal auf. Danach reiste er viel und veröffentlichte mehrere Bücher. Er lebt nach wie vor in Kapstadt.©dpa140945 Nov 99
Strafanzeige gegen OP-Team nach Amputation gesunder Lungenteile
Hamburg, 14. November (AFP) - Der Krebspatient, dem Ende Oktober im Klinikum Kassel ein gesunder Lungenflügel teilweise amputiert worden war, hat seine Strafanzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung auf das gesamte zehnköpfige Operationsteam erweitert. Der Patienten-Anwalt Dieter Weigel sagte der "Bild am Sonntag" ("BamS"): "Wir müssen weiter damit rechnen, dass mein Mandant an den Folgen der falschen Operation stirbt". Dem Bericht zufolge wurde der 52-jährige inzwischen in eine Lungen-Spezialklinik nach Heidelberg verlegt und dort umfangreichen Tests zur Leistungsfähigkeit des noch verbliebenen gesunden Lungenrestes unterzogen. Möglicherweile solle schon in der kommenden Woche mit einer Chemotherapie begonnen werden, um das Krebsgeschwür im befallenen linken Lungenflügel zu schrumpfen, damit bei einem neuen Eingriff nur ein möglichst kleiner Lungenteil entfernt werden muß. Am Montag wollen die behandelnden Mediziner demnach über das weitere Vorgehen entscheiden. Die Städtischen Kliniken Kassel hatten den "Kunstfehler" eingeräumt. Ursachen seien ein Fehler im Operationsplan sowie das "nicht nachvollziehbare Vertrauen" aller Beteiligten auf das fehlerfreie Handeln der anderen gewesen. Die Klinik selbst hatte die Staatsanwaltschaft informiert. Diese ermittelt wegen fahrlässiger Körperverletzung. Laut Diagnose war der linke Lungenflügel des Patienten von einem Tumor befallen. Deshalb sollte der Oberlappen dieses Lungenflügels entfernt werden. Statt des linken wurde aber der rechte Lungenflügel für die Operation benannt und der Patient von den Pflegern und Schwestern auch entsprechend gelagert worden. Die beteiligten Ärzte bemerkten nach Angaben der Klinik den Fehler erst, als der gesunde Oberlappen des rechten Lungenflügels bereits herausgeschnitten gewesen sei. Nach Schätzung von Experten gibt es bundesweit etwa 400.000 ärztliche Behandlungsfehler pro Jahr, meist eine verspätete Diagnose oder eine unangemessene Therapie. Derart krasse Kunstfehler bei Operationen wie zuletzt in Kassel sind aber offenbar selten. Nach Auskunft der Schlichtungsstelle bei der Landesärztekammer in Frankfurt in Main hat es in Hessen zuletzt vor zehn Jahren einen vergleichbaren Fall gegeben. Damals sei einer Frau das falsche Bein amputiert worden.
© AFP
141018 Nov 99
Ambulante Pflegekräfte flüchten aus ihrem Beruf. Sie verlieren den Glauben an Sinn und Ethik ihres Tuns. Die Pflege zu Hause ist zur Mangelpflege verkommen. Betreut wird im Minutentakt. Menschliche Zuwendung haben die Krankenkassen aus Kostengründen gestrichen. Mit einem Krankenpfleger in Eppendorf unterwegs.
Ihr Einsatz, Rinne!
Von DARREN KLINGBEIL-BAKSI
Es ist kurz nach acht, ein nassgrauer Dienstagmorgen. Zwei zwanzigminütige Hausbesuche liegen bereits hinter Frank Rinne. Eilig schwingt er sich auf sein Fahrrad, denn seine dritte Patientin wartet darauf, von ihm aus dem Bett geholt zu werden. Frank Rinne, 30 Jahre, arbeitet seit 1995 als gelernter Krankenpfleger. "Aus Überzeugung", sagt er, übe er seinen Beruf aus, den er nach seinem Zivildienst im ehemaligen AK St. Georg erlernte. Wie lange Rinnes Überzeugung noch hält, ist ungewiss. Denn er denkt ans Aufhören: "Wenn ich ein gutes Jobangebot finde, bin ich sofort weg aus der Pflege." Seit vier Jahren arbeitet er für die Sozialstation Eppendorf in der häuslichen Betreuung pflegedürftiger alter Menschen.
Die Sozialstation Eppendorf gehört als ambulanter Pflegedienst zum gemeinnützigen Verein Hamburgische Brücke. Etwa 90 Patienten zwischen Hoheluft und Nedderfeld werden von rund 35 Mitarbeitern in Früh-, Spät- und Wochenenddiensten versorgt. Für die Stationsleitung ist es zunehmend schwierig geworden, das examinierte erfahrene Pflegepersonal zu halten, geschweige denn neue Mitarbeiter zu finden. Allein in den vergangenen Wochen haben drei langjährige Mitarbeiter gekündigt. Sie wandern ab in stationäre Einrichtungen, viele geben den Pflegeberuf ganz auf. Kirsten Arthecker, Leiterin der Sozialstation, weiß warum: "Die Leute sind unzufrieden, sie können ihr Wissen im Pflegealltag nicht mehr umsetzen. Vieles an Pflege rechnen die Kassen einfach nicht ab."
Seit Einführung der Pflegeversicherung 1995 herrscht Konkurrenzdruck unter den mittlerweile fast 400 ambulanten Pflegediensten in Hamburg. Die Krankenkassen haben die Pflegesätze in den vergangenen drei Jahren nicht erhöht, doch die gesetzlichen Auflagen und Ausgaben für die Pflegedienste steigen stetig. Jetzt will die AOK die Pflege-Qualität mit neuen Verträgen verbessern. Aber das bringt für die Pflegebedürftigen so gut wie nichts. "Die Anforderungen an die Strukturqualität einer Einrichtung wurden hochgeschraubt, gleichzeitig aber die Vergütung für die Pflegeleistungen nicht verbessert", kritisiert Kirsten Arthecker. Vorzugsweise schließen die Kassen mit Pflegediensten Verträge ab, die die Kosten sparende "satt-sauber-trocken-Pflege" stillschweigend ausführen. Dabei bleiben Qualität und Menschlichkeit auf der Strecke. Die Pflegedienste, die trotz Geld- und Personalmangels versuchen, den Bedürfnissen ihrer Patienten nachzukommen, kämpfen um ihre Existenz und sparen am Personal: Viele Ungelernte und wenige examinierte Fachkräfte versorgen immer mehr Patienten in immer kürzeren Einsatzzeiten. "Es ist alles sehr knapp kalkuliert, Einsätze erfolgen im Zehn-Minuten-Takt. Da noch von Würde zu sprechen, fällt immer schwerer", stellt die Pflegedienstleiterin fest, "aber um zu überleben, müssen wir die Personalkosten so niedrig wie möglich halten." Die Folge ist: Engagierte Pflegerinnen und Pfleger werfen frustriert das Handtuch, "weil die Fließbandpflege an den Kräften zehrt", sagt der Krankenpfleger Rinne.
Eine aktuelle Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach belegt, dass immer weniger junge Menschen den Altenpflegeberuf erlernen wollen. Die Schülerzahlen sinken, weil das Berufsbild miserabler ist denn je. Die Hälfte der Ausgelernten verlassen den Beruf bereits kurz nach Ausbildungsende, die Aussteigerquote nach nur fünf Berufsjahren liegt bei 82 Prozent. Selbst wenn Pflegedienste es sich leisten, examiniertes Personal einzustellen, "sie finden fast niemanden, der für maximal 4000 Mark brutto im Monat das wachsende Arbeitspensum ertragen will. Was die Fachkräfte verdienen, ist angesichts der Belastungen bitterwenig. Es herrscht Berufsflucht", stellt Kirsten Arthecker fest.
Haken schlagend wie ein Fahrradkurier rast Krankenpfleger Rinne die Hoheluftchaussee hinunter, es beginnt zu nieseln. Er muss noch Brötchen besorgen für Marie B. und für sich, weil er sich das Frühstück mit ihr nicht nehmen lässt. Marie B. ist 87 Jahre alt, bettlägerig, stark altersverwirrt und sehr "schmusebedürftig!", erzählt Frank im Treppenhaus. Sein Dienstplan sieht jetzt 60 Minuten Betreuungszeit vor. "Da muss man improvisieren", sagt der Pfleger und schließt die Wohnungstür auf.
--------------------------------------------------
82 Prozent der examinierten Pfleger steigen nach nur fünf Berufsjahren aus ihrem Job aus. Selbst wenn Pflegedienste es sich leisten, examiniertes Personal einzustellen, finden sie schwer jemanden, der für maximal 4000 Mark brutto im Monat das wachsende Arbeitspensum ertragen will.
--------------------------------------------------
"Morgen Mariechen", begrüßt er sie, beugt sich über das cremefarbene, altmodische Krankenbett und streicht ihr mit der Hand über die Wange. "Morgen, mein Schätzchen", kommt es von der weißhaarigen, verstrubbelten Frau aus den Kopfkissen zurück, sie strahlt ihn an. Meist fällt ihr Franks Name nicht ein. Sie weiß nicht, was er gerade gemacht oder zu ihr gesagt hat, doch sie spürt genau, wie liebevoll er zu ihr ist. Frank schaltet das Radio ein. Dann öffnet er die Klebestreifen der grünen Windelhose, greift unter ihren Rücken und dreht sie aus dem Bett auf die Bettkante. Er zieht ihr das Nachthemd über den Kopf und hebt sie auf den Toilettenstuhl neben dem Bett. In einer Plastikschüssel hat er warmes Wasser aus der Küche geholt. Während er ihr die Haare wäscht, hält sie sich an den Stuhlholmen fest. Sie lacht, als er sie trockenrubbelt. Die Grundpflege muss schnell gehen, wenn noch Zeit zum gemeinsamen Frühstück bleiben soll.
In Hamburg werden rund 22 000 Menschen häuslich versorgt, darunter etwa 7500 psychisch erkrankte, altersverwirrte (demente) Patienten. Ihre Betreuung braucht die meiste Zeit und pflegerische Erfahrung. Die Zahl der Hilfsbedürftigen steigt. Weil die Menschen länger leben, wächst naturgemäß das Risiko, pflegebedürftig zu werden. Hinzu kommt, dass die pflegebedürftigen Patienten länger zu Hause wohnen bleiben als früher. Meist sind es die Hochbetagten, ab 85 Jahren, die in die stationäre Versorgung wechseln. Angesichts dieser Entwicklungen passt es nicht, dass die Zahlungen der Pflegeversicherung so knapp bemessen sind, dass es in der häuslichen Betreuung "für eine menschliche, selbstbestimmte Pflege hinten und vorne nicht reicht", sagt Arthecker. Die Unterversorgung trifft die Demenzerkrankten besonders hart. Für durchschnittlich maximal dreieinhalb Stunden am Tag (Pflegestufe III), verteilt auf vier Einsätze, kommen Pflegekräfte ins Haus, um das pflegerisch Notwendigste zu erledigen. Den langen Rest des Tages bleiben die Kranken sich selbst überlassen, weil häufig auch keine Angehörigen da sind, die sich zusätzlich kümmern. Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland wird sich in den kommenden Jahrzehnten verdoppeln, auf 2,5 Millionen Betroffene im Jahr 2030. Wer wird sie pflegen, wenn kaum jemand Pflege noch professionell erlernen will?
Frank hat die Kerze auf dem Esstisch angezündet. Dass sie morgens brennt, ist Marie B. sehr wichtig. Der strukturierte Tagesablauf, Zuwendung und Ansprache stärken ihren Allgemeinzustand. Als sie einige Minuten tatenlos am Tisch sitzt, steigt Unmut in ihr hoch. "Wo steckt der denn so lange, der Franzos!", faucht sie plötzlich. "Ist denn meine Mutter überhaupt schon da?", grübelt sie weiter. Der "Franzos" kommt glücklicherweise gerade aus der Küche, stellt ihr Kaffee, ein gekochtes Ei und das marmeladenbestrichene Brötchen auf den Tisch. "Franzos" benutzt sie als Schimpfwort, sagt Frank: "Das ist bei ihr noch aus der Besatzungszeit hängen geblieben." Den duftenden Kaffee einatmend, weicht der Unmut aus ihrem Gesicht. Ruhig wird es am Frühstückstisch. Beide kauen an ihren Brötchen, laut schlürft Marie ihren Kaffee. "Ich bin sehr für Kaffee", meint sie und strahlt wieder in Franks Richtung - die 60 Minuten sind längst überzogen.
9.30 Uhr ist es, als Frank die Wohnungstür zum vierten Einsatz öffnet. Sieglinde S., 88 Jahre, ist in ihrem Rollstuhl bereits ins Badezimmer gefahren. "Frank, ich bin klitschnass!", ruft sie ihm entgegen. Nach einem Beinbruch sitzt sie im Rollstuhl, kommt nicht mehr auf die Beine, ist zuckerkrank und depressiv. Frank befreit sie von der uringetränkten Windelhose und setzt sie auf die Toilette. Im Wohnzimmer flimmert eine RTL-Talkshow lautlos ins Zimmer. Bald darauf sitzt Sieglinde S. gewaschen und angezogen wieder im Rollstuhl.
"Frank ist sehr gefällig, er bemüht sich", sagt sie und schiebt hinterher: "Richtig laufen werd ich wohl nie wieder können". Frank schlägt vor, sie für ein paar Schritte am Gehwagen im Hausflur zu begleiten. Das Angebot freut sie, denn die wenigsten Pflegekräfte laufen mit ihr, "weil die doch nie Zeit dafür haben", sagt sie. So ist ihre Gehschwäche mittlerweile chronisch geworden.
Manchmal nimmt Frank sie im Rollstuhl mit zum Einkaufen oder bringt sie zum Friseur, dann müssen aber andere Dinge schneller erledigt oder verschoben werden - denn die Pflegekasse von Frau S. bewilligt keine Ausfahrten mit dem Pflegepersonal. Alle vierzehn Tage zahlt ihr das Sozialamt eine Ausfahrt mit dem Zivi. Für weitere Ausfahrten müsste sie selbst bezahlen, doch das kann sich Frau S. nicht leisten.
Den Pflegebedarf eines Kranken ermitteln und bewilligen die Krankenkassen in Form so genannter "Leistungskomplexe" (LKs). Penibel legen diese LKs fest, welche pflegerischen Tätigkeiten beim Patienten durchgeführt werden dürfen, und nur diese kann der Pflegedienst mit der Kasse abrechnen. Psychsoziale Betreuung wie Ausfahrten, Vorlesen oder Gespräche sehen die LKs nicht vor. Diese wichtige Seite der Betreuung müssen die Betroffenen selbst bezahlen - wenn sie es können. Bei Bedürftigen übernimmt in begrenztem Umfang das Sozialamt die Kosten für die psychosoziale Betreuung. Aber der Bedarf ist hier viel größer, als dass er durch die Sozialhilfe gedeckt wäre.
Kirsten Arthecker: "Das Modell der LKs gehört in die Tonne! Es ist ein absurdes System. Zur Pflege gehört mehr, als nur nach Checkliste zu arbeiten. Bürokratie und Auflagenzwang zerlegen die Pflege in Häppchen."
Nach zwei weiteren Einsätzen setzt Frank sich zu einer Pause in ein Café. Warum er oft mehr mache, als der Dienstplan vorsehe? "Weil sonst die Menschlichkeit ganz auf der Strecke bleibt", antwortet er. Aber die Sparpolitik der Kassen schlage sich allmählich auch in der Arbeitsauffassung vieler Mitarbeiter nieder, bemerkt er. Einige Kollegen machten nicht mehr als notwendig, weil man als Pfleger für seine Arbeit keine Anerkennung erfahre, außer von den Patienten und manchmal von deren Angehörigen vielleicht.
Dann erzählt er von befreundeten Kollegen, die bereits gekündigt hätten und jetzt viel besser verdienten. Im Moment halte auch ihn nur das besondere Verhältnis zu Marie B. noch in der Pflege, sagt Frank Rinne: "Ich spiele in letzter Zeit oft mit dem Gedanken aufzuhören, weil es einfach keinen Spaß mehr macht. Das ist nur noch Elendsverwaltung, was wir hier machen."
was sagt uns das?
cu