In meiner - nur ein Jahr währenden - Zeit als Aufsichtsratsmitglied in einem mittelgroßen regional tätigen Krankenhauskonzern habe ich die Diskussion um Ergebnisabführungsverträge und ihre Konsequenzen sowohl mit der Geschäftsführung, den Eigentümern als auch den Wirtschaftsprüfern ausgiebig diskutiert. Zunächst einmal sind es keine GEWINNabführungsverträge, denn das wirkt in beide Richtungen! Wenn die Tochter Gewinne macht, gehen diese automatisch vollständig an die Mutter. Verluste auch!
Und für die Frage, ob das Sinn macht, gibt es zwei wesentliche Komponenten: Steuern und Kosten. Vor allem die Steuern! Hat die Mutter Verlustvorträge und die Tochter macht Gewinn, kann man die Verlustvorträge mit einem EAV nutzen und Steuern sparen. Umgekehrt auch. Macht die Tochter Verluste und die Mutter Gewinne, spart man so Steuern.
Kosten kann man sparen, wenn die Tochter dauerhaft Verluste macht und man sich die ewigen Einlagen (in die Rücklagen) sparen will, um die Insolvenz der Tochter zu verhindern. Ist also neben Kostenersparnis eher auch eine Frage der Bequemlichkeit.
Das ganz entscheidende RISIKO bei EAVs ist, dass man sie nicht einfach so wieder beenden kann, wenn man möchte. Man kann das nicht im Jahresrhythmus hin- und herändern. Und wenn nun eine Wirtschaftskrise heranrollt und die Tochter oder gar mehrere Töchter ins Schlingern geraten, schlägt das voll auf die Mutter durch - die dann ggf. selbst in Probleme kommt und auf einmal vielleicht sogar eigenen Kapitalbedarf hat. Das ist dann das Hiob-Szenario und das muss man sich bei einem EAV vorher (!) gut überlegen.
Bzgl. Rocket Internet und seiner Töchter ist es doch so, dass man vor allem mit kleineren Töchtern EAVs abgeschlossen hat. Die verbrennen alle Geld, aber vor allem für Personal und Marketing. Das kann man ggf. schnell reduzieren, wenn es wirklich nötig ist. Der Sinn hinter den EAVs ist, dass Rocket Internet einerseits auf viel Geld sitzt und daher die Verluste der Töchter "locker" wegstecken kann (müsste man ja eh über permanentes Geldnachschießen), und RI selbst durch die vielen IPOS und Beteiligungsverkäufe hohe Gewinne macht - durch die direkte Verrechnung mit den Verlusten der Töchter senkt man also den eigenen Gewinn (ein bisschen) und somit die Steuerbelastung.
Das hat RI vor allem bei Töchtern gemacht, wo man auf absehbare Zeit selbst Herr im Hause bleiben will. Wo man nur beteiligt ist, auch mehrheitlich, und wo man weitere große Finanzierungsrunden (auch) mit externen Geldgebern anstrebt, machen EAVs natürlich keinen Sinn.