Negative Vitaminspuren in der Bilanz
Schwerer Schlag für BASF. Belegschaft besorgt. Merck akzeptiert Strafe.
Der Brüsseler Wettbewerbskommissar Mario Monti hat mit seiner schweren Kartellkeule gegen acht Hersteller von Vitaminpräparaten härter zugeschlagen als erwartet.
Die Schweizer Firma Hoffmann-La Roche und der Ludwigshafener Chemieriese BASF werden als "Anführer und Anstifter" des Vitaminkartells besonders zur Kasse gebeten. Auf beide Konzerne entfallen allein 89 Prozent der Rekordbuße.
Gewinne eingebrochen
Für den weltgrößten Chemiekonzern BASF, der allein einen Anteil von knapp 50 Prozent am globalen Vitaminmarkt beherrscht, ist die höchste Strafe in der Geschichte der Kommission ein besonders schwerer Schlag.
Angesichts der weltweiten Konjunkturflaute in der Chemie sind die Gewinne der Ludwigshafener ohnehin in diesem Jahr eingebrochen. In den USA nahmen die Verluste sogar deutlich zu.
Vitaminskandal in den USA
Über ein Jahrzehnt wurden allein in den USA überhöhte Preise für künstlich hergestellte Vitamine genommen. Der Leiter der Wettbewerbsbehörde im US-Justizministerium, Joel Klein, hatte dies sogar noch schärfer angeprangert als sein europäischer Kollege.
"Das Vitaminkartell ist die am meisten verbreitete und schädlichste kriminelle Kartellverschwörung, die jemals aufgedeckt wurde", so Klein.
Wie ein Schock
Bereits die 99er BASF-Bilanz war entscheidend von dem Vitaminskandal in den USA geprägt. Er belastete das Jahresergebnis mit 700 Mio. Euro (9,6 Mrd. S).
Wie ein Schock kam nun in dieser Woche die Nachricht aus Brüssel. "Wir haben diese Höhe nicht erwartet", war die erste BASF-Reaktion auf die Hiobsbotschaft von Monti.
Kein Geld für Strafen
Die Rückstellungen reichen nicht aus, um die Rekordstrafe zu begleichen. Deshalb dürfte das ohnehin gedrückte Ergebnis nochmals belastet werden. Auch in der Dividende für 2001 können sich noch negative Vitaminspuren auswirken.
Chance auf Revision?
Nun werden die Juristen unter Hochdruck prüfen, ob mit einer Klage beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zumindest die Chance besteht, die Höhe des Bußgeldes zu drücken.
In spätestens zwei Monaten muss der BASF-Vorstand entscheiden, ob er Rechtsmittel gegen die Brüsseler Entscheidung einlegen wird.
Verhandlungen mit geschädigten Kunden
Dies ist allerdings nicht die einzige Front, die noch zu begradigen ist. In den USA, Kanada, Australien und Neuseeland laufen noch Vergleichsverhandlungen mit geschädigten Kunden.
Wer zahlt die Zeche?
Höchste Alarmstufe besteht auch für die besorgte BASF-Belegschaft. Nach den schlechten Neun-Monats-Ergebnissen und düsteren Aussichten war schon klar, dass über den bereits beschlossenen Personalabbau von 4.000 Stellen hinaus weitere Arbeitsplätze wegfallen.
Nun befürchten Arbeitnehmervertreter zusätzlichen Druck auf das Personal. Der Betriebsratsvorsitzende Robert Oswald ist deshalb schon in Stellung gegangen. "Egal welche Summe es ist: Es kann nicht dazu führen, dass die Mitarbeiter die Zeche zahlen."
Merck: "Nicht überrascht"
Der Darmstädter Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck akzeptiert nach eigenen Angaben die Geldbuße. "Wir waren nicht überrascht und akzeptieren die Entscheidung", sagte ein Merck-Sprecher der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch.
Nur rund ein Prozent (9,24 Mio. Euro/127 Mio. S) der gesamten Geldbuße entfalle auf Merck, sagte der Sprecher weiter. Dies ergebe ein realistisches Bild, da sich bei Merck die Beanstandungen nur auf die Vitamin-C-Produkte bezogen hätten.