Profis glauben an den Neuen Markt
"Segment nicht tot" / Alte Höchststände gelten
jedoch auch langfristig als kaum mehr erreichbar
Frankfurt - Trotz der dramatischen Kurseinbrüche am Neuen Markt sehen die dort agierenden institutionellen Investoren das Segment nicht am Ende. Mittelfristig prognostizieren sie einen Aufschwung für den Bereich, Die Höchststände vom Frühjahr 2000 dürften allerdings auf absehbare Zeit nicht mehr erreichbar sein.
Von Thiemo Heeg SZ/28.09.01
Karl Fickel ist sich sicher:"Ein Zuwachs von 100 Prozent am Neuen Markt, das wird schneller gehen, als die meisten glauben," In sechs Monaten sieht der in den Boomphasen zu den Stars des Segments zählende Fondsmanager den Nemax-Sammelindex bei 1000 Punkten, in einem Jahr bei 1500 Zählern und in fünf
Jahren bei 3500 bis 4000 Punkten. Fickels einfache Rechnung: Aktien "normaler" Märkte, wie etwa die Dax-Titel, legten in der Vergangenheit rund zehn Prozent pro Jahr zu - da sollten bei "Wachstums" -Werten doch 15 bis 20 Prozent durchaus drin sein.
Nun sind die Zeiten derzeit alles andere als normal. So konstatiert die größte
deutsche Fondsgesellschaft DWS, dass in dem Frankfurter Segment "
rationales Handeln in den Hintergrund gerückt" sei. Aus diesem Grund
weigert sich die Tochter der Deutschen Bank auch beharrlich, Indexprognosen
abzugeben. Aktuell hänge vieles einfach von der konjunkturellen und vor allem
der politischen Entwicklung ab. Auf jeden Fall habe es seit den Anschlägen in
Amerika schon eine "gewisse Panik" gegeben, stellt ein Sprecher fest. Als Konsequenz sei die Kaufseite praktisch weggebrochen. Die Folge: Bereits kleine Verkaufsorders bringen die Kurse ins Trudeln. Darauf deutet auch hin, dass die Handelsvolumina am Neuen Markt in den vergangenen Tagen relativ klein
waren. der herrschenden Unsicherheit rechnet nicht nur Lupus-alpha-Manager Fickel damit, dass sich die NM-Titel in der nahen Zukunft wieder kräftig erholen können. Michael Fraikin von Invesco geht davon aus, dass der Sammelindex in einem halben Jahr die Marke von 1000 Punkten überschreiten kann. Auf Jahresfrist sieht er das Börsenbarometer bei 1500 Punkten, in fünf Jahren bei 3000.
Fonds | WKN¹ | Fondsgesellschaft | Wertentwicklung s. 2.1.01² | Wertentwicklung s. 26.9.00³ |
---|---|---|---|---|
Neue Märkte Inka | 512 203 | Int. Kapitalanlagegesellschaft | -61,63 | -71,99 |
Pulsiv Neue Märkte Inka | 515 208 | Int. Kapitalanlagegesellschaft | -73,78 | -85,67 |
MMWI-Newmarkt.Fonds | 515360 | Warburg Invest Kapitalges. | -69,71 | -80,19 |
DAB Nemax Fonds | 577 977 | DAB Adviser 1 SICAV Fund | -55,53 | - |
UBS (Lux) Equity Fund -NM | 930 451 | UBS Fund Service | -67,32 | -79,76 |
Nestor Europa Neue Märkte | 933 451 | Nestor Investm. Management | -77,48 | -85,37 |
CB Fund Neuer Markt L | 933 614 | Adig | -67,27 | -83,04 |
Consors Nemax 50 | 935 617 | Franken-Invest | -73,11 | -86,39 |
Bayern LB NeueMärkte Fond (AL) | 937 429 | Bayern LB | -68,90 | -82,00 |
Deutsche Postbank Dynamik NM | 937 474 | Deutsche Postbank | -63,73 | -74,65 |
Capital Inv. Dynamic Europe Stock | 937 538 | Capital Invest | -66,38 | -80,00 |
CS Equity Fund (Lux) - Global NM | 938 866 | Credit Suisse | -55,60 | -75,33 |
DWS Neuer Markt Deutschland | 940 506 | DWS | -64,45 | - |
SKAG Neue Märkt Welt | 977 265 | Siemens Kapitalanlageges. | -67,53 | -81,05 |
Delbrück Neue Märkt Europa Inka | 979 476 | Int. Kapitalgesellschaft | -67,53 | -81,05 |
DWS New Markets Typ O | 984 805 | DWS | -64,45 | - |
VMR-Fund Neuer Markt Europe | 989 320 | VMR Fund | -55,40 | -70,64 |
VMR-Fund Strategie Quadrat | 987 581 | VMR Fund | -75,26 | -86,51 |
H & A Lux DAC Neuer-Markt-Fonds | 933 806 | Hauck & Aufhäuser Investment | -82,56 | -89,29 |
Santander Europa Aktien Spezial | 939 920 | Santander Deutschland | -77,58 | -83,89 |
Oppenheimer Neue Märkte | 589 854 | Oppenheimer | -71,96 | -84,99 |
SEB Invest Neue Märkte | 989 941 | SEB Luxinvest | -51,63 | -69,00 |
Uni Neue Märkte T | 988 567 | Union S.A. | -78,15 | -88,41 |
Lupus alpha Neue Märkte | 589 854 | Lupus alpha Investment S.A. | -51,953 | - |
DIT-Neue Märkte Europa | 978 476 | DIT | -71,94 | - |
DWS Euroland Neue Märkte | 988 009 | DWS | -72,32 | -84,10 |
JB Multistock-Special German Stock FundA | 986 011 | Julius Bär | -67,68 | -81,30 |
JB - Creative Fonds | 978 500 | Julius Bär | -77,29 | -86,00 |
Stichtag:26.09.2001 - 1)Werpapierkenn-Nummer; 2) in
Prozent; 3) seit 6 Monaten
Quellen: Thomson Financial Datastream, Bundesverband Deutscher
Investmentgesellschaften, Onvista.de
Hohe Cash-Quoten
Selbst wenn diese auf den ersten Blick optimistische Voraussage eintrifft, bietet sie für die Hausse-Käufer des vergangenen Jahres wenig Trost. Anleger, die zu den Höchstständen im Frühjahr2000 eingestiegen sind, müssen sich klar machen, dass sie damit auch auf lange Frist nicht mehr hoffen können, ihre Einstandspreise wieder zu erreichen. Dazu müssten sich die Kurse auf der Basis der prognostizierten Fünf-Jahres-Entwicklung nochmals unterm Strich verdreifachen. Selbst wenn der vorausgesagte mittelfristige Aufschwung in den darauf folgenden fünf Jahren anhält, wäre in einem Jahrzehnt erst ein Niveau von zwei Dritteln der 2000-er Höchststände erreicht.
Dafür bieten sich aktuell nach Ansicht der Profi-Anleger gute Einstiegsmöglichkeiten. Fraikin etwa nennt den Markt "massiv unterbewertet". Erst bei 1500 Zählern sei ein Teil dieser Unterbewertung wieder wettgemacht, glaubt der Invesco-Mann. Beim Fondsanbieter Union-Investment spricht man ebenfalls von übermäßig negativen Übertreibungen, zeigt jedoch auch Verständnis für die Panik-Verkäufer: Manche Anleger hätten sich schon deshalb von ihren Aktienbeständen getrennt, um "wieder gut schlafen zu können", weiß Fondsmanager Ronny Ruchay.
Dennoch nehmen die Profi-Anleger das Segment in Schutz. Von einem von Pessimisten prognostizierten "Tod" des Bereichs wollen sie nichts wissen: "Das ist hochgradiger Schwachsinn", erregt sich Fickel. Vielmehr wird auf dessen volkswirtschaftliche Bedeutung verwiesen und die Bedeutung des Marktes als Beschaffer von Wagniskapital gelobt. Auch wenn aktuell kaum mehr ein Unternehmen an die Börse und vor allem nicht an den Neuen Markt gehen will: Mit einem Konjunkturaufschwung wird sich diese Enthaltung wieder legen, glauben die
Fachleute. Freilich hegt mancher leise Zweifel, ob der Neue Markt dann noch in
seiner heutigen Form existiert. Schließlich sei der Markenname inzwischen
negativ belegt. Fickel sieht es lediglich als wichtig an, dass weiterhin eine
Finanzierungsplattform für Wachstumsunternehmen in Europa existiert.
Für die Anlageentscheidungen der Profis bedeutet dies, dass die Aktienauswahl einen immer höheren Stellenwert gewinnt. Invesco-Manager Fraikin sieht nur etwa ein Drittel der am Neuen Markt vertretenen Aktien als " attraktiv bis sehr
attraktiv" an. Andere Kollegen rechnen damit, dass ein weiteres Drittel
bald ausscheidet, also entweder übernommen wird oder Insolvenz anmelden muss.
Dementsprechend nehmen die Institutionellen ihre Papiere genau unter die Lupe.
Fraikin und seine Kollegen treffen sich zu diesem Zweck Jahr für Jahr mit rund
1000 Unternehmensvorständen. Dass aber auch NM-Fondsmanager trotz aller
Profi-Instrumente unsicher sind, beweist die teilweise sehr hohe Kassenhaltung
in manchen Portfolios. Beim New-Markets-Fonds der DWS wird derzeit etwa ein
Fünftel in Cash gehalten, Mit solch hohen Anteilen versuchen die Institutionellen zum einen, Verluste zu vermeiden (wer nicht investiert ist,
kann auch nichts verlieren), zum anderen sich günstige Einstiegsmöglichkeiten
offen zu halten.
Fraikin
und Fickel vertreten dagegen die Ansicht, dass der Anleger das haben wolle,
wofür der Fonds steht. "Der Kunde muss selbst entscheiden, wie viel Neuer
Markt er möchte", sagt Fraikin. Im Klartext heißt das, die
Privatinvestoren selbst für ihre Verluste verantwortlich zu machen. Diese
Argumentation ist in gewissen Grenzen nachvollziehbar. Keinem noch so guten
Fondsmanager wird es gelingen, sich gegen einen Markttrend zu stemmen und bei
Durchschnittsabschlägen von mehr als 80 Prozent binnen eines Jahres eine
positive Fondsentwicklung herauszuholen. Marktexperten verweisen allerdings
darauf, dass viele Anleger in der Boomphase unbedarft gekauft haben - im guten
Glauben, der Manager werde es schon richten. Dieser Glaube ist heute selbst bei
optimistischen Prognosen weniger denn je angebracht.
Grüße an alle die es bis hierher geschafft haben!