Frecher Griff in die Kasse
Was für ein Husarenstück: Ein Cashwert wird ungeniert ausgeschlachtet,
und jetzt erklärt sich auch plausibel der desaströse Chartverlauf der
Plasmaselect AG seit Anfang dieses Jahres: Für die Wahnsinnssumme
von insgesamt 40 Mio. EUR (7,25 Mio. Aktien plus ca. 20 Mio. EUR
Cash – für den Rest gibt es ein Verkäuferdarlehen!) erwirbt das Unternehmen
eine läppische 30%-Beteiligung an der Gesellschaft Aquaworx
AG. Die ist natürlich in einem ganz tollen Zukunftsmark tätig (Desinfektion
und Filtration von Wasser) und wird irgendwann mal dreistellige
Mio.-Umsätze erwirtschaften – sagt die Prognose eines Research-Unternehmens!
Unnötig zu erwähnen, dass es sich um einen Startup handelt,
der sich erst noch beweisen muss.
Was hätte sich wohl bei einem Börsengang für eine Bewertung
ergeben? Doch nicht ernsthaft eine Marktkapitalisierung von 130
Mio. EUR? Aber wozu sollte man auch einen Börsengang anvisieren,
wenn man als mittelbarer Gesellschafter von Aquawork (plus die eigene
Familie) auch Gesellschafter und Vorstand von Plasmaselect ist… Schon
vor fünf Jahren gab es einen ähnlichen Fall: Plasmaselect schluckte eine
Firma namens RenaSelect, die 2006 sang- und klanglos unterging. Auch
damals war der Bruder des CEO beteiligt. Viel mehr muss man eigentlich
nicht wissen. Das ist wirklich das Allerletzte – SdK, bitte übernehmen!
und zum gleichen Geschäft eine andere Stimme:
Familiengeschäfte bei Plasma
08.06.2008 Ausgabe 23/08
TOBIAS MEISTER
Neben dem tropischen Wetter erhitzte ein besonderes Thema die Gemüter in Frankfurt: Der Einstieg von Plasmaselect ins Wassergeschäft. Rückblick: Im Jahr Mai 2003 erwarb die Medizintechnikfirma den Hersteller von Dialysefasern, Renaselect, gegen Ausgabe von 2,1 Millionen Aktien. Zudem gab es eine Barkomponente, über die Stillschweigen vereinbart wurde. Bisheriger Eigentümer war zu 25 Prozent der Bruder des Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Riggers. Damals gingen die Riggers davon aus, dass Renaselect schon 2004 ein positives Bruttogewinn (Ebitda) abliefern werde. Doch es kam nie zu den erwarteten Millionengewinnen. 2006 wurde Renaselect abgeschrieben, da es Subventionsrückforderungen aus der Zeit vor dem Erwerb durch Plasmaselect gab. Die 25,1 Millionen Euro Verlust mussten dann die Plasmaselect-Aktionäre verkraften.
Jetzt, nur zwei Jahre später, geht das Spiel von vorn los. Die Riggers Holding, an der neben dem Plasmaselect-Vorstandschef auch der Bruder mit seiner gesamten Familie beteiligt ist, hält über 90 Prozent an der Firma Aquaworx. 30 Prozent von Aquaworx werden nun für rund 40 Millionen Euro verkauft. An wen? Natürlich an Plasmaselect. Um die Mehrheit zu erwerben, kann Plasma in den kommenden drei Jahren weitere 20 Prozent für maximal 85 Milllionen Euro erwerben. Natürlich sind auch in diesem Fall die Aussichten für das neue Investment wieder spitze - ganau wie damals bei Renaselect. Das Researchunternehmen Frost & Sullivan prognostiziert Aquaworx für 2010 ein Umsatzpotzenzial von 75,6 Millionen Euro. Von Plasmaselect selbst gibt es keine Planung.
Dem Betrachter stellen sich mehrere Fragen: Warum verkauft die Holding Anteile an der Aquaworx, wenn die Aussichten so gut sind? Aktionäre sollten sich zudem fragen: Warum besetzen neben dem Vorstandschef noch zwei Aufsichtsräte aus der Familie Riggers den Aufsichtsrat? Man will der Familie ja nichts Schlechtes unterstellen. Nach dem Chaos bei Renaselect ist ein weiteres "familiennahes Geschäft" aber mit großen Fragezeichen zu versehen. Und es wür- de einen nicht wundern, wenn Plasmaselect-Aktionäre wieder die Zeche zahlen müssen.