Problem Zyprexa
Vorwürfe gegen Eli Lilly
Sonntag, 17. Dezember 2006
Der US-Pharmariese Eli Lilly hat einem Zeitungsbericht zufolge über Jahre hinweg wissentlich Gesundheitsrisiken durch die Einnahme seines wichtigsten Verkaufsschlagers Zyprexa heruntergespielt. Manager des Unternehmens hätten Ärzten wichtige Informationen vorenthalten, die einen Zusammenhang zwischen dem Medikament zur Behandlung von Schizophrenie einerseits und dem Auftreten der beiden Diabetes-Risikofaktoren Fettleibigkeit und erhöhter Blutzucker andererseits herstellten, hieß es in einem Bericht der "New York Times". Das Blatt stützte sich auf hunderte interne Lilly-Dokumente und Emails. Die "Times" bekam diese von einem Anwalt zugespielt, der geisteskranke Patienten in einem Rechtsstreit vertritt.
Aus den Dokumenten, die den Zeitraum 1995 bis 2004 abdecken, geht dem Bericht zufolge hervor, dass Eli Lilly Daten vorlagen, wonach 30 Prozent der Zyprexa-Patienten umgerechnet mindestens etwa zehn Kilogramm zunahmen nachdem sie mit dem Medikament ein Jahr lang behandelt wurden. Einige Patienten hätten sogar mehr als 45 Kilogramm zugelegt. Das Unternehmen habe seine Vertriebsmitarbeiter angewiesen, diese Erkenntnisse in Gesprächen mit Ärzten herunterzuspielen.
Die Dokumente legen der "Times" zufolge nahe, dass Eli Lilly bereits ab 1999 einen Absatzeinbruch befürchtete, falls die Risiken offen angesprochen werden sollten. Allein im vergangenen Jahr brachte Zyprexa dem Konzern Erlöse in Höhe von 4,2 Milliarden Dollar ein. Das Medikament, das weltweit etwa zwei Millionen Menschen nehmen, ist damit Eli Lillys mit Abstand größter Umsatzbringer.
Das Unternehmen wies in einer schriftlichen Stellungnahme zu den Dokumenten den Vorwurf zurück, dass durch Zyprexa eher Diabetes verursacht werden könne als durch die Einnahme anderer verbreiteter Schizophrenie-Mittel. Eli Lilly betonte ferner, dass Zyprexa ein sicheres Medikament sei. Die in dem Bericht zitierten Dokumente seien aus dem Zusammenhang gerissen. Zudem sei ihre Veröffentlichung illegal. Unterm Strich gebe es keinen wissenschaftlichen Beweis dafür, dass Zyprexa Diabetes verursache, teilte der Konzern der "Times" mit.
Die Probleme mit Zyprexa sind seit längerem bekannt. Hier einige weitere Informationen dazu vom American Friends Service Committee:
Zyprexa: Ein Rezept für Diabetes, Krankheit und frühen Tod
In der Zyprexa-Gruppe gab es 20 Todesfälle, darunter 12 Selbstmorde. Es ist skandalös, dass die wissenschaftliche Literatur diese Todesfälle jedoch gar nicht erwähnt. Auch in den Berichten über Ergebnisse aus Studien zu anderen Atypischen Neuroleptika wurden Todesfälle verschwiegen. Die Zulassung dieser Medikamente durch die amerikanische Arzneimittelbehörde Federal Drug Association (FDA) ist empörend, denn diese Todesfälle traten in den Studien schon nach sehr kurzer Zeit auf.
Am 8. Juni 2005 gab das Pharmaunternehmen Eli Lilly & Co. bekannt, man habe sich auf 690 Millionen Dollar Schadensersatz geeinigt zur Beilegung von rund 8000 Klagen vor Gericht, eingereicht von Menschen, die bei der Einnahme des Neuroleptikums Zyprexa Gewichtszunahme, Diabetes, andere Stoffwechselstörungen und Todesfälle beobachtet hatten.
Zyprexa, Lillys meistverkauftes Medikament, wird zur Behandlung von Schizophrenie und zur kurzzeitigen Therapie manischer Phasen bei einer bipolaren Störung eingesetzt. 2500 weitere Kläger weigerten sich, der Einigung mit Lilly zuzustimmen, vermutlich, weil sie den Betrag, den jeder Kläger erhalten sollte, durchschnittlich 62.500 Dollar, für zu gering hielten als Entschädigung für die durch Zyprexa erlittenen Schmerzen und Qualen.
Am 21. Juli veröffentlichte Eli Lilly seine Bilanz für das zweite Quartal 2005, aus der hervorging, dass man zur Deckung der aus diesen Klagen erwachsenen Verbindlichkeiten 1,07 Milliarden Dollar bereitgestellt hatte, 380 Millionen Dollar mehr als der Betrag, auf den man sich mit den Klägern geeinigt hatte. Diese zusätzliche Summe war zur Deckung der Verbindlichkeiten und Anwaltskosten aus jenen 2500 Klagen gedacht, wo es zu keiner Einigung gekommen war [Bericht auf Forbes.com, Ausgabe 21.7.2005]. Da die Meldungen über die außergerichtliche Einigung möglicherweise zu weiteren Schadensersatzklagen führen, kann es durchaus sein, dass Eli Lilly mehr Geld aufwenden muss, als diese vorgesehenen 1,07 Milliarden Dollar.
Seit seiner Markteinführung 1996 haben Eli Lilly zufolge etwa 17 Millionen Menschen in 86 Ländern Zyprexa eingenommen. Es ist zwar nicht möglich, die genaue Zahl der Opfer des Medikaments zu ermitteln, doch lässt sich mit Gewissheit sagen, dass Zyprexa bei Millionen von Patienten zu Diabetes und anderen Krankheiten geführt hat, und dass Zehntausende daran gestorben sind oder vorzeitig sterben werden.
http://www.thestreetspirit.org/August2005/zyprexa.htmGruß + Stöffen