Optimisten schwitzen (Heiko Thiem i.d. FAZ)

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Optimisten schwitzen (Heiko Thiem i.d. FAZ)

 
25.06.02 09:45
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24.06.2002
Optimisten schwitzen
Das einzig Positive der vergangenen Woche war vielleicht nicht nur für Sportsfreunde der Einzug der Deutschen Nationalmannschaft bei der Fußballweltmeisterschaft ins Halbfinale. Trotz der Eins-zu-Null Niederlage konnte auch die amerikanische Mannschaft mehr als zufrieden sein. Erstmals in über 70 Jahren war sie wieder ins Viertelfinale vorgedrungen. Zuletzt war dies 1930 der Fall, als die Welt mit der größten Wirtschaftskrise der Neuzeit konfrontiert war. Wall Street hatte damals im Jahr zuvor eine mehrjährige Hausse beendet. Ende Oktober 1929 kam es zum berüchtigten Crash, der eine Baisse einleitete, die fast drei Jahre dauerte. Ein beängstigender Vergleich mag sich hier aufdrängen. Der mehrjährige Rekordaufschwung an der Börse endete kurz nach der Jahrtausendwende. Seitdem befindet sich nicht nur Wall Street in einem Abwärtstrend, den es in dieser Form seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hat. Der Freiverkehrsmarkt weist mit Verlusten von über 70 Prozent den größten Rückgang in seiner 31jährigen Geschichte auf. In Deutschland ist der Neue Markt dem Erdboden gleichgemacht worden. Auch der Dax hat fast die Hälfte seiner Bewertung seit dem Frühjahr 2000 abgegeben. Beim Dow Jones-Index sieht es nicht ganz so vernichtend aus. Hier übersteigt der Verlust seit Januar 2000 „nur“ die 20-Prozent-Marke.

Trotz eines vielversprechenden Starts – am vergangenen Montag gab es mit über 200 Punkten beim Dow Jones-Index den besten Tagesanstieg in diesem Quartal – dominierte im weiteren Wochenverlauf der schon seit Monaten vorherrschende Verkaufsdruck. Allerdings war von Hektik auf dem Börsenparkett bis zum Freitag kaum etwas zu verspüren. Die Tagesumsätze lagen deutlich unter dem bisherigen Jahresdurchschnitt. Erst als die Hexen dann am Freitag zu ihrem vierteljährlichen Tanz einluden, stiegen die Umsätze mit 1,8 Milliarden gehandelten Aktien fast 30 Prozent über den Tagesdurchschnitt. Alle Vierteljahre verfallen jeweils am dritten Freitag in März, Juni, September und Dezember drei Zeitkontrakte, die wegen der damit verbundenen Arbitrage zu größeren Kursauschlägen und höheren Umsätzen beitragen.
Die sportliche Leistung der Fußballer wurde am Freitag auf dem Börsenparkett weder in Deutschland noch an Wall Street beklatscht. Sowohl der Dax als auch der Dow Jones schlossen im Minus. Der Abwärtstrend beim Dow Jones-Index hält damit bereits volle fünf Wochen an und bringt Optimisten arg ins Schwitzen. Der Dow Jones-Index-Schlußstand von knapp 9254 ist das niedrigste Niveau in diesem Jahr. Der Standard & Poor’s 500-Index schloß sogar erstmals seit vergangenem September wieder unter der 1000-Marke. Noch dramatischer sind die Verluste bei den 100 größten Werten im Freiverkehrsmarkt. Hier liegt der Nasdaq 100-Index wieder auf dem Niveau von Anfang 1998. Der anschließende atemberaubende Aufwärtstrend um die Jahrtausendwende ist damit wieder vollkommen verpufft. Die Desillusion unter Anlegern erreicht inzwischen auch emotionelle Tiefen. Wer es jetzt wagt, von einer möglichen Sommerrallye zu sprechen, findet kaum Gehör und läuft Gefahr als Schwätzer abgetan zu werden. Leerverkäufe stehen auf einem Rekordhoch. Dies ist ein Zeichen dafür, daß auch Profis auf weiterhin fallende Kurse setzen. Selten hat die Mehrheit jedoch Recht. Gewinnwarnungen sind in diesem Quartal deutlich geringer, als in den vergangenen zwölf Monaten. Seit Ende vergangenen Jahres befindet sich die US-Wirtschaft wieder in einem Aufwärtstrend. Das Wachstum dürfte im zweiten Halbjahr die Drei-Prozent-Marke erreichen, während die Unternehmensgewinne bis zum Jahresende über 20 Prozent zulegen können.
Der Notenbankrat, der am Dienstag und Mittwoch zu seiner halbjährlichen Sitzung zusammentritt, wird die Leitzinsen unverändert lassen, um das angeschlagene Vertrauen der Börsianer nicht noch zusätzlich zu belasten. Die Priorität der Währungshüter liegt darin, den Wirtschaftsaufschwung zu fördern, da keine Inflationsgefahr erkennbar ist. Die Dollarschwäche in diesem Quartal hilft US-Unternehmen bei ihren ausländischen Gewinnen. Während das Fußballfieber in Deutschland bis zum Wochenende sicherlich noch anhalten wird, kann Wall Street bereits in dieser Woche die Basis für eine Sommerrallye setzen. Schwitzen gehört jedoch nicht nur wegen der hohen Außentemperaturen dazu.

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Bitte nicht zu ernst nehmen unseren Bullen-Heiko

 
#2
Obwohl: Auch blinde Hühner finden mal ein Korn. ;-)  


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