Donnerstag, 12. September 2002
France Telecom steigt aus
MobilCom vor dem Ende
Der Verwaltungsrat von France Telecom hat sich am Donnerstagabend gegen eine Fortsetzung des Engagements bei MobilCom ausgesprochen. Das verlautete aus Gewerkschaftskreisen. Das Mobilfunkunternehmen steht damit vor der Insolvenz. Gleichzeitig ist France Telecom-Vorstandschef Michel Bon von seinem Amt zurückgetreten.
Wie es heißt, sei die Entscheidung für einen Ausstieg aus dem MobilCom-Engagement nach einer vierstündigen Sitzung des Verwaltungsrates von France Telecom gefallen. Keine Entscheidung fällte das Gremium hingegen über eine mögliche Kapitalerhöhung.
Mit der Entscheidung gegen MobilCom zieht France Telecom ein Ende unter den seit Monaten währenden Streit zwischen den beiden Unternehmen. In die Auseinandersetzung hatte sich zuletzt auch das Bundeskanzleramt eingeschaltet. Auf "Arbeitsebene", so ein Regierungssprecher am Donnerstag gegenüber n-tv, habe man Gespräche mit MobilCom geführt, nicht aber mit France Telecom oder der französischen Regierung. Damit korrigerte er entsprechende Berichte des "Handelsblatts". Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder, so der Sprecher, sei entgegen anders lautenden Gerüchten nicht mit der Angelegenheit befasst gewesen.
Bereits am Mittwoch hatte ein Bericht der Pariser Zeitung "Le Figaro", demzufolge die mit 28,5 Prozent an MobilCom beteiligten Franzosen bei dem deutschen Mobilfunk-Reseller aussteigen wollen, die MobilCom-Aktien um knapp 60 Prozent einstürzen lassen.
"Wenn France Telecom ihre Zahlungen einstellt, müssen wir Insolvenz anmelden", hatte der MobilCom-Vorstandsvorsitzende Thorsten Grenz im Vorfeld der Verwaltungsratssitzung bei France Telecom gesagt. Am kommenden Dienstag wollte er dem Aufsichtsrat einen neuen Restrukturierungsplan für das Kerngeschäft ohne UMTS-Ausbau vorlegen - ein Plan, der sich nun wohl erledigt haben dürfte.
Von einer MobilCom-Insolvenz sind rund 5.500 Arbeitsplätze betroffen - 2.500 davon in Schleswig-Holstein. Das Wirtschaftsministerium in Kiel hatte sich über die Situation besorgt gezeigt: "Wir haben sehr große Sorge, dass das Unternehmen MobilCom und der Standort Büdelsdorf einem Krieg zwischen Großaktionären zum Opfer fällt", sagte ein Sprecher des Ministeriums gegenüber n-tv.de. Die Behörde befände sich schon seit Monaten in Gesprächen mit MobilCom, der France Telecom, Orange und der Bundesregierung. "Darin haben wir sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir am Erhalt des Unternehmens und des Standorts Büdelsdorf sehr interessiert sind", fügte der Sprecher hinzu. Allerdings hatte er auch betont, dass das Land Schleswig-Holstein nur flankierende Maßnahmen ergreifen könne. Ob und welche Rettungspläne das Bundesland jetzt ergreifen wird, war am Donnerstagabend noch unklar.
Trotz anders lautender Medienberichte war man bei MobilCom bis zuletzt davon ausgegangen, dass die Partnerschaft mit der France Telecom weitergeführt wird. "Ich glaube, dass vieles dafür spricht, wenn nicht alles, dass eine Fortsetzung des Unternehmens für die France Telecom die billigere und risikofreiere Lösung ist", sagte Grenz und sprach damit die Folgen eines möglicherweise jahrelangen Rechtsstreits an. Nach intensiven Prüfungen sei man unverändert der Ansicht, in einer sehr starken juristischen Position zu sein, sagte er. Die Schadensersatzforderungen könnten theoretisch in die Milliarden gehen.
Dieser Meinung war bis zuletzt auch MobilCom-Gründer, Großaktionär und Ex-Vorstandsvorsitzender Gerhard Schmid: "Es gibt mehrere Belege, dass France Telecom sich eindeutig zur langfristigen Finanzierung von MobilCom verpflichtet hat", erklärte er. Erst am Dienstag seien aus Paris rund 30 Mio. Euro an MobilCom überwiesen worden.
Vor zwei Jahren hatte MobilCom mit finanzieller Hilfe von France Telecom für 8,4 Mrd. Euro eine der damals sehr begehrten deutschen UMTS-Lizenzen erworben. Über den weiteren Investitionskurs für den Aufbau des Mobilfunknetzes hatten sich die beiden Großaktionäre dann aber zerstritten. Im Juni wurde Gerhard Schmid als Vorstandschef der MobilCom abberufen. Obwohl die Franzosen das Büdelsdorfer Unternehmen weiterhin mit Liquidität versorgen, froren sie alle weiteren Investitionen in den UMTS-Ausbau bei MobilCom ein. Seitdem versuchte Schmid, die France Telecom dazu zu bewegen, ihm seine Mobilcom-Anteile von knapp 40 Prozent abzukaufen. Zusammen mit seiner Frau kommt Schmid auf knapp die Hälfte der Anteile an MobilCom.