Mehmet" darf wieder in Deutschland leben
Bundesverwaltungsgericht billigt Aufenthaltsrecht zu.
Bayern will abgebrochenes Strafverfahren weiterführen
Berlin – Der jugendliche Serienstraftäter „Mehmet“ darf vier Jahre nach seiner Abschiebung im Jahr 1998 wieder nach Deutschland zurückkommen. Wie das Bundesverwaltungsgericht am Dienstag entschied, muss die Stadt München dem heute 18-Jährigen wieder eine Aufenthaltserlaubnis erteilen.
Zur Begründung verwiesen die Richter auf deren besonderen Schutz nach dem Ausländergesetz und den Schutz der Familie durch die Verfassung (Az.: 1 C 8.02).
Mit dem Grundsatzurteil verbesserten die Bundesrichter den Aufenthaltsschutz Minderjähriger. Als Konsequenz des Berliner Urteils dürfen Kinder unter 14 Jahren gar nicht mehr abgeschoben werden, wenn sie in Deutschland geboren sind und ihre Eltern sich rechtmäßig hier aufhalten.Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) bedauerte, dass nach dem Berliner Urteil „auch nicht integrationsfähige ausländische jugendliche Intensivstraftäter ein Aufenthaltsrecht in Deutschland erhalten“. Stattdessen solle „auch bei Jugendlichen eine Verbüßung der Strafhaft im Herkunftsland die Regel werden“. Dagegen verwiesen die Grünen darauf, dass „Mehmet“ in Deutschland geboren und aufgewachsen sei. „Wir müssen selbst mit unseren Problemkindern fertig werden“, erklärte die migrationspolitische Sprecherin der grünen Landtagsfraktion in München, Elisabeth Köhler.
Vor vier Jahren hatte der Fall des damals aus Datenschutzgründen „Mehmet“ genannten Jugendlichen bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Er ist in München geboren und aufgewachsen, seine Eltern leben seit über 30 Jahren in Deutschland. Seit seinem elften Lebensjahr beging „Mehmet“ im noch strafunmündigen Alter über 60 Straftaten, darunter Raub und Körperverletzung. Daher weigerte sich die Stadt München, ihm seine abgelaufene Aufenthaltserlaubnis zu verlängern. Nach seinem 14. Geburtstag beging er im nunmehr strafmündigen Alter einen weiteren Raubüberfall und wurde zu einer Jugendstrafe von einem Jahr Haft ohne Bewährung verurteilt. Noch ehe dieses Urteil rechtskräftig war, wurde er ohne seine Eltern in die Türkei abgeschoben.
Nach deutschem Recht dürfen Minderjährige in der Regel nicht ausgewiesen werden, wenn die Eltern sich legal in Deutschland aufhalten. Ausnahmen lässt das Ausländergesetz nur zu, wenn ein Jugendlicher wegen schwerer Straftaten oder einer schweren Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Die einzige Straftat, die „Mehmet“ strafmündig begangen hat, sei jedoch nicht schwer genug gewesen, um eine Abschiebung zu rechtfertigen. Der 14-Jährige hatte einen anderen Jugendlichen mit einer Latte niedergeschlagen und ihm Geld und Zigaretten gestohlen. Zudem verwiesen die Berliner Richter darauf, dass das Strafurteil gegen „Mehmet“ noch nicht rechtskräftig war.
An der Verhandlung in Berlin wollte „Mehmet“ ursprünglich teilnehmen, dufte türkischen Presseberichten zufolge die Türkei aber nicht verlassen, weil sein türkischer Pass abgelaufen war. Wenn „Mehmet“ nach Deutschland zurückkommt, muss er allerdings mit einem neuen Gerichtsverfahren rechnen: Die Staatsanwaltschaft in München hatte erklärt, sie wolle die Wiederaufnahme des durch die Abschiebung beendeten Strafverfahrens beantragen. AFP