Von Alfred Maydorn, leitender Redakteur des Börsenmagazins "DER AKTIONÄR" und Chefredakteur des Börsenbriefs "Maydornreport".
Es ist schon erstaunlich: Da sind die Aktienmärkte gerade wieder in Schwung gekommen, schon wird vor einer Übertreibung nach oben, ja sogar vor einer Spekulationsblase gewarnt. Nur zur Erinnerung: Der Nasdaq Composite-Index notiert aktuell bei knapp über 1.700 Punkten und damit noch immer 66 Prozent unter seinem Rekordhoch bei 5.000 Punkten. Auf dem aktuellen Niveau von einer Blase zu sprechen ist in etwa so, als hätte man vor drei Jahren – eben bei 5.000 Punkten –Aktien als absolute Schnäppchen bezeichnet. Aber die aktuelle Einschätzung vieler Experten und auch vieler Privatanleger spiegelt gut die derzeitige Stimmungslage wider: Es dominiert die Angst, die Angst vor wieder fallenden Kursen, die Angst Aktien zu kaufen – und das obwohl die Kurse steigen.
Die Vorzeichen haben sich gedreht: Jahrelang wurden in einen fallenden Aktienmarkt hinein gekauft, getrieben von der eigenen Gier nach Kursgewinnen. Und jetzt wird trotz steigender Kurse gezögert und gezaudert. Aber genau in diesem Wechselspiel zwischen Angst und Gier liegt der Schlüssel für langfristigen Erfolg an der Börse: Kaufe, wenn die Angst am größten ist, und verkaufe, wenn die Gier ihren Höhepunkt erreicht hat. Nun gut, den Zeitpunkt der größten Angst vor weiter fallenden Kursen haben wir wahrscheinlich hinter uns, aber von einer Phase der Gier, einer euphorischen Börsenstimmung sind wir noch meilenweit entfernt.
Solange die Angst das Börsengeschehen dominiert, haben die Kurse noch viel Luft nach oben, denn ängstliche Börsianer haben keine oder wenig Aktien, sind also potenzielle Käufer: Mit zurückgehender Angst werden mehr und mehr Anleger wieder bei Aktien zugreifen. Unangenehm wird es erst dann, wenn sich die Angst vor fallenden in eine gewisse Zuversicht weiter steigender Kurse wandelt. Denn dann haben viele „Wackelkandidaten“ bereits Aktien gekauft. Richtig gefährlich ist aber erst die Phase der Euphorie, der Hysterie, der Gier ohne Grenzen.
Wir sollten uns also der aufkommenden Angst vor fallenden Aktien nicht anschließen, sondern sie nutzen, um kräftig Geld zu verdienen. Angst haben sollten wir lediglich vor der Gier – vor allem vor der eigenen. Aber das hat noch Zeit ...
Ihr Alfred Maydorn