Livedoor verschwindet von der Börse
13. Mär 2006 13:55
Nur noch bis Mitte April können Aktien der japanischen Internet-Skandal-Firma an der Börse gehandelt werden – sie sind ohnehin kaum noch etwas wert. Dem Firmengründer Horie droht eine weitere Anklage.
Nachdem die japanische Börsenaufsicht die Justizbehörden des Landes zu einer weiteren Anklage gegen Livedoor-Gründer Takefumi Horie aufgefordert hat, wird der Tokioter Börsenbetreiber TSE das Papier am 14. April aus dem Handel nehmen. Das kündigte die TSE am Montag nach Handelsschluss an. Zuvor hatte die Börsenaufsicht der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, Horie werde verdächtigt, die Bilanzen für das Livedoor-Geschäftsjahr 2003/04 gefälscht zu haben.
Der 33-jährige Horie sitzt bereits seit Januar in Haft. Staatsanwälte hatten Anfang des Jahres sowohl Livedoor-Büros als auch Privaträume des Firmengründers durchsucht. Durch die neue Anklage, die laut Medienberichten am Dienstag erhoben werden soll, werden die Vorwürfe gegen ihn erweitert: Bislang war ihm vorgeworfen worden, durch Falschinformation der Kapitalmärkte den Aktienkurs seines Internet-Unternehmens manipuliert zu haben. Außer Horie müssen sich nun auch vier weitere Manager der Firma verantworten.
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Seit den Durchsuchungen zum Jahresauftakt ist der Aktienkurs von Livedoor, einst Star im Segment für junge Firmen der japanischen Aktienbörse, um mehr als 90 Prozent eingebrochen. Das Papier notierte zuletzt bei 66 Yen und ist seit Wochen weniger als einen Euro wert. Horie hatte vor allem durch sein unkonventionelles Auftreten in der konservativen japanischen Geschäftswelt Kritik auf sich gezogen. Zudem glänzte der begnadete Selbstdarsteller, dessen Internet-Blog zu den meistgelesenen des Landes zählte, durch große Übernahmen.
Horie hatte neben dem Studium ein kleines Internet-Unternehmen gegründet, das erst ins Licht der Öffentlichkeit rückte, als er Livedoor übernahm und mit der eigenen Gründung verschmolz. Rasch expandierte die Firma, ursprünglich auf Web-Design, -Programmierung und Software sowie Beratung spezialisiert, auch ins Wertpapiergeschäft. Der zum Millionär gewordene Beschuldigte hat bislang sämtliche Vorwürfe von sich gewiesen.
Spekulationen um politischen Hintergrund
Livedoor-Gründer Takefumi Horie Foto: dpa
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Livedoor-Gründer Takefumi Horie Foto: dpa
Horie hatte bei den jüngsten Parlamentswahlen auch als unabhängiger Kandidat auf der Liste der regierenden LDP von Premier Junichiro Koizumi kandidiert, der sich dadurch nicht zuletzt Unterstützung für seine umstrittene Privatisierung der Japanischen Post erhoffte. Das hatte nach der Verhaftung Hories Spekulationen um einen möglichen politischen Hintergrund des Vorgehens der Behörden genährt.
Auch an der Börse in Tokio sorgte der Skandal für Unruhe: Massive Verkäufe von Livedoor-Aktien hatten das Handelssystem erneut zusammenbrechen lassen, als der Skandal ans Licht kam. Das System hatte bereits zuvor für massive Kritik gesorgt, weil es als veraltet gilt und nur eine begrenzte Anzahl von Transaktionen am Tag abwickeln kann. Die TSE sagte zu, die Software ihrer Handelsplattform zu erneuern und tauschte den Chef aus. Zugleich wurde die Handelszeit um eine halbe Stunde reduziert, um weiteren Software-Abstürzen zuvorzukommen. (nz)