Tournee-Auftakt
Kylie Minogue in der Olympiahalle
Seit gestern „popot“ Kylie Minogue durch Deutschland – und enttäuscht
Es ist kalt. Trockeneisnebel, gletscherblaues Licht, technoid metallene Bühnenkulisse. Kylie Minogue erscheint in Sternenkriegerinnen-Montur. Einzelteile klappen von ihrer Rüstung weg, heraus schält sich die halbnackte Disco-Queen in einem Glitzer-Nichts, dessen Länge höchstens in Nanometern gemessen werden kann.
Es ist dieser Mikro-Fummel, der Kylie/“Geili“ groß gemacht hat. Dass die zierliche Sängerin als 1,58 Meter großes, einziges lebendes Viagra der Welt durch Deutschland „popot“, war jetzt wieder zu lesen. An ihrem so belächelten wie begeiferten Image als sexy Hupfdohle ist die australische Ex-Seifenoperndarstellerin selbst schuld. „Ich suggeriere Verfügbarkeit“, hat sie einmal als ihr Erfolgsrezept verraten.
Viel mehr als der Medien-Hype ist an der Künstlerin Kylie Minogue nicht dran. Das hat sich beim Auftakt ihrer Deutschland-Tournee in der Münchner Olympiahalle gezeigt.
Gesang wie eine Kirmes-Orgel
Auf die Kälte des Konzert-Beginns folgt ein nur mäßiger Temperatur-Anstieg, aber keine Anzeichen von Disco-Fieber. Unnahbar und – schlimmer noch – unbeweglich steht ausgerechnet eine Frau auf der Bühne, die der Welt einen Dancefloor erschütternden Hit wie „Can t get you out of my head“ geschenkt hat, auf den nur Menschen nicht sofort loszappeln müssen, die an Hüftlähmung leiden.
Die reizende Wäsche an Kylies Körper kann nicht davon ablenken, wie lau ihre Bühnpräsenz ist. Ihr piepsiger, mit einem aufgesetzt wirkenden Kleiderbügel-verschluckt-Lächeln dargebotener Gesang erinnert an eine Kirmes-Orgel.
Ihre Songs – abgesehen von einer Handvoll Knallern – sind von kaum zu unterbietender seichter Belanglosigkeit. Live lässt sich das Trallala-Material nur bedingt durch aufwändiges Multimedia-Brimborium und die wirklich sensationellen Background-Tänzer, durch unzählige Kostümwechsel und durch die übliche Publikumsanbiederei aufwerten.
Kylie Minogue – die Pop-Göttin, die Disco-Ikone – ist auf ein enttäuschend menschliches Normalmaß zusammengeschrumpft. Den medialen Heiligenschein braucht sie zum Leuchten, aus eigener Live-Kraft schafft sie es nicht.
Nicht wie es scheint
Die Presse-Fotografen übrigens durften Kylie Minogue nur aus mehr als 100 Metern Entfernung vom hintersten Ende der Halle aus fotografieren – der Superstar bestimmt offenbar selbst, wer unter ihren Rock schauen darf. Der Verdacht drängt sich auf, dass die Schau-Erlaubnis im direkten proportionalen Verhältnis zu aktuellen Chart-Platzierungen steht.
„Nothing is what it seems“ singt Kylie Minogue einmal, nichts ist wie es scheint. Scheint so.