Krisengerede in Deutschland

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flamingoe:

Krisengerede in Deutschland

 
01.12.02 09:07
Mit der Wahrheit muss man rechnen

ANALYSE / Krisengerede in Deutschland. Viele Bürger warten auf den neuen Bismarck, der die soziale Sicherung wetterfest macht


BERLIN. Die Deutschen sind besser als ihr Ruf. Trotz des Krisengeredes ist die wirtschaftliche Leistung zwischen Flensburg und Passau im vergangenen und in diesem Jahr um satte 85 Mrd E gestiegen.

Diese 85 Mrd E sind keine Kleinigkeit, Siemens und Daimler Chrysler brauchen jeweils rund 400 000 hochproduktive Beschäftige, um einen entsprechenden Umsatz zu erwirtschaften.

Am Ende des laufenden Jahres werden die 38 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland Güter und Dienstleistungen im Gegenwert von 2,115 Billionen E geschaffen haben - 1998 waren es noch 1,929 Billionen E.

Noch immer erfolgreiche Wirtschaftsnation

Wer in diesen Tagen dem Kanzler und seinem Finanzminister begegnet, hat nicht das Gefühl Politiker vor sich zu sehen, die eine - trotz mancher Schwächen - noch immer erfolgreiche Wirtschaftsnation führen. Weder Gerhard Schröder noch Hans Eichel vermitteln den Eindruck, zu wissen, was sie tun und - was schlimmer ist - zu wissen, wohin sie wollen. Sie reden unentwegt von neuen Milliarden-Defiziten, sie präsentieren in atemverschlagendem Tempo Vorschläge, um die Löcher zu stopfen und merken meistens erst zu spät, dass sie Unsinn erzählt haben und korrigieren sich erneut.

Weder der eine, noch der andere ist bisher zu einer schonungslosen Analyse bereit gewesen. Ein schlichter Blick in die volkswirtschaftliche Steuerstatistik würde ihnen helfen, die Lage zu erfassen.

Im Jahre 2000 haben die Deutschen insgesamt 467 Mrd beim Fiskus abgeliefert, von jedem Euro waren das exakt 23 Cent. Bis zum 31. Dezember 2002 werden wir nur 439 Mrd in die Eichel´sche Kasse einzahlen. Das sind 27 Mrd weniger als vor 2 Jahren oder anders ausgedrückt: nur noch knapp 21 Cent pro Euro.

Die Steuerquote, darauf lohnt sich hinzuweisen, liegt inzwischen wieder so niedrig wie 1960. Wenn man berücksichtigt, dass die umstrittene Ökosteuer in diesen Einnahmen mit rund 14 Mrd enthalten ist - die ja an anderer Stelle die Rentenkasse entlastet - , zahlen die Deutschen in diesem Jahr insgesamt mindestens 50 Mrd weniger in die Steuerkasse als noch vor 2 Jahren.

Hatten uns die Politiker nicht Steuersenkungen versprochen? Offenbar haben sie in diesem Punkt wirklich Wort gehalten. Sie haben sowohl die Privathaushalte als auch die Unternehmen entlastet. Der Durchschnittsverdiener mit 2 Kindern zahlt heute erst dann den ersten Euro an Steuern, wenn er mehr als 18 500 E pro Jahr verdient, seine Steuersätze sind gesunken. Die Unternehmen haben von der Steuerreform ebenfalls erheblich profitiert, die Wohltaten für sie machen rund ein Drittel der Mindereinnahmen des Staates aus.

Unehrlich sind die Politiker dennoch gewesen. Sie haben massive Steuersenkungen durchgesetzt, aber vergessen, in gleichem Umfang ihre Ausgaben zurückzuführen. Sie haben darauf gesetzt, dass das wirtschaftliche Wachstum stärker ausfällt, als es war und hatten gehofft, dass über die schleichende Progression am Ende mehr Geld in Kasse kommt - im Kern wollten sie die Steuerquote offenbar nie senken. Sie haben geglaubt, dass die Bürger das nicht merken und sie so weiter machen können, wie bisher.

Weder Schröder noch Eichel werden darauf verzichten können, den Bürgern die volle Wahrheit zu erzählen. Dazu gehört, dass der Staat künftig nicht mehr alles machen kann, was er heute veranstaltet.

Je eher sie eine offene Debatte darüber führen, können sie verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Sie werden übrigens feststellen, dass die Bürger das längst ahnen, wenn nicht sogar wissen.

Bei dieser Gelegenheit müssen sie die überfällige Debatte um die notwendigen grundlegenden Reformen in den Systemen der sozialen Sicherung gleich mit führen. Auch da sind die Bürger weiter als die politische Klasse. Sie warten auf den neuen Bismarck, der die soziale Sicherung auch in Zeiten der Globalisierung wetterfest macht. (NRZ)

von   JÜRGEN ZURHEIDE


www.nrz.de/nrz/...rik=Wirtschaft&kategorie=WIR®ion=National


bellfounder:

no comment

 
01.12.02 11:50
flexo:

"Neue Ruhr Zeitung"

 
01.12.02 12:08
SPD Motivation aus dem Pressekonglomerat der Partei. Das "Neue Deutschland" für Juso´s und ältere Sozialisten.
mod:

Zu gut deutsch

 
01.12.02 12:22
Rot-Grün war nicht in der Lage,

simple ökonomische Zusammenhänge zu erkennen.
hjw2:

mod

 
01.12.02 12:29

die viel gelobten wirtschaftsinstitute auch nicht,
oder wer redet ständig von wachstum ?

 
flexo:

5 Weise oder 5 Waisen?

 
01.12.02 12:30
;-)
mod:

hjw

 
01.12.02 12:55
Du verkennst die Funktion der Wirtschaftsforschungsinstitute.

Sie können nur eine Prognose darüber abgeben,
was geschehen würde, wenn man das und dies täte
in der augenblicklichen Situation.
Wenn aber die Geld- und Fiskalpolitik auf diese
Prognosen mit Massnahmen reagiert, sind diese
Prognosen damit schon wieder hinfällig.

Vergleichbar ist das etwa mit Marx.
Hätte der keine klare Prognose über die
Entwicklung des Kapitalismus abgegeben, auf die
dann die Entscheidungsträger
(Regierung, Arbeitgeber, Gewerkschaften usw.)
reagieren konnten, dann wäre es höchstwahrscheinlich so
gekommen, wie es Marx in seinen Theorien prognostiziert hätte.
Zum konkreten Fall:
Ein professionelles Politik-Management
lässt von Mitarbeitern Szenarien entwickeln:
Im einfachsten Fall, wie reagiert die Ökonomie
in einem Worst-, Best- oder Normal-Case.
Derartige Werkzeuge sind in der Wissenschaft und der
Wirtschaft selbstverständlich.
Juristen, Ingenieure und andere setzen sich gerne darüber hinweg,
da dies ihnen nicht bekannt ist.
Viele Grüsse
m.
nobody:

Prognosen

 
01.12.02 12:59
Da frage ich mich nun: wieso haben denn alle großen Institute wie Versicherungen und Banken etc. sich so verkalkuliert ? Die Häuser sind doch randvoll mit Experten. Oder hat die SPD sie unterwandert :-)
mod:

hjw, zum Wirtschaftswachstum

 
01.12.02 13:07
Unsere Sozialsysteme können nur dann funktionieren, wenn
wir ein angemessenes, stetiges Wirtschaftswachstum haben.
Dabei wird wohlgemerkt auf qualitatives Wachstum
abgestellt, d.h. ökologisch verträgliches Wirtschaftswachstum.
Also muss eine Regierung alles tun, damit die Rahmenbedingungen
der Wirtschaft so gestaltet werden, dass dieses Ziel
erreicht werden kann, das im Übrigen auch in § 1 STWG
explizit als notwendiges Regierungsziel genannt wird.
Weltwirtschaftliche Einflüsse können natürlich die Erreichung
dieses Ziels erschweren. Aber auch darauf kann die Geld-
und Fiskalpolitik reagieren.
Warum geschieht das alles nicht?
Schiller und Schmidt und auch Strauss wussten
mehr davon. Aber Schmidt z.B. scheiterte damit
in seiner eigenen Partei.
mod:

nobody, eine gute Frage

 
01.12.02 13:12
Allem Anschein nach waren alle Leitenden so euphorisch,
dass sie die Warner als Miesmacher hingestellt haben.
BWLer wurde hier auch laufend als Vollidiot bekämpft,
oder z.B. Busch auf n-tv.
So etwa muss man sich das vorstellen.
Alle die den ewigen Aufschwung proklamierten, waren
jung, gut aussehend, dynamisch und unerfahren.
Viele Grüsse
m.  
mod:

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesam

 
01.12.02 13:19
Der Sachverständigenrat wurde durch Gesetz im Jahre 1963 eingerichtet zur periodischen Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland und zur Erleichterung der Urteilsbildung bei allen wirtschaftspolitisch verantwortlichen Instanzen sowie in der Öffentlichkeit. Er ist in seinem Beratungsauftrag unabhängig.
Der Rat hat die gesamtwirtschaftliche Lage und deren absehbare Entwicklung zu analysieren, er hat zu untersuchen, wie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig Stabilität des Preisniveaus, hoher Beschäftigungsstand und außenwirtschaftliches Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wachstum gewährleistet werden können.
www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/
Steffi aus G.:

Das beruehmte magische Viereck. Immer wieder

 
01.12.02 13:40
eine Herausforderung. Bei etwas mehr Froehlichkeit im Umgang mit der Tatsache, dass wir immer noch die reichste Volkswirtschaft in Europa darstellen, muesste das Jammern auf hohem Niveau einer gewissen Ironie weichen. Aber das kann ja nicht sein: denn wir haben keinen Humor. Das ist eine unsoldatische Tugend.
mod:

Das ist die typische Antwort von

 
01.12.02 13:52
Leuten, denen es wirtschaftlich gut geht.
Aber in Deutschland gibt es Millionen von
Menschen, die von der Sozialhilfe, dem
Arbeitslosengeld, der Arbeitslosenhilfe
oder einer Minimalrente leben,
die als Schwerbehinderte, Jugendliche oder
ältere Arbeitnehmer verzweifelt einen Job
suchen.
Wer nimmt sich eigentlich dieser Gruppen an?
Selbst die Sozialdemokratische Partei
will bei denen streichen.
Sehr sozial.
Trader:

Haben wir überhaupt eine Krise?

 
01.12.02 14:06
Jean Paul Sartre sagte: Fortschritt entsteht immer aus der Unzufriedenheit der Menschen.

Wenn man danach ginge, müßten wir im Moment jede Menge Fortschritt haben!?

Gruß
Trader
Nassie:

Wenn überhaupt Krise, dann eine Krise bei den

 
01.12.02 14:08
politischen Parteien welche ihrer politischen Verantwortung nicht mehr nachkommen können.
Daraus folgend evtl. eine Stimmungskrise in der Bevölkerung.
Grinch:

Mensch nee... wo iss bloss die tolle Blümchenwelt

 
01.12.02 14:11
aus meiner Jugend hin... als alles noch schön war... und sauber... und jeder freundlich war... Warte mal ich komme aus Würzburg... hier is nix sauber... und niemand is freundlich... aber als Schachteldenker hab ich gleich den Schuldigen ausgemacht!!! ES SIND DIE OSSIS!!! Genau!!!

Nassie:

Wahrscheinlich hast du früher mehr

 
01.12.02 14:14
gekifft.  Deshalb sah alles so blumig aus.
nobody:

Danke mod o. T.

 
01.12.02 14:41
Die Gruppen, die Du nennst, sind genau die, die sich nicht wehren können, keine Lobby haben, die "flexibel und bla bla" sein sollen. Gepredigt wird das von denen, die in jedes Mikrofon reinlabern und zu Talkshows eingeladen werden. Die Vermögenssteuer ist ja auch wirklich unsozial (!) und kostet die Arbeitsplätze, die nun gerade mit diesem Geld geschaffen werden sollten ...
Eigentlich ist es doch ein gutes Zeichen, wenn alle aufjaulen bei Veränderungsprozessen, denn dann trifft es offenbar alle, nur gelingt es immer denselben, ihren Beitrag zu verhindern. Von dieser Sorte schreiben offenbar hier auch eine menge Leute.
Einen schönen ersten Advent.
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