Eine groß angelegte Polizeirazzia bei Chiphändlern sorgte vergangene Woche für Aufregung. Auch
mehrere Unternehmen des Neuen Marktes, wie Lintec und PixelNet, waren das Ziel der Ermittler. Der
Vorwurf des Umsatzsteuerbetruges lag in der Luft. Jetzt scheint sich dieser zu erhärten: Matthias Sawatzky
– der Vorstandschef der PixelNet AG aus Passau - steht unter dringendem Tatverdacht. Seine Privatkonten
wurden eingefroren.
Eine ehemalige Angestellte der Batavia Multimedia, einer 100-prozentigen Lintec-Tochter, sitzt in Haft.
Diese Gesellschaft ist das Bindeglied der bayerisch-sächsischen Connection der Lintec AG aus Taucha mit
der Passauer PixelNet. Diese Firma gründete Sawatzky vor 30 Jahren und war vor dem Verkauf an Lintec
von Januar 1999 bis Mai 2000 Vorstandsvorsitzender. Über die Beteiligung der Batavia verdienten die
Hardwarebauer aus Sachsen kräftig am Börsengang von PixelNet mit, doch dieses Geschäft könnte sich
jetzt rächen.
Mit 140 Beamten durchsuchte vergangene Woche die Sonderkommission Chipdeal die Räume von
PixelNet, Batavia sowie das Privathaus von Sawatzky. Von fingierten Auslandsunternehmen sollen Chips
gekauft worden sein. Daraus entstand den Unternehmen sofort ein Umsatzsteueranspruch von 16 Prozent,
der gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht wurde. Die Auslandsfirmen lösten sich wenige Wochen
später wieder auf und zahlten keine Vorsteuer. Als Teil eines europaweiten Händlerringes soll durch diese
Steuerhinterziehung allein dem deutschen Fiskus ein Schaden in dreistelliger Millionenhöhe entstanden
sein.
Matthias Sawatzky weist bislang alle Vorwürfe zurück und spricht von einem lupenreinen Gewissen
gegenüber der Lokalzeitung „Passauer Neue Presse“. Ein erboster Ermittler kommentierte diese
vollmundige Unschuldsbekräftigung: „Und das bei der vorhandenen Beweislage. Er glaubt doch nicht, dass
wir einfach so mit 140 Mann auftauchen und dass irgendein Richter dieser Republik die Durchsuchung
ohne entsprechende Verdachtsmomente abgesegnet hätte.“
Gegenüber boerse-online.de beteuert Sawatzky noch einmal seine Unschuld: "Ich gehe fest davon aus,
dass meine Konten bereits heute wieder freigeschaltet werden. Sämtliche Vorwürfe sind aus der Luft
gegriffen, denn erst Anfang 2000 wurde eine Umsatzsteuerprüfung bei der Batavia durchgeführt. Diese
ominöse Mitarbeiterin war bereits wegen eines anderen Vorfalles aktenkundig, hat aber absolut nichts mit
mir zu tun. Für PixelNet hat die Geschichte nicht die geringste Bedeutung."
Die Rolle von PixelNet und Sawatzky in diesem europaweiten Skandal ist bislang noch nicht geklärt. Fest
steht aber, dass die Ermittlungen in Passau ihren Ausgangspunkt nahmen. Zudem sitzt eine ehemalige
Vertraute des Firmenchefs, die bei Batavia für die Buchführung zuständig war, in Untersuchungshaft. Von
ihr erhoffen sich die Justizbeamten Aufklärung. Gerüchten zufolge soll Sawatzky selbst nur knapp einer
Verhaftung entgangen sein. Dass seine Konten eingefroren sind, gab er zu.
Anleger sollten bis zur Trockenlegung des Sumpfes aus Betrug und Steuerhinterziehung vorerst einen
weiten Bogen um PixelNet und Lintec machen. Die Kaufempfehlung für Lintec von Mittwoch wird vor
diesem Hintergrund zurückgezogen. Eine Handlungsempfehlung folgt in Kürze. Zu prüfen bleibt weiterhin
ein möglicher Verstoß gegen die Adhoc-Pflicht. Weder Lintec noch PixelNet wiesen auf die Vorkommnisse
bislang hin.