11.03.2008 14:41
Erneut hat HRE-Chef Georg Funke seine Aktionäre für dumm verkauft. Der Vertrauensverlust scheint irreparabel. Denn auch am Tag danach geht das Kursgemetzel weiter, Spekulationen über weitere Milliarden-Abschreibungen schießen ins Kraut.
Hypo Real Estate-Chef Georg Funke (Quelle: Unternehmen) Weiß HRE-Chef Georg Funke die Märkte nicht besser einzuschätzen?
Aktien des Immobilienfinanzierers brechen zwischenzeitlich bis zu 9,76 Prozent auf 12,95 Euro ein. Händler führten dies auf Marktspekulationen zurück, wonach es bei der Hypo Real Estate einen weiteren Abschreibungsbedarf von fünf bis sieben Milliarden Euro geben würde. Ein Sprecher dementierte diese Größenordnung jedoch und sorgte damit für etwas Erleichterung. Am frühen Nachmittag lagen HRE-Papiere "nur" noch 2,9 Prozent im Minus.
In die Gewinnzone kehrte die Aktie allerdings erst zurück, als Meldungen von der konzertierten Aktion der Notenbanken zur Entspannung der Situation an den Geldmärkten über die Ticker liefen.
"Zustände wie im Entry Standard"
Bereits am Montag waren Papiere des Immobilienfinanzierers um 13,6 Prozent auf 14,35 Euro eingebrochen und hatten damit auch den Dax nach unten gerissen. Seit Oktober 2003 wurde kein schlechterer Kurs mehr verzeichnet.
Grund war ein Brief von HRE-Chef Georg Funke an seine Mitarbeiter: "Das Erreichen unserer angestrebten Ziele bleibt möglich, ist aber sicherlich schwieriger geworden und hängt zu einem großen Maße von der künftigen Entwicklung der Märkte ab." "Wie alle Finanzinstitute weltweit haben wir es mit extrem schwierigen Märkten zu tun", so sein Fazit. Das wurde vom Markt als verkappte Gewinnwarnung gedeutet.
"Da wird gelogen, dass sich die Balken biegen und dann überrascht die HRE erneut mit einer beiläufigen Mitarbeiterinfo, die dann zufällig in die Finanzpresse gelangt", kommentierte ein Händler. Das seien "Zustände wie im Entry Standard" und nicht wie im hochqualifizierten Prime Standard, in dem die Aktie notiert sei. "Das bisschen noch nicht verspieltes Vertrauen geht gerade vor die Hunde", so sein Resümee.
Transparenz? – Fehlanzeige!
"Denen glaubt nun kein Mensch mehr irgendwas", kommentierte ein zweiter Händler. Die HRE sei eine Blackbox, die man meiden sollte. "Wer weiß, was da noch so alles scheibchenweise rauskommt."
Tatsächlich zählten Offenheit und Transparenz in der jüngsten Vergangenheit nicht gerade zu den großen Stärken des Dax-Unternehmens: Bereits im Januar war die Aktie an einem Tag um rund 35 Prozent gefallen, nachdem Hypo Real Estate überraschend eingestanden hatte, doch erheblich von der US-Hypothekenkrise belastet zu sein. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das Unternehmen stets geleugnet, von der US-Subprimekrise überhaupt betroffen zu sein.
Wusste der Chart mehr?
Von dem Kurssturz im Januar konnte sich die Aktie seither nicht mehr erholen. Allein in der vergangenen Woche büßten Papiere der Hypo Real Estate über 20 Prozent ein (siehe: Hypo Real Estate stürzt schon wieder ab). Anzeichen eines schwelenden Vertrauensverlusts - oder nahm der Chart nur die gestrige Entwicklung vorweg?
Anleger werfen jedenfalls dem Unternehmen vor, die Öffentlichkeit monatelang über die Belastungen im Dunkeln gelassen zu haben. Mittlerweile haben zahlreiche Anleger Schadensersatzklage gegen den Immobilienfinanzierer angekündigt. Ein Einzelaktionär reichte bereits eine Klage ein.
Wie man aus Fehlern nicht lernt
Wie Hohn muss es daher in den Ohren der Anleger klingen, wenn Vorstandschef Funke nun in seinem Brief an die Mitarbeiter schreibt: "Ein wichtiges Thema ist die Wiederherstellung des Vertrauens der Märkte in unsere Gruppe".
Denn offenbar hat HRE-Chef Funke nichts aus seinen Fehlern gelernt. Im Gegenteil: Dieses Mal hat er nicht nur das letzte bisschen Vertrauen verspielt, sondern scheint auf den ersten Blick auch noch die Ad-hoc-Pflicht verletzt zu haben. Denn kursrelevante Neuigkeiten hat ein Unternehmen eigentlich nicht per Mitarbeiterbrief, sondern eben per Ad-hoc-Meldung zu verbreiten.
Trotzdem teilte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht auf Anfrage von boerse.ARD.de hin mit, derzeit würde die BaFin keine Schritte gegen die HRE erwägen. Die in dem Mitarbeiterbrief getroffenen Aussagen seien zu unbestimmt.