Oppenheim: \"Es geht um harte Landung oder Rezession\"
Die US-Wirtschaft schwächelt. Zwar hat die Nasdaq seit Jahresbeginn ordentlich zugelegt, doch immer mehr Volkswirte schließen eine Rezession in Amerika nicht mehr aus. w:o sprach mit Frank Hübner, Leiter der Abteilung Internationale Volkswirtschaft beim Bankhaus Oppenheim.
? Herr Hübner, am Mittwoch hat die US-Notenbank den Leitzins um 50 Basispunkte gesenkt. Eine richtige Entscheidung?
Hübner Die sehr prononcierte Zinssenkung – im Januar insgesamt 100 Basispunkte - zeigt klar, wie besorgt die Fed über die konjunkturelle Entwicklung ist. Wir haben seit drei Monaten eine deutlich verschlechterte Stimmung sowohl bei den Unternehmen als auch auf der Konsumentenseite. Die Tatsache, dass Greenspan weiterhin Konjunkturrisiken sieht, deutet darauf hin, dass er weiter reagieren wird.
? In dieser Woche wurden auch Stimmen laut, die an eine Senkung von 75 Basispunkten glaubten. Für wie realistisch haben Sie das eingeschätzt?
Hübner Schon Schritte von 50 Basispunkten sind ungewöhnlich. 75 Punkte wären ein Zeichen dafür, dass Greenspan nicht nur besorgt ist, sondern das hätte man als Panik auslegen können. Gegen deren ursprüngliche Forderung, die Wirtschafts- und die Stimmungslage zu stabilisieren, hätte man den Eindruck bekommen, dass die wirtschaftliche Lage wohl so richtig schlecht ist. Dieser Eindruck darf nicht aufkommen, deshalb erfolgt ein so großer Zinsschritt auch nicht.
? Wie wird es denn nun weiterlaufen mit der amerikanischen Wirtschaft? Zur Wahl stehen harte Landung, also ein Wirtschaftswachstum unter 2%, und die gefürchtete Rezession. Manche hoffen sogar noch auf ein Soft Landing.
Hübner Das Thema „sanfte Landung“ können wir ad acta legen. Es geht in der Tat um harte Landung oder Rezession. Der am Donnerstag vorgelegte Einkaufsmanager-Index lässt schließen, dass wir im 1. Quartal 2001 kein Wachstum haben werden. Es kann durchaus sein, dass wir zwei Quartale hintereinander im Minus sind, also eine technische Rezession bekommen, aber uns im zweiten Halbjahr wieder nach oben bewegen. Unsere Meinung ist, dass diese Aufwärtsbewegung zwar kommen wird, aber nicht so schnell, wie viele Analystenhäuser das hoffen.
? Wie wirkt sich das auf die Börse aus?
Hübner Ich wäre im Augenblick bei Aktienengagements eher vorsichtig. Nach dem ersten Zinsschritt der Fed Anfang Januar war die Hoffnung zu spüren, dass die wirtschaftliche Abschwächung nach zwei Quartalen vorbei sein wird. Wenn das so wäre, dann müsste ich als Anleger nicht besorgt sein. Ich sehe eher, dass sich der neue Aufschwung noch etwas Zeit lässt.
? Warum?
Hübner Wir hatten an der Nasdaq im vergangenen Jahr eine spekulative Blase, die geplatzt ist. Es ist dort überinvestiert worden, Kapital wurde fehlgeleitet. Wir sehen jetzt, dass die Kapazitätsauslastung der Wirtschaft deutlich nach unten geht, und das führt dazu, dass unsere Perspektive für die Investitionstätigkeit etwas pessimistischer ist als bei den Analysten, die nun eine sehr schnelle Entwicklung wieder nach oben sehen. Auch die Konsumenten werden auf Grund der negativen Vermögenseffekte eine Zeit lang an dieser Entwicklung zu knabbern haben.
? Ganz wichtig für die Konjunktur in Amerika ist die Stimmung beim Verbraucher. Die Konsumnachfrage in den USA macht zwei Drittel des Bruttoinlandsproduktes aus. Doch gerade die jüngsten Daten zum Verbrauchervertrauen sind negativ, das Bruttoinlandsprodukt liegt unter den Erwartungen.
Hübner Wir haben einen rapiden Rückgang des Verbrauchervertrauens. Das Niveau ist zwar gar nicht so schlecht, wir waren vor ein paar Monaten auf einem historischen Höchststand. Aber die Geschwindigkeit, mit der sich das reduziert hat, das passiert eigentlich nur vor Rezessionen. Allerdings sind die Verluste, die die geplatzte Blase mit sich gebracht hat, teilweise nur Buchverluste. Das Vermögen der privaten Haushalte im Vergleich zum verfügbaren Einkommen ist immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Jetzt stellt sich die Frage: Schauen die Verbraucher auf das hohe Niveau, oder sehen sie nur, was sie in den letzten Monaten verloren haben. Kurzfristig wird das dazu führen, dass weniger konsumiert wird.
Autor: Thorsten Sauter, 12:20 03.02.01
(aus WO)
Die US-Wirtschaft schwächelt. Zwar hat die Nasdaq seit Jahresbeginn ordentlich zugelegt, doch immer mehr Volkswirte schließen eine Rezession in Amerika nicht mehr aus. w:o sprach mit Frank Hübner, Leiter der Abteilung Internationale Volkswirtschaft beim Bankhaus Oppenheim.
? Herr Hübner, am Mittwoch hat die US-Notenbank den Leitzins um 50 Basispunkte gesenkt. Eine richtige Entscheidung?
Hübner Die sehr prononcierte Zinssenkung – im Januar insgesamt 100 Basispunkte - zeigt klar, wie besorgt die Fed über die konjunkturelle Entwicklung ist. Wir haben seit drei Monaten eine deutlich verschlechterte Stimmung sowohl bei den Unternehmen als auch auf der Konsumentenseite. Die Tatsache, dass Greenspan weiterhin Konjunkturrisiken sieht, deutet darauf hin, dass er weiter reagieren wird.
? In dieser Woche wurden auch Stimmen laut, die an eine Senkung von 75 Basispunkten glaubten. Für wie realistisch haben Sie das eingeschätzt?
Hübner Schon Schritte von 50 Basispunkten sind ungewöhnlich. 75 Punkte wären ein Zeichen dafür, dass Greenspan nicht nur besorgt ist, sondern das hätte man als Panik auslegen können. Gegen deren ursprüngliche Forderung, die Wirtschafts- und die Stimmungslage zu stabilisieren, hätte man den Eindruck bekommen, dass die wirtschaftliche Lage wohl so richtig schlecht ist. Dieser Eindruck darf nicht aufkommen, deshalb erfolgt ein so großer Zinsschritt auch nicht.
? Wie wird es denn nun weiterlaufen mit der amerikanischen Wirtschaft? Zur Wahl stehen harte Landung, also ein Wirtschaftswachstum unter 2%, und die gefürchtete Rezession. Manche hoffen sogar noch auf ein Soft Landing.
Hübner Das Thema „sanfte Landung“ können wir ad acta legen. Es geht in der Tat um harte Landung oder Rezession. Der am Donnerstag vorgelegte Einkaufsmanager-Index lässt schließen, dass wir im 1. Quartal 2001 kein Wachstum haben werden. Es kann durchaus sein, dass wir zwei Quartale hintereinander im Minus sind, also eine technische Rezession bekommen, aber uns im zweiten Halbjahr wieder nach oben bewegen. Unsere Meinung ist, dass diese Aufwärtsbewegung zwar kommen wird, aber nicht so schnell, wie viele Analystenhäuser das hoffen.
? Wie wirkt sich das auf die Börse aus?
Hübner Ich wäre im Augenblick bei Aktienengagements eher vorsichtig. Nach dem ersten Zinsschritt der Fed Anfang Januar war die Hoffnung zu spüren, dass die wirtschaftliche Abschwächung nach zwei Quartalen vorbei sein wird. Wenn das so wäre, dann müsste ich als Anleger nicht besorgt sein. Ich sehe eher, dass sich der neue Aufschwung noch etwas Zeit lässt.
? Warum?
Hübner Wir hatten an der Nasdaq im vergangenen Jahr eine spekulative Blase, die geplatzt ist. Es ist dort überinvestiert worden, Kapital wurde fehlgeleitet. Wir sehen jetzt, dass die Kapazitätsauslastung der Wirtschaft deutlich nach unten geht, und das führt dazu, dass unsere Perspektive für die Investitionstätigkeit etwas pessimistischer ist als bei den Analysten, die nun eine sehr schnelle Entwicklung wieder nach oben sehen. Auch die Konsumenten werden auf Grund der negativen Vermögenseffekte eine Zeit lang an dieser Entwicklung zu knabbern haben.
? Ganz wichtig für die Konjunktur in Amerika ist die Stimmung beim Verbraucher. Die Konsumnachfrage in den USA macht zwei Drittel des Bruttoinlandsproduktes aus. Doch gerade die jüngsten Daten zum Verbrauchervertrauen sind negativ, das Bruttoinlandsprodukt liegt unter den Erwartungen.
Hübner Wir haben einen rapiden Rückgang des Verbrauchervertrauens. Das Niveau ist zwar gar nicht so schlecht, wir waren vor ein paar Monaten auf einem historischen Höchststand. Aber die Geschwindigkeit, mit der sich das reduziert hat, das passiert eigentlich nur vor Rezessionen. Allerdings sind die Verluste, die die geplatzte Blase mit sich gebracht hat, teilweise nur Buchverluste. Das Vermögen der privaten Haushalte im Vergleich zum verfügbaren Einkommen ist immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Jetzt stellt sich die Frage: Schauen die Verbraucher auf das hohe Niveau, oder sehen sie nur, was sie in den letzten Monaten verloren haben. Kurzfristig wird das dazu führen, dass weniger konsumiert wird.
Autor: Thorsten Sauter, 12:20 03.02.01
(aus WO)