Mails/Nachrichten vom 28.02.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
Greenspan hat gesprochen. Und was sagte er? Die amerikanische Konjunktur wird sich erholen bzw. steht kurz davor. Mehr nicht. Das ist richtig, aber einigen Akteuren fehlt offensichtlich der Kick. Sie glauben, daß die Konjunktur Amerikas, die etwa ein Viertel der ganzen Welt ausmacht, per Knopfdruck funktioniert und anschließend geht es in die neue Technologieblase. Ich kann Ihnen nur empfehlen: Bleiben Sie auf dem realistischen Boden. Der aber ist sehr solide, wirklich brauchbar für Investments, aber unbrauchbar für wirre Stories. Die Rahmendaten versuche ich Ihnen jede Woche in der AB wie in einer Perlenschnur aufzureihen. Ich jedenfalls bin mit dieser Entwicklung sehr zufrieden und das einzige, was mich stört, sind die Vorgänge in Nahost. Denn die Amerikaner reden nicht, sondern handeln. Wir wissen nur leider nicht wie, wann und wo.
Die Wall Street baut Ihre Position weiter aus. Im Dow besser als im Nasdaq, aber es gab gestern erstmals wieder eine Relation von 101 zu 43 für die Höchst- gegen die Tiefstkurse. Das ist aufschlußreich. Am spannendsten ist aber der Test der zweiten Tiefstkurse für die bekannten High- Techs. EMC hat ein Tief bei 10 $ gehabt, gestern 11,13 $. Sun Microsystems hat diesen Test schon hinter sich. Bei Oracle fehlen noch rund 5 $ und bei Cisco nur 3 $. Nebenbei: Jeder Dollar macht bei Cisco 7,2 Mrd $ Börsenwert aus. Hinter sich hat diesen Test auch AMD ohne doppelten Boden, sondern nur mit der beschriebenen technischen Korrektur. Ähnlich lief es bei Agilent Techn., die gestern fast 32 $ erreichten, nach einem zweiten Tief bei 24,50 $ und nach dem absoluten Tief bei 18 $. Sie sehen also: In der Technologie läuft es im wesentlichen darauf hinaus, diesen sogenannten zweiten Boden auszuloten. Auch wenn es Sie ermüdet: Ohne BernSTEIN geht's nicht. Ferner:
Die drei berühmten Telekomausrüster machen diesen Vorgang jetzt sozusagen im Gleichschritt. Bei Corning fehlen nur 70 Cents, bei Nortel nur 45 Cents und bei Lucent 35 Cents. Möglicherweise ist dies schon gestern absolviert worden. Entscheidend ist, daß diese Böden nun halten. Deshalb hatte ich meine Limitstaffel ausgesetzt, wobei es noch immer bleibt. Das klingt natürlich extrem technisch und ist es auch. Aber ohne ABS fahren Sie auch kein neues Auto mehr. Auf diese drei Werte werde ich in den nächsten Briefen näher eingehen. Aufschlußreich ist dafür auch: Intel konnte sich gestern nicht über 30 $ halten. Risiko läuft bis 26 $.
In Frankfurt gibt es einige Ähnlichkeiten. Der größte Wert baute soeben den gleichen zweiten Boden: Dt. Telekom. Mein Poker ging dahin: 13,50/14 E. sind der zweite Boden. Einen Euro darüber war Ende. Inzwischen 16,18 E. Das müßte es gewesen sein, nachdem die Medien ausführlich darüber orakelten, was Ron Sommer nun machen würde, wenn er sein Kabel-TV-Geschäft nicht an Liberty verkaufen kann. Seien Sie sicher: Es gibt andere Käufer. Ein zweiter Wert sollte auf die Watchlist: VW. Brüssel entscheidet bis Mai über den sog. VW-Vertrag, der dem Land Niedersachsen gewisse Vorrechte einräumt. Kippt dieser Vertrag, wovon ich ausgehe, rückt VW in eine neue Dimension. Bei 54 E. liegt der Breakpunkt für den Kurs. Gestern zum Schluß 53,95 E. Das ergibt insgesamt:
Barreserve halten oder schon in den Markt stecken? Gäbe es das Nahostthema nicht, würde ich die Kaufempfehlung massiver aussprechen. Da es sie nun einmal gibt, halte ich es für leichtfertig. Diese Entscheidung kann ich Ihnen nicht abnehmen. Dieses Thema beiseite zu legen, ist nicht verantwortungsvoll. Ich fahre also in den kommenden Wochen eindeutig zweigleisig. Sie brauchen dem nicht zu folgen. Aber beklagen Sie sich dann bitte nicht, wenn Sie im Falle einer solchen Konstellation nicht handlungsfähig sind.
Im MDAX überwogen gestern ebenfalls die Plusnotierungen. Dafür war mir aber das Umsatzvolumen grundsätzlich zu gering, was übrigens auch für alle DAX-Titel gilt. Lediglich bei Infineon ergab sich ein deutlich höherer Umsatz gegenüber dem Vortag. Das zeigt, daß die Power fehlt. In der nächsten AB sollten Sie die S. 2 sorgfältig lesen. Sie zeigt das technische Phänomen sehr eindeutig.
Zum Fall Mobilcom. Ich würde es nicht wagen, hier zu spekulieren. Die französischen Uhren gehen anders. Was Sie heute in den Medien lesen, ist sehr deutsch gedacht, aber entspricht nicht französischer Taktik. Setzen Sie deshalb eher auf France Télécom bei 27/29 E. und interessieren Sie sich nicht für die angebliche Verschuldungsproblematik der Franzosen. Paris steht fest dahinter und wird knallhart entscheiden, was für Frankreich gut ist. Das klingt sehr national, aber wer Paris kennt, weiß das einzuordnen. FT ist übrigens in fast der gleichen Ausgangslage wie Dt. Telekom mit dem Tiefstkurs bei 28,10 E., der bis auf einen Euro gleichfalls als zweiter Boden getestet wurde. Interessant, nicht wahr?
Japan hat gestern das Thema Bankensanierung entschieden. Es geht um immerhin 317 Mrd E. notleidende Kredite. Die dafür gegründete RCC Resolution and Collection Corporation ist die Nachbildung der amerikanischen UCC von 1990/1991, womit die berühmte saving and loan-Krise überwunden worden ist. Das war der Ausgangspunkt für die goldenen 90er Jahre in den USA. Auch für Japan? Sie werden es sicherlich nicht bemerkt und sich darüber gewundert haben, als ich im Nr. 03 auf dieses Thema schon einging: Der Nikkei ist auf einen Monat betrachtet mit Abstand der stärkste aller großen Indizes und hat Euro-Stoxx, S+P 500 und DAX in seiner relativen Stärke weit hinter sich gelassen. Das wird ein neues Thema werden.
Eine weitere Exoten-Nachricht: Rußland gilt als stark unterbewertet. Ob das so ist, wage ich nicht zu beurteilen. Aber es gibt ein interessantes Seminarprogramm am 11., 12. und 13. sowie 19. März, welches von dem mir bekannten Herrn Männicke veranstaltet wird. Darauf weise ich gerne hin. Weitere Informationen dazu unter Fax: 040 / 657 08 84.
Meine Empfehlung für heute: Die Konsolidierung auf den Anstieg vom September bis Januar geht in die letzte Runde. Die Chance für eine Frühjahrs-Rally wird in der nächsten Woche zu konkretisieren sein. Offiziell beginnt sie ab DAX 5250. Dann aber mit interessanten Aspekten. Da kann ich nur sagen: 'Bleiben Sie dran'.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
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