Entspannung
Hans Bernecker: Entspannung
Mails/Nachrichten vom 02.10.2002, Bernecker & Cie.
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Guten Morgen, meine Damen und Herren,
eine weitere technische Reaktion nach einem Ausverkaufstag oder ein erster Ansatz für den Verlauf, den ich Ihnen für den Oktober avisiert hatte? Der Schnittpunkt war der 30.09. Das ist zur Stunde nicht exakt zu beantworten, aber es gibt Indizien.
1) Gestern wirkten die Nachrichten anders als in den vergangenen sechs Wochen. Speziell im Fall INTEL und SUN MICROSYSTEMS mit der relativ lockeren Ankündigung einer etwas besseren Erwartung. Das ist natürlich dünn. Immerhin: SUN gewann 6 % nach einer deutlichen Verbesserung des operativen Ergebnisses. Dies muß ernst genommen werden. Die Hochtechnologie beginnt ernsthaft die Kosten in den Griff zu nehmen (inklusive Entlassungen), um die nachhaltige Rentabilität zu erreichen. SUN-Chef Mc Nealy sah es bis vor kurzem anders, weil er sich von qualifizierten Mitarbeitern nicht trennen wollte. Andere machen die Sanierung auf andere Weise. PALM legt die Aktien im Verhältnis 20:1 zusammen, so daß der Kurs entsprechend höher gesetzt wird. Das hat zur Folge: Die Zahl der ausstehenden Aktien reduziert sich dramatisch und der Gewinn je Aktie wird sich künftig im Zuwachs deutlich besser gestalten lassen.
2) 90 % warten auf ein Shake-out. Dann gibt’s keinen. Auch 90 % aller Analysten und Anlageberater sehen es ebenso. Kein Wunder, denn niemand von denen kennt eine richtige Baisse. Mein Szenarium hatte ich etwas anders beschrieben. Erster Erholungsansatz in diesem Monat mit anschließender kleinerer Korrektur und einem zweiten Ansatz im November. Das würde aber bedeuten: In diesem Fall hätte der DAX die obere Kante meiner Stabilisierungszone bei 2.500/2.700 mit 2.729 gerade touchiert oder ganz knapp verfehlt. Das wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Da der VDAX in der Spitze knapp 58 am 30.09. erreicht hat und gestern im Tief 53,70, spricht heute morgen viel dafür, daß diese Basis zunächst gehalten hat.
3) Die Reaktion der Amerikaner und Europäer auf den gestern vereinbarten Terminplan in Sachen Irak-Inspektionen ist zweifellos ein Lichtblick. Darüber wage ich natürlich keine Prognose zu stellen, weil es niemand kann. Das Ganze deutet aber eher in Richtung einer zwar verschärften, aber letztlich möglichen Inspektion. Und wenn es nur für drei oder vier Monate gilt: Es wäre eine Entspannung.
Wichtigste Erkenntnis in New York: Die berühmten großen Technologietitel mit höchster Kapitalisierung haben ähnlich wie Münchhausen sich an den eigenen Haaren aus dem Kurssumpf gezogen. IBM wieder über 60 $, GE exakt auf dem Tief vom September, MICROSOFT 1,80 $ über dem Tief, INTEL nur für 12 Stunden unterhalb von 14 $, und nur CISCO fiel auf 10,10 $ zurück.
Konsequenz für Sie: Der gestrigen Rally dürfte eine Fortsetzung heute morgen folgen. Sie springen dann aber auf feste Kurse auf. ALLIANZ gestern abend schon über 88 E. nach einem Tief bei 83,80 E. Je nach dem, wie die Eindeckungen der Shorts notwendig wird, ist ein Anziehen bis auf 130/135 E. jederzeit möglich. Das sind satte 40 - 45 %, je nach dem, wie Sie jetzt zum Zuge kommen. Für MÜNCHENER RÜCK gilt das gleiche. Wie Sie damit jedoch insgesamt umgehen, beschreibe ich in der nächsten AB, wobei ich nahe lege, den Sachverhalt auf der S. 1 nachzuvollziehen.
Folge: Heute werden mehr oder weniger alle Aktien steigen. Ob dies dann schon ein totales Kaufsignal wird, wird erst in der kommenden Woche zu diskutieren sein. In den Spielpapieren, die ich ausdrücklich nicht nenne, kann also auch gespielt werden. Wer strategisch denkt, verhält sich etwas zurückhaltend. Denn:
Eine Baisse über zweieinhalb Jahre mit 70 % Kursverlust endet nicht auf Knopfdruck. Ich bin allerdings mit dem Verlauf zunehmend zufriedener. Das gilt jedoch für den gesamten Oktober, inklusive November, worauf ich unbedingt hinweise.
Es mag Ihnen etwas merkwürdig erscheinen, wenn ich dies anfüge. Die Börse ist ein Antizipationsmechanismus. Sie hat die Schwäche der Konjunkturdaten richtig antizipiert, die sie jetzt in den Medien lesen oder aus der Statistik erhalten. Inklusive möglicher Zinssignale, die daraus erwachsen, antizipiert sie jetzt die Konjunkturtendenz der kommenden sechs bis zwölf Monate. Dann ist der viel besprochene Double Dip eingepreist. Wie dies wiederum funktioniert, entnehmen Sie bitte der nächsten AB auf S. 6.
Wir sprechen uns am Freitag wieder.
Herzlichst Ihr
Hans A. Bernecker
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