Ich bekenne mich schuldig. Konnte beim Rutsch unter 17 EUR nicht widerstehen und habe mich mit weiteren KO Scheinchen eingedeckt, die lieber Eugleno aktuell 20% im Plus liegen, dank Kursanstieg von 16,80 (Kaufkurs 31 Cent) auf aktuell 17,60 (Kurs 38 Cent).
Ich habe exakt dieses Scheinchen zuletzt beim Rebound zur SMA100 bei 19,04 EUR verkauft und mich tatsächlich über die unerwartete Rückkaufgelegenheit gefreut.
Buy low, sell high...
Die Q3 Zahlen waren unter den gegebenen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen gut.
Die heutige Marktreaktion nach dem gestrigen Schwächeanfall gegen 16:15 Uhr und dem anschließenden Rebound auf 17,5 EUR Richtung SMA 38 und SMA 50 deutet für mich darauf hin, dass der "Markt" das Zahlenwerk neutral einschätzt.
Der kleine Gewinnanstieg gegenüber Q2 deutet zumindest schon einmal in die richtige Richtung. Ich gehe davon aus, dass der eher dürftige operative Cashflow letztlich einen Kursanstieg verhindert hat. Auf den zweiten Blick dürfte der Markt dann allerdings die klare Botschaft des CFO zur Kenntnis genommen haben, der für Q4 einen signifikanten Anstieg des operativen Cashflows, gestützt auf Zahlungseingänge diverser Großkunden angekündigt hat.
Letztlich zählt an der Börse Cashflow immer stärker als Gewinn. Daher kam m.E. die verhaltene Marktreaktion auf eine durchaus erfreuliche Umsatz- und Gewinnentwicklung in Q3.
Das vorbörsliche Herumgezocke auf Tradegate darf man in der Tat nicht ernst nehmen. Da wurde der Kurs von Charties schnell mal zur SMA100 hochgejazzt... mit Xetra Start war dieser Fake sofort beendet... sieht man in letzter Zeit leider immer häufiger, dass im vorbörslichen Tradegatehandel brutale Fehlsignale von einigen Tradern gestreut werden.
Im besten Fall nutzt man einen solchen Fake-Bounce für Gewinnmitnahmen und kauft die Aktien dann nach Xetra Start mit deutlichem Rabatt zurück.
Ganz extrem war diese Farce am 5.11. bei Evotec, wo die Aktie vorbörslich um 10% in den Himmel geschossen wurde, um anschließend auf Xetra um 20% abgeschlachtet zu werden.
Wenn man solche Fehlsignale zwischen nach- und vorbörslichem Handel und dem Xetra-Handel gezielt in die eigene Handelsstrategie einbaut, lassen sich für uns Kleinaktionäre bisweilen schöne Zusatzrenditen erzielen. Voraussetzung dafür ist es natürlich, dass man sich ein eigenes Bild über die Qualität bestimmter News bildet und die Diskrepanz zur außerbörslichen "Marktreaktion" entdeckt.
Da einige Hebelscheinchen bereits im vorbörslichen Handel tradable sind, konnte man den gestrigen Fake-Run zur SMA100 sogar gehebelt für Gewinnmitnahmen nutzen.
Das eigentliche Übel an dieser unfassbaren Vola sehe ich darin, dass man mittlerweile eigentlich von 7:30 bis 23 Uhr unentwegt handelsbereit sein muss, was für langfristig investierende Kleinaktionäre schlicht ein absolutes Unding ist. Die Börse wird so immer mehr zum Casino und erzeugt unfassbar viel Frust über die immer stärker werdenden und kaum noch berechenbaren Kursausschläge bei im Grunde guten bzw. objektiv den Erwartungen entsprechenden Zahlen.
Ich habe mein Investitionskalkül dahingehend angepasst, dass ich neben einem Langfristdepot auch Tradingpositionen, vorzugsweise in KO Derivaten unterhalte, wo ich die erhöhte Vola im Umfeld von Quartalszahlenterminen oder politischen Ereignissen zur Erzielung kurzfristiger Zusatzrenditen nutze, um mich nicht permanent als Verlierer zu fühlen, weil die eigenen Aktien permanent schlechter zu laufen scheinen als der Gesamtmarkt und man kurze heftige Swings wie gestern im Langfristdepot schlicht nicht traden kann, wenn man die unter Diversifizierungsaspekten gewählte Depotzusammenstellung nicht unentwegt ändern will.
Mir persönlich hilft die Existenz meines Tradingdepots enorm, die im Langfristdepot befindlichen Wertpapiere tatsächlich dauerhaft zu halten und nicht das Gefühl zu haben, von kurzfristigen Akteuren ständig skalpiert zu werden, weil ich sich unverhofft bietende Tradingopportunitäten anderweitig für mich nutzen kann.
Nachvollziehbar frustrierten Aktionären wie Eugleno kann ich nur raten, das Gefühl, langfristig in einer unrentablen Position gefangen zu sein, abzulegen.
Wenn ich weiter fallende Kurse erwarte, weil ich ein Unternehmen für grottenschlecht erachte, dann ist Verkauf oder Hedging über Put Derivate die einzig betriebswirtschaftlich rationale Reaktion. Statt dessen den Frust der eigenen Handelsunfähigkeit durch tägliche Negativposts an vollkommen unschuldigen und überwiegend freundlich gesinnten Mitmenschen auszulassen, erachte ich als keine sinnvolle Schmerzbewältigungsstrategie. An der Börse geht es allein ums Geld Verdienen, nichts weiter. Ohne Risiko keine Chance auf die Erzielung von Überrenditen.
Wenn ich ein Management für unfähig erachte, suche ich mir ein anderes Investment, weil Vertrauen in die handelnden Personen für mich über allem anderen steht. Wenn ich hingegen von Management und Geschäftsmodell überzeugt bin, ist mir die kurzfristige Kursentwicklung schlicht egal, solange die fundamentale Unternehmensentwicklung meinem Investmentcase entspricht. Wenn nicht, bin ich raus. Es gibt jeden Tag neue Investitionschancen und keine Aktie ist es wert, mich ständig mit ihr zu beschäftigen geschweige denn mich mit permanent darüber zu ärgern.
Betriebswirtschaftlich ist doch glasklar... wenn ich überzeugt bin, dass eine Aktie ab Morgen besser performt als eine andere... dann verkaufe ich die Niete und investiere in die als besser erkannte Alternative, ganz gleich, ob ich dabei Kursverluste realisieren muss.
Verluste eines erkannten Fehlinvestments mit kühlem Kopf realisieren zu können ist m.E. eine der wichtigsten Voraussetzungen für nachhaltig erfolgreiches Aktieninvestment.
Wer das nicht kann, ist m.E. mit breit gestreuten Fonds und ETFs bei weitem besser bedient als mit Stockpicking.
Bei Lichte betrachtet laufen meine Fonds- und ETF Investments besser als mein Aktiendepot.
Aber es macht einfach mehr Spaß, Einzelinvestments zu tätigen... das Kind im Manne...
Betriebswirtschaftlich rational wäre es, das Spiel den Profis zu überlassen und sich auf ETF und Fondssparpläne sowie steuerlich weiterhin gegenüber Aktien extrem bevorteilte Immobilieninvestments zu fokussieren...