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29.05.2009 16:32
German Oil & Gas - schlechtes Timing
von Matthias von Arnim
Seit einigen Wochen umwirbt das Unternehmen German Oil & Gas AG deutsche Privatanleger mit Pressemeldungen und einer Roadshow. Anleger sollten das Unternehmen mit Vorsicht betrachten.
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Ortstermin Hotel Nikko in Düsseldorf, erster Stock, Raum Galilei. Neben der Flügeltür klebt das Schild "German Oil & Gas AG (GOG)". Die Firma will laut eigener Broschüre, mit der sie für die Veranstaltung geworben hat, dazu beitragen, "dass das Energie-Oligopol in Deutschland nachhaltig durchbrochen wird – zum Nutzen der Verbraucher, des Wettbewerbs und zum Wohle Deutschlands".
Raum Galilei ist gut gefüllt, zwei Damen und rund 40 Herren – die meisten davon im Rentenalter – sind der Einladung von GOG gefolgt. Sie erleben eine skurrile Vorstellung: Vorne am Pult stehen Jason Bleuel, der sich als CEO der German Oil & Gas AG vorstellt, und Victor Gill. Gill erzählt, dass er einen MBA-Abschluss und indische Vorfahren hat. Das sei wichtig, sagt die Übersetzerin, weil German Oil & Gas ja auch in Indien Ölfelder explorieren wolle.
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Bleuel und Gill lesen nacheinander einen englischen Text vor, dessen deutsche Übersetzung an die Leinwand projiziert wird und den die anwesende Übersetzerin vorliest. Von Ölfeldern im Golf von Mexiko und in Indien ist da die Rede – und davon, dass GOG demnächst in Zusammenarbeit mit der Deutsche Bahn-Tochter Schenker und dem russischen Öl-Multi Gazprom Maschinen-Öl aus Omsk nach Deutschland importieren will. Es ist der gleiche Text, der schon in der Einladungsbroschüre steht, den alle Anwesenden im Raum im Vorfeld per Post bekommen haben.
Der Text ist auch auf den Seiten von German Oil & Gas im Internet nachzulesen, auszugsweise in Pressemeldungen, die per dpa-AFX in den vergangenen Wochen verschickt wurden sowie in einer Aktien-"Empfehlungs"-Mail, dessen Absender "Börsenspion" zum "sofortigen massiven Einstieg zwischen 1,70 € und 2 €" rät. Kursziel sei auf Jahresbasis fünf Euro, für 2011 erwartet der Verfasser sogar einen Kurs von zehn Euro. Für die Domain "www.boersenspion.com" zeichnet Carsten Schmider verantwortlich. Im Vorfeld der Empfehlung war der Kurs blitzartig von 0,50 auf rund 1,70 Euro gestiegen. Es folgten erhöhte Umsatzzahlen und noch vor der Roadshow von Bleuel und Gill ein Kurseinbruch.
Alte Masche…
Das Phänomen eines steilen Kursanstiegs mit anschließender Bauchlandung ist nicht neu. Oft sind es schweizerische Aktiengesellschaften mit einem Grundkapital von 100.000 Schweizer Franken und zehn Millionen Aktien, die zu je einem Rappen gestückelt an die Börse gebracht und im Freiverkehr in Deutschland gehandelt werden. Die Aktienkurse werden im Vorfeld mit geringem Transaktionsvolumen in die Höhe getrieben. Dann folgen per Mail und in einschlägigen Internetforen Tipps von selbsternannten Experten, die selbst vorher in die Aktien investieren und sie dann dringend zum Kauf empfehlen. Finden sich genügend Privatanleger, die die Aktien zu den künstlich erhöhten Kursen erwerben, erzielen sowohl die Emittenten der Aktien als auch die Experten, die die Aktien im Vorfeld gekauft haben, hohe Gewinne.
Die Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beschreibt in ihrem Jahresbericht 2008 (siehe Link, ab Seite 161) ausführlich, wie das so genannte "Scalping" funktioniert. Mittlerweile haben sich auch verschiedene Staatsanwaltschaften des Themas angenommen. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat zuletzt im vergangenen Dezember im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Lübeck in Zusammenarbeit mit der Schweizer Kriminalpolizei und in enger Abstimmung mit der BaFin Hausdurchsuchungen bei mutmaßlichen Anlagebetrügern durchgeführt, die nach ähnlichem Muster verfuhren.
Es sprechen einige Indizien dafür, dass es sich auch bei der German Oil & Gas AG um ein Unternehmen handeln könnte, das ausschließlich zu dem Zweck gegründet wurde, unbedarften deutschen Anlegern Geld aus der Tasche zu ziehen. So genügen zwei Anrufe, um zu erfahren, dass weder Gazprom noch Schenker mit German Gas & Oil Geschäfte tätigen. Auch liegt der Hauptsitz der German Oil & Gas nicht, wie von ihr angegeben, in Frankfurt, sondern in der Magdalenenstraße in Zürich. In Frankfurt unterhält das Unternehmen erst seit kurzem ein kleines Mietbüro im Westhafen Tower.
Laut schweizerischem Handelsregister ist auch nicht der offizielle CEO Jason Bleuel für das Unternehmen zeichnungsberechtigt, sondern Stephan Eschmann. Eschmann ist nicht nur Verwaltungsrat bei der German Oil & Gas. Er betreibt eine ganze Reihe von Aktiengesellschaften in der Schweiz, unter anderem auch die Profi-ler Media AG, die den Börsenbrief Profi-ler herausgibt und mit Vorliebe Pennystocks empfiehlt. Eschmann und "Börsenspion" Schmider kennen sich schon lange, Eschmann war bis vor einem Jahr sogar an der Carsten Schmider AG beteiligt.
…neuer Dreh
Die German Oil & Gas AG wird jedoch nicht nur im Internet in Mails und Foren beworben, sondern erprobt mit ihrer Roadshow offensichtlich neue Wege: Am Ende des Abends im Nikko empfiehlt Gill den anwesenden Kleinanlegern die Zeichnung von Aktien aus einer Privatplatzierung. Anleger müssen sich laut Zeichnungsvertrag zwar darüber im Klaren sein, "dass die Einheiten des Unternehmens von keiner Wertpapierbehörde genehmigt oder abgelehnt/zurückgewiesen wurden und keine Registrierung der Papiere bei einer Regulierungsbehörde beantragt wurde".
Doch für nur 1,70 Euro pro Stück – zufällig auch der Empfehlungskurs aus der "Börsenspion"-Mail – könnten interessierte Anleger Anteile an einem Unternehmen mit enormen Wachstumsaussichten erwerben. Als Gill und Bleuel Raum Galilei verlassen, ist der Aktienkurs von German Gas & Oil allerdings schon auf 80 Eurocent gefallen. Schlechtes Timing.