George Soros – der Megaspekulant
von Detlev Landmesser
Was Spekulation bewirken kann, hat niemand je so schlüssig bewiesen wie George Soros. Doch mit seinen Milliarden will der Ungar heute nicht mehr die Märkte erschüttern, sondern nicht weniger, als die Welt zu verändern.
Sein wundersamer Werdegang gäbe genug Stoff für manchen Hollywood-Streifen, vielleicht gar für eine Erweckungsgeschichte mit biblischem Einschlag: George Soros ist nicht nur der Spekulant, der über Jahre hinweg die Devisenmärkte erschütterte. Seine zweite Karriere als politischer Gestalter zeigt den Multimilliardär von einer völlig anderen Seite.
Klassische Tellerwäscher-Karriere
1930 wurde György Soros als Sohn eines jüdischen Rechtsanwalts in Budapest geboren. Er entrann dem Holocaust und ging 1947 nach London, wo er sich als Kellner und mit weiteren Gelegenheitsjobs durchschlug. Mit einem Abschluss der London School of Economics und 5.000 Dollar in der Tasche ging er 1956 nach New York. Heute gilt er mit einem Vermögen von rund sieben Milliarden Dollar als einer der reichsten Männer der Welt.
Legendäre Devisenspekulationen
Der Weg dorthin ist vor allem mit seinem berühmten Quantum Fund verbunden. Nach einer Lehrzeit als "Junior Trader" an der Wall Street gründete Soros schließlich gemeinsam mit Jim Rogers den international agierenden Investmentfonds, der mit seinem spektakulären Anlagestil Geschichte schrieb. Untrennbar mit Soros‘ Namen verbunden bleiben wird die Abwertung des britischen Pfundes im September 1992, dem ein Kräftemessen zwischen dem Ungarn und der Bank of England vorausgegangen war. Dieser Coup soll Soros rund eine Milliarde Dollar eingebracht haben.
Mit einer ähnlichen Wette soll der Großspekulant 1997 den Zusammenbruch der malayischen Währung herbeigeführt haben. Dadurch wurde nicht weniger als die Asienkrise ausgelöst, die weltweit die Börsen auf Talfahrt schickte. Schließlich wurde Soros auch die Abwertung des Rubels im Jahr 1998 zugeschrieben.
Doch die Russlandkrise kostete auch Soros viel Geld. Im Jahr 2000 jedoch stellte der Finanzmagnat seine visionären Fähigkeiten erneut unter Beweis und verkündete bald nach dem Scheitelpunkt der Hausse seinen Rückzug von der Wall Street.
Politischer Visionär
Doch was macht man mit sieben Milliarden Dollar, wenn man über 70 ist? Man versucht, die Welt zu verändern. Schon seit Ende der Siebziger Jahre hat sich der Spekulant Soros nebenbei sozial engagiert. Seine außergewöhnliche Fähigkeit, künftige Entwicklungen vorauszuberechnen, hat er seither zunehmend in der Politik einzusetzen versucht. Und dies stets mit einem weit reichenden gesellschaftspolitischen Anliegen. Sein erklärtes Leitbild ist die Vision einer offenen Gesellschaft, wie sie der politische Philosoph Karl Popper entwarf.
Reichlich Raum für seine Ideen bot ihm die Transformation der osteuropäischen Staaten. Rund eine Milliarde Dollar hat Soros seither über sein "Open Society Institute" in die russische Wissenschaft und Bildungsinstitutionen investiert, etwa zwei Millionen Menschen profitierten von seinen Stipendien. Aber auch für den Aufbau der Zivilgesellschaften Ungarns und Polens und zuletzt für Georgien hat Soros Millionen springen lassen. Ohne seine Ziele in Osteuropa als erreicht anzusehen, hat er sich zunehmend auch in Afrika und Südasien engagiert.
Soros‘ größte Aufmerksamkeit gilt derzeit aber seiner Wahlheimat Amerika. Dort hat sich der Multimilliardär dem Kampf gegen den amtierenden Präsidenten George W. Bush verschrieben. Unter Bush sei Amerika eine Gefahr für die Welt, sagte Soros, und stilisierte die kommende Präsidentschaftswahl gar zur "Frage von Leben und Tod". Mit Unterstützungen in zweistelliger Millionenhöhe gilt Soros inzwischen als der wichtigste Geldgeber der Demokraten.
Liberaler Globalisierungskritiker
Das Zerrbild von Soros als hemmungsloser Turbokapitalist wird vollends brüchig, betrachtet man sein 2002 erschienenes Buch "On Globalization". Darin geht er vor allem mit der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds hart ins Gericht, und fordert Korrekturen am derzeitigen Globalisierungskurs.
Seine spekulative Ader hat George Soros indessen bis heute nicht verlassen. Mit einiger Verspätung ging in den vergangenen Monaten seine Spekulation im Silbermarkt auf. Im Mai 2003 hatte Soros in weiser Voraussicht angekündigt, er werde Dollar-Anlagen zu Gunsten anderer Währungen wie des Euros verkaufen – ein guter Visionär ist eben immer auch ein guter Spekulant.