Finanzpyramiden vor Zusammenbruch

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sir charles:

Finanzpyramiden vor Zusammenbruch

 
26.02.02 11:35
Finanzpyramiden vor Zusammenbruch

200.000 Slowaken droht der Verlust ihrer Ersparnisse, weil sie ihr Geld in gesetzlich erlaubten, aber umstrittenen Finanzpyramiden angelegt haben.


PRESSBURG. Mitten in einer Live-Sendung des privaten Fernsehsenders TV Markiza platzte am Sonntag die Bombe: Frantisek Mojzis, Eigentümer der umstrittenen Investmentfirma Drukos, erklärte, daß er ab sofort keine Rückzahlungen an seine Klienten mehr leisten werde. Gleichzeitig gab über Nachrichtenagenturen auch die ähnlich agierende Firma AGW die Schließung ihrer Filialen bekannt. Die Schuld für den riesigen Spekulationsskandal gab der windige Finanzjongleur der Regierung. Diese habe ein investitionsfeindliches Klima im Lande geschaffen und führe unter dem Deckmantel der "Aufklärung über Investitionsrisiken" eine politisch motivierte Desinformationskampagne gegen ihn, weil er erfolgreicher sei als alle regierungsnahen Finanzexperten.


Drukos und AGW sind gemeinsam mit der Firmengruppe Horizont die drei größten offiziell so genannten "Nichtbanksubjekte" der Slowakei. Alle drei zusammen haben laut Schätzungen von Finanzexperten seit Jahren von gutgläubigen Privatpersonen mit riesigem Werbeaufwand und irrealen Zinsversprechen Ersparnisse gesammelt, die auf insgesamt bis 20 Mrd. Kronen (476 Mill. Euro/6,5 Mrd. S) geschätzt werden. Die Horizont-Gruppe hat - wie berichtet - vor drei Wochen ihre Filialen geschlossen, ohne daß es bisher zu einer offiziellen Konkurseröffnung gekommen ist. Die Horizont-Eigentümer haben sich ins Ausland abgesetzt, die Polizei hat die noch auffindbaren Firmenunterlagen beschlagnahmt.

Mojzis nannte den erwarteten "Domino-Effekt" nach dem mutmaßlichen Zusammenbruch der Horizont-Gruppe als Auslöser für die Schließung von AGW und Drukos. Noch in der Fernsehsendung, in der er die Schließung seiner Auszahlungsstellen ankündigte, ließ Mojzis politische Muskeln spielen: Die Regierung solle sich gefälligst um die Sicherung der gefährdeten Einlagen kümmern. Denn die drei größten dieser Investmentfirmen zusammen hatten etwa 200.000 Klienten. Sie und ihre Familienangehörigen seien eine nicht zu ignorierende Macht, drohte er mit Blick auf die spätestens im September vorgesehenen Parlamentswahlen.

Großer Werbeaufwand

Finanzexperten wiesen zwar schon seit zwei Jahren darauf hin, daß die "Nichtbanksubjekte" nur nach dem System von Pyramidenspielen mit dem Geld neuer Anleger die Erträge der alten decken können und irgendwann zwangsläufig zusammenbrechen müssen. Alle Warnungen gingen aber in der Öffentlichkeit neben den großen Werbeaktivitäten der Firmen weitgehend unter. Auch profitierten alle relevanten Medien des Landes von den umfangreichen Werbeeinschaltungen und wiesen deshalb nur sehr verhalten auf die Risiken hin. Erst seit wenigen Wochen gibt es im Gefolge der Horizont-Schließung kritische Berichte.

Der Name "Nichtbanksubjekte" rührt daher, daß die Firmen ähnlich wie Banken mit ihnen anvertrautem Geld von kleinen Anlegern operieren, ohne aber unter das Bankgesetz zu fallen. Daher sind sie im Unterschied zu den Banken zu keinerlei Sicherungen für das ihnen anvertraute Kapital verpflichtet.

Mojzis hatte schon Mitte der 90er Jahre öffentlich auf sich aufmerksam gemacht. Nach angeblichen Erpressungsversuchen durch die Mafia soll er nach eigenen Worten seine Firma an die katholische Kirche übergeben haben. Ob die Kirche noch bis heute Anteile an seiner Unternehmensgruppe hält, ist nicht bekannt. Auch die näheren Umstände der angeblichen Mafia-Drohungen und der angeblichen Eigentumsübertragung an die Kirche bleiben im Dunkeln. Mojzis und seine Frau weigern sich nämlich konsequent im Prozeß gegen die von ihm geklagten mutmaßlichen Mafiosi auszusagen. Sie begründen diese Aussageverweigerung mit der Gefährdung ihres Lebens.


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