Kaum vorstellbar: Wenn die amerikanische Staatsschuld getilgt ist, dann gibt es auch keine US-Staatsanleihen mehr!
Ja ist denn dieser Mensch nie zufrieden? Diesen Eindruck könnte man fast bei Alan Greenspans jüngster Rede zum Thema Staatsverschuldung gewinnen. Nachdem er jahrelang nicht müde wurde, die US-Regierung zur Sparsamkeit und zum Abbau der Defizite anzuhalten, macht er sich nun Sorgen über zu hohe Überschüsse: "Mit der Tilgung der amerikanischen Staatsschuld sind einige negative Konsequenzen verbunden", so der Chairman der Fed. Alan Greenspan also ein ewiger Nörgler? - Keineswegs. Mit seinen Anmerkungen greift er ein Thema auf, das den Finanzmarktprofis in allen Kontinenten Kopfzerbrechen bereitet, Der Kern des Problems: Wenn die amerikanische Staatsschuld getilgt ist, dann gibt es auch keine US-Staatsanleihen mehr. Die so genannten "Treasuries" sind aber Dreh- und Angelpunkt der internationalen Anleihemärkte, Kaum jemand kann sich heute funktionierende Finanzmärkte richtig vorstellen, auf denen es diese Papiere nicht mehr gibt, Die Treasuries haben eine überragende Bedeutung - nicht nur für den US-Finanzmarkt. Sie gelten als die weltweit sicherste Geldanlage überhaupt, weil sie durch die mächtigste Großmacht der Welt garantiert werden, Sie sind damit der Referenzmaßstab, an dem sich die Bewertung aller anderen Anleihen orientiert. Für die Geldpolitik der Fed spielen diese Anleihen eine zentrale Rolle, sie haben eine Garantiefunktion bei der Vergabe von Zentralbankkredit. Auch internationale Devisenreserven werden überwiegend in US-Treasuries angelegt, Beispielsweise hält die Deutsche Bundesbank ihre Dollar-Reserven vorwiegend in Form dieser Papiere, Natürlich sollte man zunächst einmal mal nüchtern fragen, ob denn die US-Staatsschuld so bald verschwinden wird, In Deutschland ist man gewohnt, dass der Finanzminister für einen bestimmten Zeitpunkt das Ende aller Schulden voraussagt, Ist dieser Zeitpunkt da, dann sind die Defizite so hoch wie eh und je. Im Gegensatz dazu stehen die Chancen in Amerika auf ein Ende der Staatsschuld deutlich besser. Die Schuldentilgung ist auf dem Weg, Seit März 1998 konnte der Schuldenberg bereits von 3,5 auf 2,9 Billionen Dollar heruntergefahren werden, Die Schätzungen für die zu erwartenden Überschüsse für den Zeitraum 2002 bis 2011 belaufen sich auf 4,7 Billionen Dollar (das entspricht mehr als dem Doppelten des deutschen Sozialprodukts). Damit könnte die Staatsschuld mehr als getilgt werden. Der Sicherheitsabstand ist so groß, dass auch ein Konjunktureinbruch und eine ausgabefreudige Politik den schnellen Abbau der Staatsschuld nicht im Wege stehen, Das US-Finanzministerium tut momentan alles, um den Markt für seine Anleihen zumindest vorläufig aufrecht zu erhalten. Das neue Angebot wird auf wenige einzelne Emissionen konzentriert, Diese Emissionen sind groß genug, um eine liquide und attraktive Geldanlage darzustellen, Dabei greifen die Schuldenmanager auf einen Trick zurück: Um große Beträge an neuen Anleihen unters Volk bringen zu können, wird ein Teil des Erlöses verwendet, um alte Anleihen vor Fälligkeit zurückzukaufen, Im Rahmen dieser Rückkaufprogramme wurden knapp 200 Milliarden Dollar vom Markt genommen. Mit diesen Verfahren dürfte man noch ein paar Jahre Zeit gewinnen, bevor der Markt zu stark schrumpft, Kontrovers wird über eine weitere Möglichkeit diskutiert: Die Anlage von überschüssigen Staatseinnahmen in Wertpapieren von privaten Unternehme. Der Fiskus würde dann zu einer Art Bank, der Geld über den Verkauf von Anleihen bekommt und dies dann weiter verleiht. Alan Greenspan etwa macht aus seiner Ablehnung dieser Option keinen Hehl: Der Staat als Investor, das könne ja nur schief gehen, Summa summarum könnten die Märkte für US-Treasuries in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts wohl endgültig austrocknen, Trotz der Anpassungsprobleme für alle Beteiligten: Die Folgen werden positiv sein, über kurz oder lang werden andere Sorten von Anleihen - vielleicht hypothekengesicherte Bonds oder erstklassige Unternehmensanleihen - die Rolle der Treasuries als Benchmark übernehmen, Positiv wird sich dann aber vor allem der Zinseffekt auswirken: Das Ende des Kapitalhungers des US-Fiskus wird tendenziell die Zinsen weltweit sinken lassen - das Kapital wird in produktive Verwendungen fließen und das Wachstum vermehren, Manche Europäer erhoffen sich von dieser Entwicklung eine Stärkung des Euros. Die Hoffnung dürfte sich aber als Illusion erweisen, Das Ende der US_Staatsverschuldung verleiht vor allem der USWirtschaft höhere Wachstumserwartungen mit der Konsequenz eines eher noch stärkeren Dollars.
Von Friedrich Heinemann SZ.04.07.01
Ist schon erstaunlich, mit was andere zu kämpfen haben. Ich wünschte Eichel und co. hätten ähnliche Probleme.
Gruß Borgling
Ja ist denn dieser Mensch nie zufrieden? Diesen Eindruck könnte man fast bei Alan Greenspans jüngster Rede zum Thema Staatsverschuldung gewinnen. Nachdem er jahrelang nicht müde wurde, die US-Regierung zur Sparsamkeit und zum Abbau der Defizite anzuhalten, macht er sich nun Sorgen über zu hohe Überschüsse: "Mit der Tilgung der amerikanischen Staatsschuld sind einige negative Konsequenzen verbunden", so der Chairman der Fed. Alan Greenspan also ein ewiger Nörgler? - Keineswegs. Mit seinen Anmerkungen greift er ein Thema auf, das den Finanzmarktprofis in allen Kontinenten Kopfzerbrechen bereitet, Der Kern des Problems: Wenn die amerikanische Staatsschuld getilgt ist, dann gibt es auch keine US-Staatsanleihen mehr. Die so genannten "Treasuries" sind aber Dreh- und Angelpunkt der internationalen Anleihemärkte, Kaum jemand kann sich heute funktionierende Finanzmärkte richtig vorstellen, auf denen es diese Papiere nicht mehr gibt, Die Treasuries haben eine überragende Bedeutung - nicht nur für den US-Finanzmarkt. Sie gelten als die weltweit sicherste Geldanlage überhaupt, weil sie durch die mächtigste Großmacht der Welt garantiert werden, Sie sind damit der Referenzmaßstab, an dem sich die Bewertung aller anderen Anleihen orientiert. Für die Geldpolitik der Fed spielen diese Anleihen eine zentrale Rolle, sie haben eine Garantiefunktion bei der Vergabe von Zentralbankkredit. Auch internationale Devisenreserven werden überwiegend in US-Treasuries angelegt, Beispielsweise hält die Deutsche Bundesbank ihre Dollar-Reserven vorwiegend in Form dieser Papiere, Natürlich sollte man zunächst einmal mal nüchtern fragen, ob denn die US-Staatsschuld so bald verschwinden wird, In Deutschland ist man gewohnt, dass der Finanzminister für einen bestimmten Zeitpunkt das Ende aller Schulden voraussagt, Ist dieser Zeitpunkt da, dann sind die Defizite so hoch wie eh und je. Im Gegensatz dazu stehen die Chancen in Amerika auf ein Ende der Staatsschuld deutlich besser. Die Schuldentilgung ist auf dem Weg, Seit März 1998 konnte der Schuldenberg bereits von 3,5 auf 2,9 Billionen Dollar heruntergefahren werden, Die Schätzungen für die zu erwartenden Überschüsse für den Zeitraum 2002 bis 2011 belaufen sich auf 4,7 Billionen Dollar (das entspricht mehr als dem Doppelten des deutschen Sozialprodukts). Damit könnte die Staatsschuld mehr als getilgt werden. Der Sicherheitsabstand ist so groß, dass auch ein Konjunktureinbruch und eine ausgabefreudige Politik den schnellen Abbau der Staatsschuld nicht im Wege stehen, Das US-Finanzministerium tut momentan alles, um den Markt für seine Anleihen zumindest vorläufig aufrecht zu erhalten. Das neue Angebot wird auf wenige einzelne Emissionen konzentriert, Diese Emissionen sind groß genug, um eine liquide und attraktive Geldanlage darzustellen, Dabei greifen die Schuldenmanager auf einen Trick zurück: Um große Beträge an neuen Anleihen unters Volk bringen zu können, wird ein Teil des Erlöses verwendet, um alte Anleihen vor Fälligkeit zurückzukaufen, Im Rahmen dieser Rückkaufprogramme wurden knapp 200 Milliarden Dollar vom Markt genommen. Mit diesen Verfahren dürfte man noch ein paar Jahre Zeit gewinnen, bevor der Markt zu stark schrumpft, Kontrovers wird über eine weitere Möglichkeit diskutiert: Die Anlage von überschüssigen Staatseinnahmen in Wertpapieren von privaten Unternehme. Der Fiskus würde dann zu einer Art Bank, der Geld über den Verkauf von Anleihen bekommt und dies dann weiter verleiht. Alan Greenspan etwa macht aus seiner Ablehnung dieser Option keinen Hehl: Der Staat als Investor, das könne ja nur schief gehen, Summa summarum könnten die Märkte für US-Treasuries in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts wohl endgültig austrocknen, Trotz der Anpassungsprobleme für alle Beteiligten: Die Folgen werden positiv sein, über kurz oder lang werden andere Sorten von Anleihen - vielleicht hypothekengesicherte Bonds oder erstklassige Unternehmensanleihen - die Rolle der Treasuries als Benchmark übernehmen, Positiv wird sich dann aber vor allem der Zinseffekt auswirken: Das Ende des Kapitalhungers des US-Fiskus wird tendenziell die Zinsen weltweit sinken lassen - das Kapital wird in produktive Verwendungen fließen und das Wachstum vermehren, Manche Europäer erhoffen sich von dieser Entwicklung eine Stärkung des Euros. Die Hoffnung dürfte sich aber als Illusion erweisen, Das Ende der US_Staatsverschuldung verleiht vor allem der USWirtschaft höhere Wachstumserwartungen mit der Konsequenz eines eher noch stärkeren Dollars.
Von Friedrich Heinemann SZ.04.07.01
Ist schon erstaunlich, mit was andere zu kämpfen haben. Ich wünschte Eichel und co. hätten ähnliche Probleme.
Gruß Borgling