Endlich wieder ein stimmiges Bild
Falls Sie genau wissen wollen, was aktuell passiert ist: Das war eine bearishe Bullenfalle gefolgt von eine bullishen Bärenfalle. Ich erlaube mir nun, drei Gedankenstriche folgen zu lassen - - -.
Sie glauben nicht, was in meinem Umfeld los ist. Meine Kollegen sind alle, gelinde gesagt, etwas emotional zur Zeit. Kein Wunder. Kaum hatte es sich erholt, holte der Dax gestern erneut die große Bärenkeule hervor und vertrieb mit einem heftigen Abverkauf die Bullen vom Parkett. Heute Morgen dann wollten die Bären ihren indianischen Freudentanz aufführen, schwups wandelte sich die Bärenkeule in einen Bullensäbel, der sämtliche Bärenträume abrasierte.
„Ich hör’ nun aber endgültig auf mit der Börse, ich habe keinen Bock mehr!“, so ein Kollege heute. Die Kommentare eines anderen in zeitlicher Reihenfolge: „Wir sichern uns jetzt ab, das reicht. Nein, wir sichern uns nicht ab. So, jetzt haben wir uns doch abgesichert – Schei...., hätten wir doch nicht!“ Ein anderer Kollege, etwas resigniert: „Am Donnerstag wird es anziehen, da fahre ich in Urlaub.“ Und dann noch dieser Satz, den ich heute vorbörslich gehört habe: „Ich hab alles richtig gemacht, ich hab gestern verkauft!“ Nur, um ein paar Aussagen von heute zu erwähnen.
"Spaß" (um nicht zu sagen Zynismus) beiseite. Diese Hin und Her ist verrückt genug und hat nur den Intraday-Tradern wirklich Freude bereitet. Ob dieser wilde Ritt schon zu Ende ist? Ich weiß es nicht. Ich glaube man sollte im Moment etwas abwarten, wohin der Markt sich nun WIRKLICH entscheidet. Aber ich habe derweil eine interessante neue These für Sie:
Die eigentlich Ursache für den Abverkauf?
Wie Sie wissen, war ich etwas unsicher, was in den USA gespielt wird. Nun habe ich wieder etwas mehr Boden unter den Füßen und kann Ihnen heute das Thema der nächsten Monate nennen, zumindest eines der Themen: Die Kongresswahlen.
Gestern hat sich nämlich meiner Meinung nach der Markt verraten. Ich befürchte, dass hier schon eventuell Verkäufe getätigt werden, da einige Adressen nicht mehr damit rechnen, dass Bush (sprich die Konservativen) die Kongresswahlen (nicht zu verwechseln mit dem Präsidentschaftswahlen) im November für sich entscheiden kann. Der erneute Wechsel des Finanzministers scheint als weiteres Indiz für die Sorge in der eigenen Partei zu stehen, die Mehrheit im Kongress zu verlieren.
Einer der Gründe für meine bullishe Einschätzung für den Sommer
Eigentlich waren die Kongresswahlen bisher einer der Gründe, warum ich bullish für die US-Märkte bin. Ansonsten sind die Kongresswahljahre eher sommermüde. Doch es passiert nicht oft, dass in beiden Kammern die Mehrheit herrscht. Und diese gilt es zu behalten, ich habe deswegen damit gerechnet, dass hier einiges getan wird.
Ich bin also davon ausgegangen, dass die Konservativen in den USA alles daran setzen werden, die Bürger positiv zu stimmen. Das Spiel ist nicht ganz neu: Der Ölpreis wird „manipuliert“, damit die Benzinpreise im Sommer sinken. Denn sinkenden Benzinpreise heben eindeutig die Stimmung der Verbraucher. Das passt zu der Aussage von Bush im April, dass die Regierung die Ölvorräte im Sommer nicht erhöhen werden. Wir wissen schon warum.
Ebenso sind steigende Aktienkurse im den vergleichsweise aktienverliebten USA ein guter Garant für steigende Stimmung der Bevölkerung. Aus diesem Grund bin ich davon ausgegangen, dass auch hier ein wenig gedreht wird – wahrscheinlich über die Zinsen
Wie hat sich der Markt verraten?
Gestern wurde das Verbrauchervertrauen veröffentlicht. Entscheidend war jedoch ein Teilindex dieses Verbrauchervertrauensindex, nämlich der Erwartungsindex. Dieser sank extrem deutlich auf 83,7 Punkten nach zuvor 92,3 Punkten (Ich konnte Ihnen gestern nur den Gesamtindex liefern).
Nun kennen wir das Spiel seit Wochen/Monaten: Schlechte Konjunkturdaten sind gut für die Aktienkurse, da dadurch die Zinssorgen sinken. Warum also wurde gestern der Markt „trotz“ dieser schlechten Zahlen abverkauft? Es macht nur dann Sinn, wenn man das Verbrauchervertrauen auch als Indikator für die Kongresswahlen wertet. Sozusagen als Stimmungsindex in der Bevölkerung: Ist die Stimmung schlecht, dann werden die Bürger eher die Demokraten wählen, sind die Bürger zufrieden, würden sie die Konservativen bestätigen.
Und dann wird das Bild insgesamt logisch. Der Markt fängt nun neben den Zinssorgen und den Inflationssorgen an, das Thema „Politik“ zu spielen. Die aktuelle US-Regierung steht ziemlich unter Druck und es muss auf jeden Fall vermieden werden, dass es bei den Kongresswahlen zu einem Debakel kommt. Das könnte sogar zu einer politisch unsicheren Situation in den USA führen, je nachdem wie dramatisch das Debakel ausfallen würde. Im Moment ist der Markt in Sorge, dass die Konservativen das Rad nicht mehr rumreißen können.
Die Konservativen werden Schadensbegrenzung betreiben müssen
Aus diesem Grund denke ich, dass die Konservativen bemüht sein werden, den Schaden zu begrenzen. Es kann also sein, dass wir zwar einen schlechten Mai erwischen, allerdings einen „überraschend“ guten Sommer mitnehmen können. Es wird ein wenig davon abhängen, ob solche kosmetischen Maßnahmen (Ölpreis und Aktienmarkt) tatsächlich vorgenommen werden.
Aus diesem Blickwinkel heraus, wird auch die Nominierung des Goldman Sachs CEO, Henry Paulson, als neuer Finanzminister logisch. Der ehemalige Chef eines der größten US-Investmentbanken wird sicherlich wissen, wie man die eigenen „Leute“ dazu bringt, in den US-Aktienmarkt zu investieren...
Zum Markt zurück
Heute um 20.00 Uhr wird das Fed-Protokoll der letzten Fed-Sitzung veröffentlicht. Das kann wieder den Markt bewegen und zwar in beide Richtungen. Sollten darin Anzeichen zu finden sein, dass es doch eher bald zu einer Aussetzung der Zinserhöhungen kommen wird, dann wird der Markt das feiern. Werden diese Anzeichen jedoch fehlen, oder sogar das krasse Gegenteil als Fazit veröffentlicht, würde ich so langsam in Deckung gehen.
Dass die USA Märkte heute vergleichsweise stark sind, hat mehrere Gründe. Es ist zum einen zunächst nur eine technische Gegenbewegung nach dem starken Abverkauf gestern. Dann sank der Ölpreis im Zusammenhang mit einer Nachricht, dass die USA dem Iran nun doch direkte Gespräche zur Lösung des Atomskonflikts angeboten habe. Danach wünsche die USA eine „neue und positive Beziehung“ mit dem Iran. Sind hier schon erste Schritte in Richtung Wahlkampf zu erkennen?
Natürlich habe aber auch die Shorties ihren Teil zu dem aktuellen Anstieg beigetragen. Hier werden nun einige ihre leer verkauften Positionen zurückkaufen, um für den Fall, dass es zu einer positiven Überraschung bei dem Fed-Protokoll kommt, nicht in eine Short-Squeeze zu geraten. Zum Schluss wird es die typischen Käufe von Tradern geben, die sich denken:“ Och, ein kleines Positiönchen - wenn es zu einer Enttäuschung kommt, bin ich schnell wieder raus mit kleinem Verlust. Wenn es zu einer positiven Überraschung kommt, bleibe ich drin und kann vielleicht `ne fette Shortzqueeze mitnehmen!“
Wichtig wird, wie sich der Markt nach dieser Veröffentlichung, respektive morgen entwickelt. Mir wäre am liebsten: Heute endlich ein befreiender Sell Off (Ausverkauf) in den USA. Morgen taucht der Dax anschließend noch einmal heftig unter die 5500 Punkte, und dann drehen die Amis und steigen und steigen und steigen....
Aber wann tut der Markt schon das, was man sich wünscht?
US-Konjunkturdaten
Der Einkaufsmanagerindex Chicago notiert bei 61,5. Erwartet wurde der Index bei 56,0 bis 57,0 nach zuvor 57,2.
Wichtig, der Unterindex "bezahlte Preise" ist leicht von 77,2 Punkte auf 76,9 Punkte gesunken. Das kann als Hinweis auf sinkende Inflationsgefahren gewertet werde.
Wichtiger wird aber der ISM Index sein, der morgen veröffentlicht wird.
Gruß Moya 