FTD: Agfa lässt sich mit Aufspaltung Zeit
06.02.2008 - 22:39 Der belgische Bildtechnikkonzern Agfa-Gevaert hatte seine Selbstzerschlagung in drei Teile für Mitte 2008 vorgesehen. Jetzt hält das Unternehmen es für möglich, die Aufteilung noch einmal zu verschieben.
Vorrangig sei erst einmal, die Gewinnlage zu verbessern, sagte der neue Vorstandschef Jo Cornu. Auch sei das Börsenklima momentan schwach. Die Aufspaltung dürfte zudem anders ablaufen als vorgesehen - nach bisherigem Plan sollte Agfa-Gevaert gleichzeitig in drei börsennotierte Gesellschaften zerfallen.
Cornu stellt damit wichtige Details des Zerschlagungsprozesses infrage. Agfa-Gevaert betreibt drei Sparten: Die Grafik- und Drucksparte (Graphics) stellt Tintenstrahldrucker für die Industrie, Plattenbelichter, Software für Zeitungsverlage und andere Druckereiprodukte her. Zur Medizintechnik (Healthcare) gehören Röntgentische und -filme, Bildverarbeitungsgeräte und Medizinsoftware. Die dritte Sparte (Specialty Products) beliefert die Spielfilmbranche mit Filmmaterial und Banknotenhersteller mit Software. Das Geschäft mit normalen Fotofilmen, für das der Name Agfa weltweit bekannt wurde, gehört nicht mehr zum Konzern: Die Belgier verkauften die Agfa Photo GmbH 2004 an Investoren. Kurz darauf ging diese Gesellschaft mit Sitz in Leverkusen in die Insolvenz.
Agfa-Gevaert kündigte vor knapp einem Jahr an, seine drei Sparten noch 2007 an die Börse zu bringen. Im Sommer wurde das auf 2008 verschoben. Schon damals nannte der Vorstand als Grund, er müsse erst das schwächelnde operative Geschäft verbessern. Dazu kam in der Zwischenzeit beachtliches Hin und Her im Management: Der erfolglose Chef Marc Olivié trat im Juni ab, interimistisch übernahm Aufsichtsratschef und Ex-Vorstandschef Ludo Verhoeven die Führung. Er gab das Amt im Dezember an Cornu ab. Zu Jahresbeginn wurde auch noch der Healthcare-Chef ausgewechselt.
Auch das neue Zeitziel 2008 erreicht Agfa-Gevaert nun möglicherweise nicht. "Das kann man nicht mit Sicherheit sagen", sagte Cornu bei einem Besuch des Produktionsstandorts Wiesbaden. "Wie lange der Prozess dauert, ist unmöglich vorherzusehen." Das Ziel 2008 bestehe zwar weiterhin. Aber: "Wir konzentrieren uns im Moment darauf, das operative Ergebnis zu verbessern."
Die konjunkturelle Unsicherheit sowie die Bankenkrise haben die internationalen Aktienmärkte unter Druck gebracht. Damit sinken die Chancen auf hohe Erlöse bei einem Börsengang. Zudem geben Banken seit einiger Zeit weniger großzügig Kredite. Vor allem Finanzinvestoren geben daher nicht mehr so forsch Übernahmegebote für Firmen oder Firmensparten ab.
Cornu sieht den Direktverkauf einer oder mehrerer Sparten als ernste Alternative zum Börsengang. Der "Big Bang" - also der große Knall, die Dreieraufspaltung auf einen Schlag - sei nicht einmal das absehbare Szenario: "Es ist fast unwahrscheinlich, dass es völlig geschieht wie damals vorgesehen." Agfa Gevaert begründet die Aufspaltung damit, dass die Einzelteile für Investoren in Summe wertvoller seien als das jetzige Konglomerat. Das Unternehmen führt derzeit noch einen Rechtsstreit mit dem Käufer von Agfa Photo, dem Investor Hartmut Emans. Der macht Fehlinformationen bei der Veräußerung geltend. Cornu wies das zurück und sprach von "Wahnvorstellungen" von Emans. Der habe das Unternehmen bestens gekannt.
Autor/Autoren: Klaus Max Smolka (Wiesbaden)
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