Droht dem Euro ein "neues Weimar"?


Beiträge: 14
Zugriffe: 4.188 / Heute: 16
Euro-Bund Future 128,2087 +0,07% Perf. seit Threadbeginn:   ---
 
Frieda Friedlich:

Droht dem Euro ein "neues Weimar"?

2
07.09.25 13:22
Es soll hier im Thread um die Frage gehen, welche der beiden Haupt-Weltwährungen - Euro oder US-Dollar - sicherer vor galoppierender Inflation ist.

1. Die Lage in Europa

Die Deutschen haben 1923 und 1948 zwei Mal eine komplette Entwertung ihrer Währung miterleben müssen, in beiden Fällen kriegsbedingt. Aber auch Wirtschaftskrieg kann einer Währung gefährlich werden - siehe die Eurokrise 2012, als Hedgefonds sich "über den Euro hermachten".

Besonders gefährlich für eine Währung ist, wenn die Staatsausgaben in die Höhe schießen, aber die Wirtschaft (genauer: das BIP) nicht im gleichen Maße mitwächst. Dann steigt die Staatsschuldenquote (Verhältnis von Staatsschulden zu BIP), die aktuell in Frankreich bereits 116% erreicht hat und nicht mehr weit von der Italiens (140%) entfernt ist. Auch Belgien ist mit 104% ein neuer Eurozonen-Wackelkandidat. Ganz zu schweigen vom ewig dümpelnden Griechenland (153%).

www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/...izit-schulden-eu.html

Warum ist eine hohe Staatsschuldenquote so gefährlich? Weil dann irgendwann ein Großteil der Steuereinnahmen dafür verwendet werden muss, um die Zinsen auf die Altschulden zu bedienen. Ökonomen sehen die kritische Grenze bei ca. 140%. Dann bleibt kaum noch Geld, um z. B. Staatsangestellte und Beamte zu bezahlen - außer eben durch noch mehr Kreditaufnahme, die die Schuldenquote aber noch weiter hochtreibt (Todes-Spirale).

Europa leidet zusätzlich deutlich unter den Russlandsanktionen sowie unter der - ebenfalls sanktionsbedingten - teuren Energie. Deutschland bezieht statt billigem Pipelinegas aus dem Osten jetzt teure Flüssiggasimporte aus USA. Die teure Energie in D. ist mMn der Hauptgrund dafür, dass die deutsche Wirtschaft seit 2021 kaum noch wächst. Industrie von Chemie über Stahl bis Autos nehmen zunehmend Reißaus und verlagern die Produktion ins billigere (Löhne, Steuern, Energie, Auflagen) Ausland. Überbordende Bürokratie und Regulationswut gelten als weitere Störfaktoren. In der Folge ist in D. die Arbeitslosenquote inzwischen auf über 3 Millionen gestiegen - der höchste Wert seit 1991

www.tagesschau.de/wirtschaft/arbeitsmarkt/...enzahlen-august-100.html
(Verkleinert auf 54%) vergrößern
Droht dem Euro ein neues Weimar? 1494352
Antworten
Frieda Friedlich:

Teil 2 (Fortsetzung)

2
07.09.25 13:25
...Zwar ist die deutsche Staatsverschuldung mit ca. 62,5% im europäischen Vergleich noch recht niedrig. Aber sie dürfte demnächst - wegen Friedrich Merz' Neuverschuldung in Billionenhöhe für Infrastruktur und militärische Aufrüstung - ebenfalls rasant steigen. Kann D. dann noch als Rettungsanker des Euro fungieren?

Hinzu kommt das Grundproblem bei Rüstungs-"Investitionen": Sie erzeugen später kaum Cash-Flow - mit der fatalen Folge, dass das BIP mit den "Rüstungsschulden" nur wenig bis gar nicht mitwächst. Es gibt nur kurzfristige Effekte wie z. B. Neuanstellungen in Rüstungsfabriken, aber kaum langfristigen wirtschaftlichen Nutzen.  Später stehen die vielen Panzer (hoffentlich) nur rum, rosten und verschlingen weitere Wartungsmilliarden. (Überhaupt sind Investitionen in Panzer in Zeiten der Drohnenkriege äußerst fragwürdig. Eine 20.000-Euro-Drohnen kann ein viele Millionen teuren Panzer in Null-Komma-Nicht zerschießen...)

Es ist mMn eine Schnapsidee, wenn Merz und Co. glauben, mit Aufrüstung auf Kredit aus der deutschen Dauerkrise seit 2021 herauszukommen. Ein solcher Rüstungsirrsinn hat Deutschland schon einmal das Genick gebrochen - nämlich als unser GröFAZ 1934 mit einer gigantischen Aufrüstung auf Pump begann, wobei die rapide anwachsende Staatsverschuldung vor dem kritisch äugenden Ausland "geschickt" (genauer: heimtückisch) mit Hilfe der sog. Mefo-Wechsel versteckt wurde.

de.wikipedia.org/wiki/Mefo-Wechsel

Politisch begeht Europa den Fehler, immer stärker als Knecht der USA zu agieren, statt energisch für die eigenen Interessen einzutreten. Trump hat v. d. Leyen kürzlich in Schottland bei den Zollverhandlungen brutal und fast schon grotesk über den Tisch gezogen.

Last not least machen die EU-Pläne, das in Europa eingefrorene russische Vermögen für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden, den Euro als Anlagewährung nicht gerade sicherer. Mancher Golfstaat wird sich fragen, ob seine Geldanlagen in Euro wirklich vor willkürlichem Staatszugriff sicher sind...
Antworten
Frieda Friedlich:

Teil 3 (Fortsetzung)

2
07.09.25 13:28
Die Lage in USA

Trump betreibt mMn eine wirtschaftsschädliche Politik. Seine Zölle dürften die Inflation weiter hochtreiben, ebenso die Aussiedlung von bislang 1,5 Mio. "illegalen Ausländern", die dem US-Arbeitsmarkt als Billiglöhnèr fehlen. Ein Drittel aller Stellen im Bau wurde bislang mit illegal in den USA arbeitenden Ausländern (meist Latinos) besetzt, im Agrarbereich sogar etwa die Hälfte. Arbeit wird dadurch in USA deutlich teurer. Ob die Firmen die Mehrkosten zu zahlen bereit sind, ist mehr als fraglich, denn es geht schließlich um ihre wirtschaftliche Existenz: Ein von "Bìo-Amis" gebautes Haus, das 1,5 Mio. Dollar kostet, ist kaum noch verkäuflich.

Dass die US-Notenband Fed so lange gezögert hat, die Leitzinsen herunterzusetzen, liegt u. a. daran, dass Chef Powell und seine Mitstreiter aus guten Gründen einen Inflationsschub aus Trumps verfehlter Wirtschaftspolitik erwarten. Dieser Auffassung sind auch viele klassische US-Ökonomen - außer den teils unterbelichteten Abnickern aus Trumps Dunstkreis.

Bei der Neuverschuldung kennen die Amis keine Maastricht-Kriterien (Eurozonen-Staaten halten sich freilich auch kaum mehr daran). Die US-Neuverschuldung lag in den letzten Jahren bei 6 bis 7%, während das BIP-wachstum deutlich darunter lag. Eben deshalb ist auch die US-Schuldenquote deutlich gestiegen - auf inzwischen ca. 126%. Das ist bereits ein kritischer Wert (liegt etwa zwischen Frankreich und Italien).

U. a. deshalb befindet sich der US-Dollar gegenüber dem Euro seit Jahrebeginn im Sinkflug. Der Dollar fiel von EUR/USD 1,03 Anfang des Jahres auf inzwischen 1,17. Sieht man sich allerdings den Langzeit-Chart von EUR/USD (unten) an, erkennt man einen intakten langfristigen Abwärtstrend. Das Paar stößt gerade wieder am oberen Ende des Trendkanals an.

Allerdings ist dieser Dollarwertverfall von Trump und Co. auch politisch gewollt, um das Ausland (viele Halter von US-Staatsanleihen sind Ausländer, u. a. ausländische Zentralbanken) "abzustrafen".  Trump glaubt, die Restwelt würde sich auf Kosten der USA bereichern, indem sie Überproduktion betreibt, die sie gewinnbringend in USA absetzt, und diese Überschüsse dann in Dollar-Anlagen (Aktien, Anleihen) investiert. Gegen diese Theorie haben vor allem renommierte Ökonomen starke Bedenken. Sie sehen im Gegenteil die (fraglos immer noch bestehende) wirtschaftliche Stärke der USA als Folge der globalen Billigimporte in die USA, vor allem aus China. Damit importiert USA "Deflation", die bei hoher Staatsschuldenquote vorteilhaft ist. Mehr als die Hälfe aller Waren aus Walmarts Sortiment stammen aus dem Billigland China.
Antworten
Frieda Friedlich:

Teil 4 (Ende)

2
07.09.25 13:30
Wenn Trump ewig an der Macht bliebe, hätte ich bezüglich Dollar-Geldanlagen starke Bedenken. Ich erwarte jedoch, dass seine verfehlte Wirtschaftspolitik schon bald zu Inflation und Wachstumsschwäche ("Stagflation") führen wird. Trump wurde vor allem gewählt, weil die Amis von der galoppierenden Inflation seit 2021 geschockt sind, für die sie Biden verantwortlich machen. Für die heute 30 bis 45-Jährigen Amis ist der "amerikanische Traum" eines eigenen Hauses inzwischen kaum mehr erfüllbar.

Sobald sich jedoch die drohende Trump-Stagflation manifestiert - seit Juni liegt die Zahl der neugeschaffenen US-Stellen unter 35.000, letzten Freitag war es sogar nur noch 22.000 -, wird auch seinen MAGA-Fans dämmern, dass ihr Wirtschaftskaiser nàckt herumläuft. Seine antiquierten Patent-Rezepte, Industriearbeitsplätze in die USA zurückzuholen, entspringen dem  wirklichkeitsfernen Traum, die Stahl- und Autowirtschaft der 1950er Jahre neu zu beleben und damit neue Arbeitsplätze im Rust Belt zu schaffen. Dort kommt auch Vize J. D. Vance her, der Trumps Thesen teilt. Tatsache ist jedoch, dass Industrie für USA kaum noch eine Rolle spielt: Über 80% der US-Firmen verdienen ihr Geld mit Dienstleistungen (siehe Google, Microsoft, Meta und Co.)

Sollten meine obigen Erwartungen eintreffen, dass sich die wirtschaftliche Lage in USA zunehmend eintrübt ("Trump-Stagflation), dürfte Trump bei der Zwischenwahl 2026 krachend verlieren, was ihn für die Restamtszeit bei 2028 zur "lame duck" macht, die kein Gesetz mehr durchbringen kann. Das sollte den US-Dollar dann wieder stärken. Man sollte auch nicht übersehen, dass der US-Dollar seine relative Stärke daraus bezieht, dass USA die führende Militärmacht der Welt ist und auch vorerst bleibt.

FAZIT: In der aktuellen Gemengelage scheint mit der US-Dollar der "Einäugige unter den Blinden" zu sein, während der Euro Gefahr läuft, in einer Wiederauflage der 2012-Eurokrise  - dieses Mal ausgelöst durch Frankreich - stark an Wert zu verlieren. Auch EZB-Rettungsprogrammen wie damals unter Dràghi dürfte künftig weniger Erfolg beschieden sein. Denn je öfter sie angewendet werden, desto stärker stumpfen sie als Mittel ab. Letztlich werden die Gesamtschulden der Eurozone ja auch nicht geringer, wenn die EZB als Retter der letzten Instanz Staatsbankrotte durch strategische Anleihenaufkäufe (TPI-Programm, siehe unten) abzuwenden versucht. Es ist letztlich nur Kurs-Kosmetik.

Erschwerend hinzu kommt, dass ein Großteil der Eurozonen-Staatsanleihen von europäischen Banken gehalten werden: Es droht ein "Doom Loop" (Artikel unten). Wenn schlimmstenfalls der IWF für Frankreich einspringen muss, sehe ich EUR/USD eher wieder unter Parität (wie zuletzt 2002 bis 2004).


-------------------------------

www.faz.net/aktuell/wirtschaft/...-neue-eurokrise-accg-110672718.html

(Hervorhebungen von mir)

.............(lange Auslassung des Artikelanfangs...)...........

Draghis Diktum gilt noch heute

„Was mich wirklich beunruhigen würde, wären Neuwahlen und ein Sieg des rechtspopulistischen Rassemblement National“, sagt Subran. Die Partei trete wie die extreme Linke mit verschwenderischen Versprechen an, etwa in der Rentenpolitik. Sie habe das Potential, Frankreich und Europa in eine Schieflage zu bringen. So weit ist es nicht, vielleicht noch nicht. Doch je länger das politische Patt andauere, desto größer werde der Druck der Märkte, sagt Cavalier von Oddo BHF. Es herrsche eine „deutliche Nervosität“ unter Anlegern, die ihre Einschätzung nicht immer rein rational träfen.

Was passiert, wenn an den Märkten die Sorgen überhandnehmen, etwa im Fall eines exogenen Schocks wie einer Bankenkrise, oder wenn Hedgefonds die Währungsunion testen? In der Eurokrise sorgte erst die „Whatever it takes“-Rede des damaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi für Beruhigung. Er betonte im Jahr 2012 in London, dass die Europäische Zentralbank zur Stelle sei und gefährdete Staatspapiere aufkaufen würde, um den Euro zu retten.

Das Diktum gilt auch heute. Während der Pandemie bewies die EZB, dass sie den Willen zu umfangreichen Anleihekäufen hat. Vor allem aber schuf sie mit dem „Transmission Protec­tion Instrument“ (TPI) ein Instrument, um einzelne Eurostaaten aus Krisen herauszupauken.
.
Der „Doom-Loop“ von Staaten und Banken

Mit dem TPI sagt die EZB zu, zu starke Zinsdifferenzen zwischen Mitgliedstaaten durch Anleihekäufe einzudämmen. Eingesetzt wurde das Instrument noch nie. Es bleibt vage, wann Zinsdifferenzen „zu stark“ sind. Sollte die fiskalische Krise in Frankreich eskalieren, würde es am Ende der EZB zufallen, mit TPI-Ankäufen den Risikoaufschlag auf französische Staatsanleihen zu drücken, erwarten die Ökonomen der Commerzbank.


Die Eurozone sei mit den EZB-Instrumenten, dem ESM und der Euro-Bankenaufsicht gegen Ansteckung sicher besser geschützt als in der Eurokrise, sagt der Freiburger Ökonom Lars Feld, der frühere Vorsitzende des deutschen Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. „Ob sie gut aufgestellt ist, ist aber eine andere Frage.“

Die Bankenunion sei immer noch nicht vollendet, der „Doom-Loop“ von Staaten und Banken – also die gegenseitige Abhängigkeit aufgrund hoher Bestände von Staatsanleihen in Bankbilanzen – nicht durchbrochen. „Ein Einsatz von TPI im französischen Fall wäre als monetäre Staatsfinanzierung zu begreifen“, sagt Feld. „In einer Zeit noch immer zu hoher Inflation würden neue Inflationsimpulse gesetzt.“ Er bezweifelt ferner, dass die vorhandenen Instrumente für eine „Rettung“ Frankreichs ausreichen. Das Land sei zu groß, um im Notfall vom Rest der Eurozone gerettet zu werden

„Das Vertrauen in eine langfristig nachhaltige Fiskalpolitik bröckelt“

Der Einsatz von TPI aber ist ein Szenario mit vielen Variablen, in dem eine wesentliche Rolle spielt, wie politisch die Zentralbank am Ende agiert. EZB und ESM könnten ihre Finanzkraft anbieten, um etwa Italien und Spanien gegen das Überspringen einer französischen Schuldenkrise zu schützen, sagt Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. Eine Intervention der EZB wäre in dieser Logik gerechtfertigt, weil Rom oder Madrid ohne eigenes Verschulden „angesteckt“ würden. Offen sei, was die EZB mit Frankreich im Fall eines Wahlsiegs von Le Pens Partei oder der radikal linken Schuldenmacher machte.

Heinemann schließt nicht aus, dass die Zentralbank [EZB] das Land bei einem Sieg der Rechtspopulisten „in die Schuldenkrise segeln“ lasse. Eine solche Intervention wäre politisch extrem brisant. „Die EZB übernähme ein Wächteramt, welche politische Farbe Unterstützung verdient und welche nicht“, sagt Heinemann. „Vor solchen Entwicklungen hatten Kritiker seit Langem gewarnt. Die EZB rutschte in eine Funktion, für die sie als unabhängige Notenbank keinen Auftrag hat.“
Antworten
Frieda Friedlich:

Sorry für die vier Teile (statt einem)

 
07.09.25 13:49
Grund ist, dass irgendwo im Text Wörter standen, die verhinderten, dass ich ihn posten konnte. Der Ariva-Editor monierte: "Der Beitrag enthält Inhalte, die nicht veröffentlicht werden dürfen." Leider zeigt Ariva nicht an, welche Wörter bzw. Formulierungen beanstandet werden.

Die obige Warnung kommt auch erst, wenn man auf "Einfügen" klickt. Als Workaround habe ich das lange Posting in vier Unterpostings aufgeteilt, um die beanstandete Formulierung zu finden.

Wie sich dann herausstellte, war es das Wort "nàckt" im 4. Posting. Dieses 4. Posting ließ sich erst veröffentlichen, nachdem ich auf das à einen Akzent setzte. Prüde, prüder, Ariva.
Antworten
Frieda Friedlich:

Anmerkung zum Link in #4

 
08.09.25 10:39
Der in #4 verlinkte FAZ-Artikel war gestern noch ohne Bezahlschranke zugänglich. Deshalb habe ich einen längeren Auszug aus diesem Artikel in #4 gepostet.

Heute ist dieser Artikel leider nur noch für Abonnenten kostenfrei zugänglich.
Antworten
Frieda Friedlich:

Droht auch der EZB eine "Politisierung"?

 
08.09.25 11:13
In USA ist Trump nach Kräften bemüht, Einfluss auf die formal unabhängige US-Zentralbank Fed zu gewinnen. Er mobbt den Fed-Chef seit Monaten als Jerome "too late" Powell, weil Powell auf Trumps Druck die Leitzinsen nicht senken will. Außerdem hat Trump kürzlich unter Vorwänden die Fed-Gouverneurin Lisa Cook entlassen.

www.tagesschau.de/ausland/amerika/trump-fed-cook-100.html

Trumps Ziel ist, die bei der Fed "frei werdenden" Stellen mit den Hintertreppen-Ökonomen zu besetzen, die seine windigen Wirtschaftstheorien teilen.

------------------

Der FAZ-Artikel in #4 befürchtet jedoch auch eine zunehmende Politisierung Europäischen Zentralbank EZB, die ebenfalls - bislang noch - als formal unabhängig gilt.

Konkret droht, dass die EZB bei einem Rechtsruck in Frankreich - also einem Sieg von Marine Le Pens "Rassemblement National" - zu einer politisch motivierten Strafaktion greift, die darin besteht, Frankreich nicht ausreichend zu stützen und so eine (zumindest begrenzte) Staatsschuldenkrise zuzulassen.

D. h. die EZB würde bei einem krisenbedingten Kursverfall der französischen Staatsanleihen nicht energisch genug mit ihrem TPI-Programm gegensteuern. Den resultierenden wirtschaftlichen Druck würde sie nutzen, um politischen Druck auf Frankreich auszuüben.

------------------------

Hier noch einmal der zugehörige Absatz aus dem FAZ-Artikel:

Quelle: FAZ-Link in #4

[Friedrich] Heinemann [vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim] schließt nicht aus, dass die [Europäische] Zentralbank [EZB] das Land bei einem Sieg der Rechtspopulisten „in die Schuldenkrise segeln“ lasse. Eine solche Intervention wäre politisch extrem brisant. „Die EZB übernähme ein Wächteramt, welche politische Farbe Unterstützung verdient und welche nicht“, sagt Heinemann. „Vor solchen Entwicklungen hatten Kritiker seit Langem gewarnt. Die EZB rutschte in eine Funktion, für die sie als unabhängige Notenbank keinen Auftrag hat.“

------------------------

FF: Freilich sind der EZB durch "negative Marktreaktionen", die über Frankreich hinausreichen, die Hände gebunden. Sollte das von Heinemann befürchtete "Frankreich in die Krise segeln lassen" der EZB zu einer Neuauflage der 2012-Eurokrise führen - die Wahrscheinlichkeit dafür sehe ich als hoch - dürfte die EZB schnell wieder eine Kehrtwende hinlegen.

Denn wenn das Dickschiff Frankreich ins Straucheln gerät, rüttelt dies an den Grundfesten der (eh schon maroden) Währungsunion. Schlimmstenfalls droht dem Euro dann - wie im Threadtitel genannt - ein "neues Weimar".

Antworten
Frieda Friedlich:

Deutsche Exporte sinken - vor allem in die USA

 
08.09.25 11:33
www.n-tv.de/wirtschaft/...n-vor-allem-in-die-USA-article26017472.html

Noch immer sind die USA der wichtigste Abnehmer von Waren "Made in Germany". Doch Trumps Zölle belasten die Ausfuhren immer mehr. In der Folge geht im Juli der Export insgesamt zurück.

Das Geschäft mit dem wichtigen US-Markt wird angesichts höherer Zollhürden für Deutschlands Exporteure immer mehr zur Belastung. [Es] gab es den vierten monatlichen Rückgang in Folge, wie das Statistische Bundesamt mitteilt - und den tiefsten Stand seit Dezember 2021.

Mit einem Warenwert von 11,1 Milliarden Euro waren die Exporte in die USA im Juli kalender- und saisonbereinigt 7,9 Prozent niedriger als im Monat zuvor und um 14,1 Prozent geringer als ein Jahr zuvor. Wegen höherer Zölle sind viele Exporte vorgezogen worden, nun fehlt diese Nachfrage. Seit August gelten für die meisten EU-Exporte in die USA Zölle von 15 Prozent. Das macht auch deutsche Waren in der weltgrößten Volkswirtschaft teurer.

Das deutsche China-Geschäft schrumpfte zu Beginn der zweiten Jahreshälfte ebenfalls. Die Ausfuhren in die Volksrepublik nahmen um 7,3 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro ab. Die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft stellt inzwischen viele Waren selbst her und macht damit Deutschland zunehmend Konkurrenz - etwa bei Elektroautos. Die Ausfuhren in die EU wuchsen dagegen um 2,5 Prozent auf 74,8 Milliarden Euro.
Antworten
HonestMeyer:

Target2-Salden Euroraum im März 2025

 
08.09.25 11:54
de.statista.com/statistik/daten/studie/...n-der-euro-laender/
Antworten
Frieda Friedlich:

Auch in GB droht eine Währungskrise

 
08.09.25 12:31
www.ariva.de/news/...shaltsloch-planlosigkeit-und-bond-krise-11745745

Großbritannien: Haushaltsloch, Planlosigkeit und Bond-Krise

Die britische Regierung bekommt ihr Budget nicht in den Griff und die Märkte werden immer skeptischer. Die Folge: Die Anleiherenditen steigen auf neue Rekorde und treiben die Finanzierungskosten nur noch weiter an.


Großbritannien sieht sich zunehmend mit einer schwierigen Fiskalsituation konfrontiert. Die 30-jährigen Staatsanleihen, bekannt als Gilts, erreichten kürzlich mit 5,72 Prozent die höchsten Renditen seit 1998, was ein deutliches Signal für die wachsende Besorgnis der Anleger über die Fähigkeit des Landes gibt, seine Finanzen unter Kontrolle zu halten.

Diese Renditeerhöhungen spiegeln ein gestiegenes Risiko wider, das auch die britische Währung, das Pfund, unter Druck setzt.
Es ist jedoch nicht nur die Zinspolitik der Bank of England, die die Renditen in die Höhe treibt, sondern auch die politische Unsicherheit und das hohe Defizit, das die britische Regierung zu adressieren hat.

Mit einem Haushaltsloch von rund 35 Milliarden Pfund (40,4 Milliarden Euro) stehen Premierminister Keir Starmer und Finanzministerin Rachel Reeves unter erheblichem Druck, bis zum Herbsthaushalt einen klaren Plan zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen vorzulegen. Die schwierige Aufgabe besteht darin, Steuern zu erhöhen oder Ausgaben zu kürzen, ohne die ohnehin schwächelnde Wirtschaft weiter zu belasten. Während der Sommermonate gab es Spekulationen, dass die Regierung aufgrund der gestiegenen Schuldenlast und der politischen Unsicherheit zunehmend Schwierigkeiten hat, Vertrauen bei den Märkten zurückzugewinnen.

Zu den Problemen kommt hinzu, dass die Schuldenquote des Vereinigten Königreichs weiterhin auf einem hohen Niveau verharrt [FF: ca. 103%], auch wenn das Land 2023 seine Kreditwürdigkeit teilweise zurückgewinnen konnte. Die langfristigen Anleihenmärkte zeigen jedoch, dass die Anleger zunehmend eine Risikoprämie fordern, was sich in den steigenden Renditen widerspiegelt. Die steigenden Zinssätze erhöhen wiederum die Staatsausgaben, was die finanzielle Lage noch weiter belastet...
Antworten
Frieda Friedlich:

Droht auch der EZB eine "Politisierung" (2)

 
08.09.25 17:51

Der FAZ-Artikel in #4 befürchtet eine zunehmende Politisierung Europäischen Zentralbank EZB.

Bei einem politischen Rechtsruck in Frankreich - also einem Sieg von Marine Le Pens "Rassemblement National" - könnte die EZB zu einer politisch motivierten Strafaktion greifen: Sie könnte Frankreich bei einem Kursverfall französischer Staatsanleihen nur halbherzig (via TPI-Programm) stützen und auf diese Weise eine (zumindest begrenzte) Staatsschuldenkrise in F. zulassen. Den resultierenden wirtschaftlichen Druck würde sie nutzen, um politischen Druck auf Frankreich auszuüben.

------------------------

Hier noch einmal der zugehörige Absatz aus dem FAZ-Artikel:

Quelle: FAZ-Link in #4

[Friedrich] Heinemann [vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim] schließt nicht aus, dass die [Europäische] Zentralbank [EZB] das Land bei einem Sieg der Rechtspopulisten „in die Schuldenkrise segeln“ lasse. Eine solche Intervention wäre politisch extrem brisant. „Die EZB übernähme ein Wächteramt, welche politische Farbe Unterstützung verdient und welche nicht“, sagt Heinemann. „Vor solchen Entwicklungen hatten Kritiker seit Langem gewarnt. Die EZB rutschte in eine Funktion, für die sie als unabhängige Notenbank keinen Auftrag hat.“

------------------------

FF: Freilich sind der EZB durch "negative Marktreaktionen", die über Frankreich hinausreichen (also 2. PIGS-Krise), die Hände gebunden. Sollte die EZB, wie von Heinemann befürchtet, Frankreich vorsätzlich "in die Krise segeln lassen", um politischen Druck auszuüben, könnte dies zu einer Neuauflage der 2012-Eurokrise führen. Höchstwahrscheinlich würde die EZB dann schnell wieder zurückrudern.

Sicher ist: Wenn das Dickschiff Frankreich ins Straucheln gerät, rüttelt dies an den Grundfesten der (eh schon maroden) Währungsunion. Schlimmstenfalls droht dem Euro dann - wie im Threadtitel gepostet - ein "neues Weimar".

Antworten
Frieda Friedlich:

Frankreich: Kollektive Verantwortungslosigkeit

 
09.09.25 15:03
www.spiegel.de/ausland/...cker-a-c8e8a8a9-6077-47ca-ab9d-f4a7d935ff05

Staatskrise in Frankreich
Im Land der Zocker

Vom Präsidenten bis zum Wutbürger auf der Straße: Mitten in einer schweren Krise frönt Frankreich der kollektiven Verantwortungslosigkeit. Der finanzielle Bankrott ist noch nicht eingetreten, der moralische schon.

-------------------

FF: Im Spiegel-Artikel (leider hinter Bezahlschranke) steht, dass sich die Franzosen einfach nicht über die steigende Staatsverschuldung kümmern, den meisten ist sie egal. Nur 14% der dortigen Bürger sehen die hohen Schulden (114%) als Problem. Die Linken verlangen als Lösung mehr Steuern für Reiche, während die Konservativen die Ausländer schröpfen wollen.

Kommentar FF: Die Konservativen in F. schaden den Eurozonen-Ausländern bereits jetzt, denn sie profitieren davon, dass D. mit einer Schuldenquote von nur 62,5% den Euro halbwegs stabil hält, während sie selbst in immer höheren Schulden schwelgen und dafür keine Verantwortung übernehmen. Dies ist genau das, wovor die Väter des Euro gewarnt hatten und was sie mit den Maastrichtkriterien (Neuverschuldung max. 3% des BIP) vermeiden wollten.

------------------

EUR/USD geht nach dem gestrigen Misstrauensvotum in F. auf Südkurs. Das Kursziel sehe ich bei mindestens 1,14 oder tiefer.
(Verkleinert auf 53%) vergrößern
Droht dem Euro ein neues Weimar? 1494575
Antworten
Frieda Friedlich:

P.S.

 
09.09.25 15:11
Wenn die Franzosen noch den Franc hätten, würde dieser in der aktuellen Polit- und Schuldenkrise gnadenlos abstürzen.

Dass der Euro sich trotz der französischen Querelen noch halbwegs hält, verdanken die Franzosen der parasitären Ausnutzung der (noch) intakten Bonität ihrer Eurozonen-Nachbarländer - allen voran D.. Alle Länder, die das Schuldenproblem noch ernst und Schuldenquoten unter 100% haben, bailen Frankreich (aber auch Italien und Griechenland) indirekt aus.
Antworten
Frieda Friedlich:

Lisa Cook gewinnt vor Gericht gegen Donald Trump

 
10.09.25 10:07
Die News dürfte den US-Dollar vorerst stärken, denn das Urteil zeigt, dass die Gerichtsbarkeit in USA zumindest ansatzweise noch funktioniert. Die Gerichte urteilen zwar oft im Interesse der amtierenden US-Regierung, aber Trumps Versuche, die Fed zu kontrollieren, sind ein zweischneidiges Schwert, weil eine unabhängige Fed für die dauerhafte Wertstabilität des Dollars unverzichtbar ist.

Trumps Plan, den US-Dollar zu schwächen, um Vorteile gegenüber dem Ausland zu erlangen, ist nur kurzfristig vorteilhaft (ein schwacher Dollar bringt exportierenden US-Firmen höherer Gewinne, weil ihre Auslandsumsätze in Dollar gerechnet dann höher sind, selbst wenn sie in Euro gleich bleiben). Mittelfristig gefährdet Trump damit die Stellung des Dollars als Weltleitwährung. Entscheidend dafür ist Vertrauen in die wirtschaftliche Stabilität, was auch eine unabhängige Fed als Währungshüterin erfordert.

Würde der Dollar wegen Trumps Schnapsideen absacken, wäre dies umterm Strich nachteilig für die USA. Dann droht nämlich eine Flucht aus US-Staatsanleihen, und die USA hätten Probleme, weiterhin ihre gigantischen Staatsschulden durch "Ausländer" zu refinanzieren.

Trump und seine Hintertreppen-Ökonomen werden allein schon deshalb nur sehr begrenzt an der "Dollar-Stellschraube" drehen können.

www.n-tv.de/wirtschaft/...n-Donald-Trump-article26022265.html

Donald Trump will die Kontrolle über die Zinspolitik der USA. Deshalb soll Fed-Direktorin Lisa Cook ihren Posten räumen, fordert der US-Präsident. Doch die Gouverneurin gibt nicht klein bei. Ein Gericht urteilt jetzt zu ihren Gunsten. Ein Ende im Rechtsstreit ist das aber noch lange nicht.
Antworten
Auf neue Beiträge prüfen
Es gibt keine neuen Beiträge.


Börsen-Forum - Gesamtforum - Antwort einfügen - zum ersten Beitrag springen

Neueste Beiträge aus dem Euro-Bund Future Forum

Wertung Antworten Thema Verfasser letzter Verfasser letzter Beitrag
2 13 Droht dem Euro ein "neues Weimar"? Frieda Friedlich Frieda Friedlich 10.09.25 10:07
5 202 Euro-Bund-Future - Wie gehts weiter? longtermstrat.de Numalfix 19.07.23 15:18
16 172 Stirbt der Euro in Italien? Anti Lemming Anti Lemming 31.05.23 13:57
    Nicht die Aktien sind das Problem Cuba Maß   25.04.21 13:24
  2 EURO Zone BackhandSmash BackhandSmash 25.04.21 13:23

--button_text--