Autoindustrie - Die Sieger von Detroit (EurAmS)
Das neue Jahr beginnt für die Autoindustrie in Detroit. Ab Donnerstag präsentieren dort Hersteller ihre Modelle und Marketing-Strategien. Für Anleger ein Hinweis, auf welches Geschäfts-Modell sie setzen sollten.
von Christiane Habrich-Böcker, Euro am Sonntag
Der liebe Gott hat den Ökonomen zwei Augen gegeben, um Angebot und Nachfrage zu betrachten", so Nobelpreisträger Paul Samuelson. Diese schlichte Handlungsanweisung scheint manchem Automanager fremd zu sein, wenn man das Angebot auf der 17. North American International Auto Show in Detroit analysiert. An den Ständen zeigt sich, wer von den Chef-Lenkern Sprit oder Spirit im Blut hat.
In dieser Branche reicht es heute nicht mehr, ein guter Techniker zu sein, um ein Unternehmen zu lenken. Ideen sind gefragt, denn auch für 2005 sind die Wachstumsprognosen verhalten. So sieht VW-Chef Bernd Pichetsrieder "keine nennenswerte Verbesserung der Autokonjunktur", vor allem auf dem weltgrößten Absatzmarkt USA. Trotz aller China-Hysterie wird der US-Markt der größte bleiben. Und darum pilgert alles traditionell nach Detroit.
Allein 2004 wurden in den USA trotz Konjunkturbremsen 16866589 Fahrzeuge verkauft. China würde nach Schätzungen von Mercer Management im Jahr 2010 auf sieben Millionen kommen. Doch trotz dieser beeindruckenden Zahlen ist der China-Markt nicht unbedingt der lukrativste. Grund: schwacher Dollar, Überkapazitäten und Rabattschlachten. Und diese bremsen die Margen der Platzhirsche General Motors (GM), Ford und Chrysler.
Der Absatz wird teuer erkauft. So soll besonders GM jedes verkaufte Fahrzeug im November 2004 nach einer Untersuchung von CNW Marketing Research mit rund 5000 Dollar subventioniert haben. Auch Ford und Chrysler greifen tief in die Kasse, um auf Masse zu kommen und die ungeheuren Produktionskapazitäten auszulasten. Doch das scheint lediglich das Problem dieser Hersteller zu sein. Daß es auch anders geht, beweisen ihnen auf heimischen Asphalt die Ausländer, allen voran die Japaner und die Deutschen. Abzulesen ist das an den Verkaufszahlen für 2004: ein Plus im vergangenen Monat von acht Prozent bei den Absätzen, fürs Gesamtjahr ein Anstieg um 1,4 Prozent. Doch trotz erheblicher Preisnachlässe wurde das Stück vom Kuchen für GM und Ford kleiner, einzig Chrysler konnte sich steigern. Der Marktanteil der US-Hersteller sank damit im Vergleich zum Vorjahr von 61,8 auf 60 Prozent.
Bei den Europäern und Asiaten dürfte dagegen in Detroit eher Partylaune herrschen. Ihre Marken waren die Sieger. Ausnahme: Porsche und VW - zumindest vorübergehend. Porsche hat im Gesamtjahr verloren (minus 7,5 Prozent), aber im Dezember einen erfreulichen Sprung von 10,7 plus gemacht. Und es dürfte bei dem Plus bleiben, da am 15. Januar der neue Boxster auf die Straßen rollt. In Detroit zeigt die Sportwagenschmiede die künfige Cabrio-Version des 911er. Dieses Jahr soll der US-Markt auch für VW wieder attraktiv werden. So wollen die Wolfsburger, die 2004 einen Einbruch hinnehmen mußten, sich dieses Jahr "zumindest" stabilisieren. Im vergangenen Jahr war der Absatz um 15 Prozent auf 256 000 Fahrzeuge gesunken, auch wegen des Modellwechsels bei Jetta und Passat. Auf dem VW-Stand findet man in Detroit einen neuen Bora sowie den Beetle Speedster, mit dem die Begeisterung der Amerikaner für den Fun Car neu angefacht werden soll. Die USA sind nach China der wichtigste Auslandsmarkt für VW.
Mercedes verkaufte sogar 22,3 Prozent (206111 Stück) mehr als 2003 und will in diesem Jahr auch den Smart in den USA etablieren. In Detroit präsentiert Mercedes die neue M-Klasse. Die Konkurrenz aus Bayern (sie legte 17,6 Prozent zu) fährt mit einem BMW 5er Allrad sowie dem M6 in die Hallen. Mächtig Masse machten vor allem die Asiaten. Sie verkauften 2004 22,9 Prozent mehr: Das sind 5848874 Modelle - Asiens Autohersteller waren damit auch ohne große Rabatte und trotz schwachem Dollar erfolgreich.
Woran liegt das? Die Antwort ist so einfach, daß man es zunächst nicht glauben möchte. Es hängt von den richtigen Autos ab. Wer die im Programm hat, muß keine Nachlässe geben. Besonders zu erkennen ist das an der Siegesfahrt der SUV (Sports Utility Vehicle). Über ein Viertel der Neuzulassungen 2003 ging auf das Konto der geländegängigen Coupé-Mixturen. Und die haben vor allem die "Ausländer" im Angebot: der X5 von BMW, der Touareg von VW oder der Cayenne von Porsche. Porsche legte 2004 beim Cayenne 4,2 Prozent zu. SUVs sind eben hip. Und die kaufkräftige Klientel kann sich jedes Auto leisten, nur Kult muß es sein.
Auf diesen Trend reagieren Mazda und Co und bauen die Fun-Palette aus. Chrysler scheint unter Vormann Dieter Zetsche auch den Zeitgeist zu verstehen und läutet mit neuen Modellen die Wende ein, die sich nicht nur am Absatz, sondern vor allem an den Zahlen ablesen läßt, während GM und Ford fast nur die derzeit kaum gefragten Limousinen beim Händlern stehen haben. In Detroit zeigt sich, wer die attraktiven Käuferschichten auch künftig bedienen wird und wessen Schubladen voll mit Ideen sind. Suzuki beispielsweise stellt mit Concept X seine Interpretation des SUV-Konzepts vor. Honda und Mazda geben sich ebenso sportlich. Besonders interessant ist die Idee von Mazda, die beweist, daß man immer noch eine neue Kategorie kreieren kann: Der MX-Crossport wird eine Mischung aus Sportwagen und SUV.
Auch der Pick-up ist ein Thema. Das zweitliebste Kind der Amerikaner, der Pick-up, wird von Honda mit einem neuen Modell gepäppelt: In Detroit feiert der Allrad-getriebene Ridgeline Premiere. Die Amerkaner schlagen die Gegenrichtung ein. Geschichte wird neu entdeckt. So greift Ford in die Klamottenkiste und schwimmt mit dem Ford Mustang Cabrio weiter auf der Retrowelle. Bis 300 PS hat das "neue" Mobil unter der Haube. Damit hofft Ford auf eine Wiederholung der erfolgreichen "Vergangenheitsbewältigung" des GTs. Auch GM setzt auf Tradition, zeigt ein Dogde Viper Coupé und erinnert mit dem Chevrolet HHR stark an den PT Cruiser von Chrysler.
Die Antriebsfrage: Das dritte große Thema in Detroit. Hier scheinen die Amerikaner endlich wach zu werden. GM zeigt den Sequel, ein Brennstoffzellenauto, und kooperiert nun offiziell mit DaimlerChrysler in Sachen Hybridantrieb. Zu sehen ist in Detroit bereits die General-Motors-Marke GMC mit Benzinhybridtechnik. Dieses Feld hat Toyota schon gut besetzt und ist dabei, sich noch stärker aufzustellen. So kündigten die japanischen Autobauer an, den Camry als Hybridversion in den Vereinigten Staaten zu bauen. Die Japaner verstärken ihre Produktion in den USA, um unabhängig vom Dollar zu sein. Der wird auch für die Deutschen zur Herausforderung. Allein in den letzten drei Jahren sei der Euro um nahezu 50 Prozent gestiegen, so der Verband der Automobilindustrie. Doch das dürfte Managern mit zwei Augen nicht entgangen sein. Mercedes beispielsweise baut die Produktion im Bundesstaat Alabama aus. BMW-Chef Helmut Panke rüstet die amerikanische Dependance Spartanburg auf, um künftig die Top-Modelle noch mehr vor Ort zu produzieren. Nobelpreisträger Samuelson würde diese weitsichtigen Manager wahrscheinlich als Ökonomen bezeichnen.
Fakten
65 Neuvorstellungen sind vom 15. bis 23. Januar in Detroit, dem Standort der drei großen US-Hersteller, zu sehen. Novitäten der deutschen Marken: Mercedes zeigt die neue M-Klasse, BMW das von den hauseigenen Tunern veredelte M6er Cabrio und einen 5er Allrad. Porsche präsentiert das Cabrio 911. VW fährt mit dem Speedster vor sowie einem neuen Bora. Audi zeigt eine Quattro-Diesel-V8-Studie. Opel ist durch Astra mit Dieselhybridantrieb präsent. Abgesagt wurde die Premiere von Smarts Formore. Die Organisatoren rechnen mit 750000 Besuchern. Der US-Markt ist der weltgrößte. Im vergangenen Jahr sind dort rund 16,9 Millionen Autos abgesetzt worden. Trotz Dollar-Schwäche und einer Verteuerung für US-Käufer sind die deutschen Autos ein Statussymbol auf amerikanischen Straßen.
red / -red-
Das neue Jahr beginnt für die Autoindustrie in Detroit. Ab Donnerstag präsentieren dort Hersteller ihre Modelle und Marketing-Strategien. Für Anleger ein Hinweis, auf welches Geschäfts-Modell sie setzen sollten.
von Christiane Habrich-Böcker, Euro am Sonntag
Der liebe Gott hat den Ökonomen zwei Augen gegeben, um Angebot und Nachfrage zu betrachten", so Nobelpreisträger Paul Samuelson. Diese schlichte Handlungsanweisung scheint manchem Automanager fremd zu sein, wenn man das Angebot auf der 17. North American International Auto Show in Detroit analysiert. An den Ständen zeigt sich, wer von den Chef-Lenkern Sprit oder Spirit im Blut hat.
In dieser Branche reicht es heute nicht mehr, ein guter Techniker zu sein, um ein Unternehmen zu lenken. Ideen sind gefragt, denn auch für 2005 sind die Wachstumsprognosen verhalten. So sieht VW-Chef Bernd Pichetsrieder "keine nennenswerte Verbesserung der Autokonjunktur", vor allem auf dem weltgrößten Absatzmarkt USA. Trotz aller China-Hysterie wird der US-Markt der größte bleiben. Und darum pilgert alles traditionell nach Detroit.
Allein 2004 wurden in den USA trotz Konjunkturbremsen 16866589 Fahrzeuge verkauft. China würde nach Schätzungen von Mercer Management im Jahr 2010 auf sieben Millionen kommen. Doch trotz dieser beeindruckenden Zahlen ist der China-Markt nicht unbedingt der lukrativste. Grund: schwacher Dollar, Überkapazitäten und Rabattschlachten. Und diese bremsen die Margen der Platzhirsche General Motors (GM), Ford und Chrysler.
Der Absatz wird teuer erkauft. So soll besonders GM jedes verkaufte Fahrzeug im November 2004 nach einer Untersuchung von CNW Marketing Research mit rund 5000 Dollar subventioniert haben. Auch Ford und Chrysler greifen tief in die Kasse, um auf Masse zu kommen und die ungeheuren Produktionskapazitäten auszulasten. Doch das scheint lediglich das Problem dieser Hersteller zu sein. Daß es auch anders geht, beweisen ihnen auf heimischen Asphalt die Ausländer, allen voran die Japaner und die Deutschen. Abzulesen ist das an den Verkaufszahlen für 2004: ein Plus im vergangenen Monat von acht Prozent bei den Absätzen, fürs Gesamtjahr ein Anstieg um 1,4 Prozent. Doch trotz erheblicher Preisnachlässe wurde das Stück vom Kuchen für GM und Ford kleiner, einzig Chrysler konnte sich steigern. Der Marktanteil der US-Hersteller sank damit im Vergleich zum Vorjahr von 61,8 auf 60 Prozent.
Bei den Europäern und Asiaten dürfte dagegen in Detroit eher Partylaune herrschen. Ihre Marken waren die Sieger. Ausnahme: Porsche und VW - zumindest vorübergehend. Porsche hat im Gesamtjahr verloren (minus 7,5 Prozent), aber im Dezember einen erfreulichen Sprung von 10,7 plus gemacht. Und es dürfte bei dem Plus bleiben, da am 15. Januar der neue Boxster auf die Straßen rollt. In Detroit zeigt die Sportwagenschmiede die künfige Cabrio-Version des 911er. Dieses Jahr soll der US-Markt auch für VW wieder attraktiv werden. So wollen die Wolfsburger, die 2004 einen Einbruch hinnehmen mußten, sich dieses Jahr "zumindest" stabilisieren. Im vergangenen Jahr war der Absatz um 15 Prozent auf 256 000 Fahrzeuge gesunken, auch wegen des Modellwechsels bei Jetta und Passat. Auf dem VW-Stand findet man in Detroit einen neuen Bora sowie den Beetle Speedster, mit dem die Begeisterung der Amerikaner für den Fun Car neu angefacht werden soll. Die USA sind nach China der wichtigste Auslandsmarkt für VW.
Mercedes verkaufte sogar 22,3 Prozent (206111 Stück) mehr als 2003 und will in diesem Jahr auch den Smart in den USA etablieren. In Detroit präsentiert Mercedes die neue M-Klasse. Die Konkurrenz aus Bayern (sie legte 17,6 Prozent zu) fährt mit einem BMW 5er Allrad sowie dem M6 in die Hallen. Mächtig Masse machten vor allem die Asiaten. Sie verkauften 2004 22,9 Prozent mehr: Das sind 5848874 Modelle - Asiens Autohersteller waren damit auch ohne große Rabatte und trotz schwachem Dollar erfolgreich.
Woran liegt das? Die Antwort ist so einfach, daß man es zunächst nicht glauben möchte. Es hängt von den richtigen Autos ab. Wer die im Programm hat, muß keine Nachlässe geben. Besonders zu erkennen ist das an der Siegesfahrt der SUV (Sports Utility Vehicle). Über ein Viertel der Neuzulassungen 2003 ging auf das Konto der geländegängigen Coupé-Mixturen. Und die haben vor allem die "Ausländer" im Angebot: der X5 von BMW, der Touareg von VW oder der Cayenne von Porsche. Porsche legte 2004 beim Cayenne 4,2 Prozent zu. SUVs sind eben hip. Und die kaufkräftige Klientel kann sich jedes Auto leisten, nur Kult muß es sein.
Auf diesen Trend reagieren Mazda und Co und bauen die Fun-Palette aus. Chrysler scheint unter Vormann Dieter Zetsche auch den Zeitgeist zu verstehen und läutet mit neuen Modellen die Wende ein, die sich nicht nur am Absatz, sondern vor allem an den Zahlen ablesen läßt, während GM und Ford fast nur die derzeit kaum gefragten Limousinen beim Händlern stehen haben. In Detroit zeigt sich, wer die attraktiven Käuferschichten auch künftig bedienen wird und wessen Schubladen voll mit Ideen sind. Suzuki beispielsweise stellt mit Concept X seine Interpretation des SUV-Konzepts vor. Honda und Mazda geben sich ebenso sportlich. Besonders interessant ist die Idee von Mazda, die beweist, daß man immer noch eine neue Kategorie kreieren kann: Der MX-Crossport wird eine Mischung aus Sportwagen und SUV.
Auch der Pick-up ist ein Thema. Das zweitliebste Kind der Amerikaner, der Pick-up, wird von Honda mit einem neuen Modell gepäppelt: In Detroit feiert der Allrad-getriebene Ridgeline Premiere. Die Amerkaner schlagen die Gegenrichtung ein. Geschichte wird neu entdeckt. So greift Ford in die Klamottenkiste und schwimmt mit dem Ford Mustang Cabrio weiter auf der Retrowelle. Bis 300 PS hat das "neue" Mobil unter der Haube. Damit hofft Ford auf eine Wiederholung der erfolgreichen "Vergangenheitsbewältigung" des GTs. Auch GM setzt auf Tradition, zeigt ein Dogde Viper Coupé und erinnert mit dem Chevrolet HHR stark an den PT Cruiser von Chrysler.
Die Antriebsfrage: Das dritte große Thema in Detroit. Hier scheinen die Amerikaner endlich wach zu werden. GM zeigt den Sequel, ein Brennstoffzellenauto, und kooperiert nun offiziell mit DaimlerChrysler in Sachen Hybridantrieb. Zu sehen ist in Detroit bereits die General-Motors-Marke GMC mit Benzinhybridtechnik. Dieses Feld hat Toyota schon gut besetzt und ist dabei, sich noch stärker aufzustellen. So kündigten die japanischen Autobauer an, den Camry als Hybridversion in den Vereinigten Staaten zu bauen. Die Japaner verstärken ihre Produktion in den USA, um unabhängig vom Dollar zu sein. Der wird auch für die Deutschen zur Herausforderung. Allein in den letzten drei Jahren sei der Euro um nahezu 50 Prozent gestiegen, so der Verband der Automobilindustrie. Doch das dürfte Managern mit zwei Augen nicht entgangen sein. Mercedes beispielsweise baut die Produktion im Bundesstaat Alabama aus. BMW-Chef Helmut Panke rüstet die amerikanische Dependance Spartanburg auf, um künftig die Top-Modelle noch mehr vor Ort zu produzieren. Nobelpreisträger Samuelson würde diese weitsichtigen Manager wahrscheinlich als Ökonomen bezeichnen.
Fakten
65 Neuvorstellungen sind vom 15. bis 23. Januar in Detroit, dem Standort der drei großen US-Hersteller, zu sehen. Novitäten der deutschen Marken: Mercedes zeigt die neue M-Klasse, BMW das von den hauseigenen Tunern veredelte M6er Cabrio und einen 5er Allrad. Porsche präsentiert das Cabrio 911. VW fährt mit dem Speedster vor sowie einem neuen Bora. Audi zeigt eine Quattro-Diesel-V8-Studie. Opel ist durch Astra mit Dieselhybridantrieb präsent. Abgesagt wurde die Premiere von Smarts Formore. Die Organisatoren rechnen mit 750000 Besuchern. Der US-Markt ist der weltgrößte. Im vergangenen Jahr sind dort rund 16,9 Millionen Autos abgesetzt worden. Trotz Dollar-Schwäche und einer Verteuerung für US-Käufer sind die deutschen Autos ein Statussymbol auf amerikanischen Straßen.
red / -red-