Geheimverhandlungen, Intrigen, Öl-Lobbyisten im Ministerrang - die geplante Pipeline von Turkmenistan durch Afghanistan nach Karatschi wird zum zentralen Projekt der afghanischen Regierung und heizt die Konflikte ums kaspische Öl an. US-Unterstützung ist dem Projekt gewiss - wie schon zu Zeiten der Taliban.
Als Hamid Karzai aus dem Hotel Interconti Kabul ins Freie tritt, ist er umgeben von US-Bürgern. Mehr als ein Dutzend amerikanische Bodyguards, Maschinengewehre im Anschlag, flankieren den afghanischen Präsidenten und schirmen ihn ab von den Menschen, die vor dem Hotel warten und seine Hand schütteln wollen. Sekunden später verschwindet Karzai in einem gepanzerten Chevrolet Suburban, und der Konvoi rast davon, ein US-Militärwagen mit aufgesetztem Maschinengewehr an seiner Spitze. Seitdem nur wenige Tage zuvor eine Autobombe in Kabul 26 Menschen tötete und die Kugeln eines Attentäters Karzai nur knapp verfehlten, lassen die bärtigen Leibwächter in Jeans und Holzfällerhemd, Kämpfer der US Special Forces, ihren Schützling nicht mehr aus den Augen, selbst bei Auslandsreisen.
Das ist auch nötig. Denn Karzai ist nicht nur der freundliche Architekt der neuen afghanischen Einheit, sondern auch engagiert im riskanten Machtkampf um die kaspischen Öl- und Gas-Reserven. Um nichts anderes ging es auch, als Afghanistans neuer Staatschef am 29. Mai diesen Jahres in die pakistanische Hauptstadt Islamabad flog, um dort den Militärherrscher Pervez Musharraf und den turkmenischen Diktator Saparmurad Nijasow zu treffen.
Die ungewöhnliche Dreier-Konferenz diente dem Abschluss eines brisanten Abkommens: Gemeinsam wollen die drei Staaten eine Gas-Pipeline betreiben, die von Turkmenistan quer durch Afghanistan bis in die pakistanische Hafenstadt Karatschi reichen soll. Bis zu 30 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus den bislang noch weitgehend unerschlossenen Vorkommen Turkmenistans könnte sie im Jahr transportieren. Später soll parallel dazu eine zweite Röhre für Erdöl folgen. Die etwa 1500 Kilometer lange Trasse soll durch den Korridor von Herat nach Kandahar verlaufen, eben jene Region, die bis zum erfolgreichen US-Feldzug in Afghanistan unter der Kontrolle der Taliban stand.
Schon verhandelt die afghanische Regierung diskret mit mehreren möglichen Betreibern. "Das Pipeline-Projekt ist eine gemachte Sache - einige große Ölgesellschaften wollen in das Geschäft einsteigen", verrät Mohammed Amin Farhang, der afghanische Minister für Wiederaufbau. Der Wirtschaftswissenschaftler, der viele Jahre als Professor an der Universität Bochum gelehrt hat, kann seine Freude über das Projekt nicht verbergen: "Endlich bekommt Afghanistan für Zentralasien die Bedeutung als Transitland, die es seit Jahren haben könnte." Mit ausgebreiteten Armen lehnt sich Farhang auf dem Sofa in seinem Büro zurück, ein Diener bringt grünen Tee und gezuckerte Mandeln.
Nach kurzem Zögern gibt Farhang die Namen der Bewerber preis: Der US-Konzern ExxonMobil und das französische Unternehmen TotalFinaElf seien die wichtigsten Interessenten. Noch habe die afghanische Regierung das Bauvorhaben allerdings nicht offiziell ausgeschrieben. Den Pipeline-Bau, dessen Kosten auf mehr als zwei Milliarden Dollar geschätzt werden, soll die Asian Development Bank finanzieren helfen. Die Banker hätten bereits zugestimmt, eine Machbarkeitsstudie zu bezahlen, freut sich Farhang.
Für das nach 23 Jahren Krieg zerstörte Afghanistan wecken die Pipeline-Pläne die Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung. Doch politisch ist das Projekt höchst umstritten. Denn es bringt den Krieg der US-Streitkräfte in Afghanistan in einen anderen Zusammenhang, als nur den der Terrorbekämpfung. Die marktgünstige Erschließung der sagenhaften Öl- und Gasvorkommen am Kaspischen Meer, keine 1000 Kilometer nordwestlich von Afghanistan, erscheinen plötzlich als der große Preis für den Kampf um Kabul.
Die Unocal-Connection der Taliban
Wiederholt haben Kritiker des US-Feldzugs am Hindukusch darauf hingewiesen, dass amerikanische Ölindustrielle, die mit umfangreichen Spenden die Wahl von George W. Bush zum US-Präsidenten unterstützten, schon lange Afghanistan als Korridor für eine große Pipeline vom landumschlossenen Kaspischen Meer zum Persischen Golf nutzen wollen.
Das ist keineswegs weit hergeholt. Weil Transportwege durch den instabilen Kaukasus - wie etwa die Baku-Ceyhan-Pipeline - oder den politisch isolierten Iran riskant und teuer sind, ist die afghanische Südost-Route eine attraktive Alternative. Ihr großer Vorteil liegt darin, dass sie östlich der stark befahrenen Hormus-Meerenge, dem Nadelöhr des Persischen Golfs, enden würde. In einem Bericht, den das amerikanische Energieministerium nur wenige Tage vor den Terroranschlägen im September 2001 veröffentlichte, heißt es dazu: "Die Bedeutung Afghanistans in Energiefragen liegt in seiner geografischen Position als potenzielle Transitroute für Exporte von Öl und Erdgas aus Zentralasien zum Arabischen Meer."
Bereits Mitte der neunziger Jahre plante darum der amerikanische Ölkonzern Unocal, zwei Pipelines von den turkmenischen Öl- und Gasfeldern durch Afghanistan zu bauen. Jährlich wollte die US-Firma, der auch Hamid Karzai als Berater diente, damit 20 Milliarden Kubikmeter Erdgas und 350 Millionen Barrel Rohöl nach Pakistan liefern, das dringend Energieressourcen braucht. Tatsächlich unterzeichneten Turkmenen-Präsident Nijasow und Unocal-Manager in New York schon am 21. Oktober 1995 ein entsprechendes Abkommen.
Der amerikanischen Regierung unterstützte die Pläne des Konzerns aktiv. In Afghanistan ging der blutige Bürgerkrieg damals in sein 16. Jahr, doch die Taliban-Truppen waren auf dem Vormarsch und schickten sich an, das Land endlich zu befrieden. Das zumindest glaubte die US-Regierung des damaligen Präsidenten Bill Clinton, deren Verbündete Pakistan und Saudi-Arabien die Taliban ausbildeten und maßgeblich unterstützten. Als die Islamisten im September 1996 Kabul einnahmen, frohlockte ein Sprecher des State Departement, dies bedeute Stabilität am Hindukusch.
Verhandlungen mit ExxonMobil und TotalFinaElf
Mehrmals flogen daraufhin Unocal-Vertreter in einem von der Uno bereitgestellten Flugzeug nach Kabul und warben für das Pipeline-Vorhaben. Sie versprachen dem Koranschüler-Regime 300 bis 500 Millionen Dollar an Zöllen und Transitgebühren. In Kandahar errichtete der Konzern eine Schule, in der Hunderte Afghanen für den Bau und den Betrieb der Pipeline ausgebildet wurden. Zugleich trafen sich die Ölmanager mit den Führern der gegnerischen Bürgerkriegspartei, der Nordallianz, und versuchten - vergeblich - sie zu Friedensverhandlungen zu bewegen.
Im Februar und November 1997 reisten sogar Taliban-Delegationen auf Einladung des Ölkonzerns nach Washington und Houston und führten Gespräche mit Regierungsvertretern und den Unocal-Managern. Erst nachdem die USA im Jahre 1998 erstmals Trainingscamps der al-Qaida in Afghanistan bombardierten und die Kämpfe zwischen den Taliban und der Nordallianz kein Ende nahmen, war das Unternehmen gezwungen, das Projekt auf Eis zu legen.
"Unocal ist bis heute an dem Projekt interessiert", versichert Wiederaufbau-Minister Farhang, "aber sie halten sich noch bedeckt. Sie haben wegen ihrer Zusammenarbeit mit den Taliban einen schlechten Ruf im Land." Mehrere Manager anderer Ölkonzerne in der Kaspischen Region bestätigten auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE ihr Interesse an der afghanischen Pipeline. "Wir prüfen alle möglichen Optionen, unser Öl zu transportieren, doch für so eine Pipeline muss dauerhaft Frieden in Afghanistan herrschen", erklärte Neill Booth, Manager des Kaschagan-Konsortiums in Kasachstan, an dem ExxonMobil und TotalFinaElf maßgeblich beteiligt sind. Gerade für das Rohöl des im Sommer 2000 entdeckten Kaschagan-Felds, die mit geschätzten 30 Milliarden Barrel zweitgrößte bekannte Ölblase der Erde, wäre eine Südost-Exportroute zum Persischen Golf sinnvoll.
Ein amerikanischer Diplomat in Kasachstan räumt denn auch unumwunden ein, dass seine Regierung sich mit der Pipeline-Route durch Afghanistan befasse. Sie sei bereit, "mit amerikanischen Firmen zusammenzuarbeiten, die derlei Pläne haben", bestätigte der Beamte. Der Unocal-Konzern habe ja gezeigt, "dass die Pipeline machbar und profitabel ist". Auch Peter Tomsen, US-Sondergesandter in Afghanistan von 1989 bis 1992 und persönlicher Freund von Präsident Karzai, sagte vergangene Woche in Kabul, er sei sich sicher, "dass die Pipeline wiederkommen wird. Wir unterstützen das Vorhaben, weil wir es jetzt mit einer anerkannten Regierung zu tun haben". Schließlich sei die Pipeline gut für den Wiederaufbau Afghanistans.
Politisch haben sich die Interessen in der Pipeline-Frage nicht geändert. "Pakistan hat damals die Taliban geschaffen, um diese Pipeline bauen zu können, und die USA haben das unterstützt", glaubt der afghanische Minister Farhang. Heute würden die Amerikaner dieselben wirtschaftlichen Ziele wie in den neunziger Jahren verfolgen, lediglich mit direkt militärischen Mitteln. Der Ökonom ist überzeugt: "Politik ist ein Geschäft. Die USA werden ihre militärischen Stützpunkte in Afghanistan nie aufgeben. Von hier aus werden sie die gesamte Region kontrollieren."
Doch für Farhang ist auch klar, dass damit das neue Great Game um Zentralasien keineswegs zu Gunsten Washingtons entschieden ist: "Die Russen und die Iraner werden aufs Neue versuchen, das Pipeline-Vorhaben in Afghanistan zu sabotieren."
Als Hamid Karzai aus dem Hotel Interconti Kabul ins Freie tritt, ist er umgeben von US-Bürgern. Mehr als ein Dutzend amerikanische Bodyguards, Maschinengewehre im Anschlag, flankieren den afghanischen Präsidenten und schirmen ihn ab von den Menschen, die vor dem Hotel warten und seine Hand schütteln wollen. Sekunden später verschwindet Karzai in einem gepanzerten Chevrolet Suburban, und der Konvoi rast davon, ein US-Militärwagen mit aufgesetztem Maschinengewehr an seiner Spitze. Seitdem nur wenige Tage zuvor eine Autobombe in Kabul 26 Menschen tötete und die Kugeln eines Attentäters Karzai nur knapp verfehlten, lassen die bärtigen Leibwächter in Jeans und Holzfällerhemd, Kämpfer der US Special Forces, ihren Schützling nicht mehr aus den Augen, selbst bei Auslandsreisen.
Das ist auch nötig. Denn Karzai ist nicht nur der freundliche Architekt der neuen afghanischen Einheit, sondern auch engagiert im riskanten Machtkampf um die kaspischen Öl- und Gas-Reserven. Um nichts anderes ging es auch, als Afghanistans neuer Staatschef am 29. Mai diesen Jahres in die pakistanische Hauptstadt Islamabad flog, um dort den Militärherrscher Pervez Musharraf und den turkmenischen Diktator Saparmurad Nijasow zu treffen.
Die ungewöhnliche Dreier-Konferenz diente dem Abschluss eines brisanten Abkommens: Gemeinsam wollen die drei Staaten eine Gas-Pipeline betreiben, die von Turkmenistan quer durch Afghanistan bis in die pakistanische Hafenstadt Karatschi reichen soll. Bis zu 30 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus den bislang noch weitgehend unerschlossenen Vorkommen Turkmenistans könnte sie im Jahr transportieren. Später soll parallel dazu eine zweite Röhre für Erdöl folgen. Die etwa 1500 Kilometer lange Trasse soll durch den Korridor von Herat nach Kandahar verlaufen, eben jene Region, die bis zum erfolgreichen US-Feldzug in Afghanistan unter der Kontrolle der Taliban stand.
Schon verhandelt die afghanische Regierung diskret mit mehreren möglichen Betreibern. "Das Pipeline-Projekt ist eine gemachte Sache - einige große Ölgesellschaften wollen in das Geschäft einsteigen", verrät Mohammed Amin Farhang, der afghanische Minister für Wiederaufbau. Der Wirtschaftswissenschaftler, der viele Jahre als Professor an der Universität Bochum gelehrt hat, kann seine Freude über das Projekt nicht verbergen: "Endlich bekommt Afghanistan für Zentralasien die Bedeutung als Transitland, die es seit Jahren haben könnte." Mit ausgebreiteten Armen lehnt sich Farhang auf dem Sofa in seinem Büro zurück, ein Diener bringt grünen Tee und gezuckerte Mandeln.
Nach kurzem Zögern gibt Farhang die Namen der Bewerber preis: Der US-Konzern ExxonMobil und das französische Unternehmen TotalFinaElf seien die wichtigsten Interessenten. Noch habe die afghanische Regierung das Bauvorhaben allerdings nicht offiziell ausgeschrieben. Den Pipeline-Bau, dessen Kosten auf mehr als zwei Milliarden Dollar geschätzt werden, soll die Asian Development Bank finanzieren helfen. Die Banker hätten bereits zugestimmt, eine Machbarkeitsstudie zu bezahlen, freut sich Farhang.
Für das nach 23 Jahren Krieg zerstörte Afghanistan wecken die Pipeline-Pläne die Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung. Doch politisch ist das Projekt höchst umstritten. Denn es bringt den Krieg der US-Streitkräfte in Afghanistan in einen anderen Zusammenhang, als nur den der Terrorbekämpfung. Die marktgünstige Erschließung der sagenhaften Öl- und Gasvorkommen am Kaspischen Meer, keine 1000 Kilometer nordwestlich von Afghanistan, erscheinen plötzlich als der große Preis für den Kampf um Kabul.
Die Unocal-Connection der Taliban
Wiederholt haben Kritiker des US-Feldzugs am Hindukusch darauf hingewiesen, dass amerikanische Ölindustrielle, die mit umfangreichen Spenden die Wahl von George W. Bush zum US-Präsidenten unterstützten, schon lange Afghanistan als Korridor für eine große Pipeline vom landumschlossenen Kaspischen Meer zum Persischen Golf nutzen wollen.
Das ist keineswegs weit hergeholt. Weil Transportwege durch den instabilen Kaukasus - wie etwa die Baku-Ceyhan-Pipeline - oder den politisch isolierten Iran riskant und teuer sind, ist die afghanische Südost-Route eine attraktive Alternative. Ihr großer Vorteil liegt darin, dass sie östlich der stark befahrenen Hormus-Meerenge, dem Nadelöhr des Persischen Golfs, enden würde. In einem Bericht, den das amerikanische Energieministerium nur wenige Tage vor den Terroranschlägen im September 2001 veröffentlichte, heißt es dazu: "Die Bedeutung Afghanistans in Energiefragen liegt in seiner geografischen Position als potenzielle Transitroute für Exporte von Öl und Erdgas aus Zentralasien zum Arabischen Meer."
Bereits Mitte der neunziger Jahre plante darum der amerikanische Ölkonzern Unocal, zwei Pipelines von den turkmenischen Öl- und Gasfeldern durch Afghanistan zu bauen. Jährlich wollte die US-Firma, der auch Hamid Karzai als Berater diente, damit 20 Milliarden Kubikmeter Erdgas und 350 Millionen Barrel Rohöl nach Pakistan liefern, das dringend Energieressourcen braucht. Tatsächlich unterzeichneten Turkmenen-Präsident Nijasow und Unocal-Manager in New York schon am 21. Oktober 1995 ein entsprechendes Abkommen.
Der amerikanischen Regierung unterstützte die Pläne des Konzerns aktiv. In Afghanistan ging der blutige Bürgerkrieg damals in sein 16. Jahr, doch die Taliban-Truppen waren auf dem Vormarsch und schickten sich an, das Land endlich zu befrieden. Das zumindest glaubte die US-Regierung des damaligen Präsidenten Bill Clinton, deren Verbündete Pakistan und Saudi-Arabien die Taliban ausbildeten und maßgeblich unterstützten. Als die Islamisten im September 1996 Kabul einnahmen, frohlockte ein Sprecher des State Departement, dies bedeute Stabilität am Hindukusch.
Verhandlungen mit ExxonMobil und TotalFinaElf
Mehrmals flogen daraufhin Unocal-Vertreter in einem von der Uno bereitgestellten Flugzeug nach Kabul und warben für das Pipeline-Vorhaben. Sie versprachen dem Koranschüler-Regime 300 bis 500 Millionen Dollar an Zöllen und Transitgebühren. In Kandahar errichtete der Konzern eine Schule, in der Hunderte Afghanen für den Bau und den Betrieb der Pipeline ausgebildet wurden. Zugleich trafen sich die Ölmanager mit den Führern der gegnerischen Bürgerkriegspartei, der Nordallianz, und versuchten - vergeblich - sie zu Friedensverhandlungen zu bewegen.
Im Februar und November 1997 reisten sogar Taliban-Delegationen auf Einladung des Ölkonzerns nach Washington und Houston und führten Gespräche mit Regierungsvertretern und den Unocal-Managern. Erst nachdem die USA im Jahre 1998 erstmals Trainingscamps der al-Qaida in Afghanistan bombardierten und die Kämpfe zwischen den Taliban und der Nordallianz kein Ende nahmen, war das Unternehmen gezwungen, das Projekt auf Eis zu legen.
"Unocal ist bis heute an dem Projekt interessiert", versichert Wiederaufbau-Minister Farhang, "aber sie halten sich noch bedeckt. Sie haben wegen ihrer Zusammenarbeit mit den Taliban einen schlechten Ruf im Land." Mehrere Manager anderer Ölkonzerne in der Kaspischen Region bestätigten auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE ihr Interesse an der afghanischen Pipeline. "Wir prüfen alle möglichen Optionen, unser Öl zu transportieren, doch für so eine Pipeline muss dauerhaft Frieden in Afghanistan herrschen", erklärte Neill Booth, Manager des Kaschagan-Konsortiums in Kasachstan, an dem ExxonMobil und TotalFinaElf maßgeblich beteiligt sind. Gerade für das Rohöl des im Sommer 2000 entdeckten Kaschagan-Felds, die mit geschätzten 30 Milliarden Barrel zweitgrößte bekannte Ölblase der Erde, wäre eine Südost-Exportroute zum Persischen Golf sinnvoll.
Ein amerikanischer Diplomat in Kasachstan räumt denn auch unumwunden ein, dass seine Regierung sich mit der Pipeline-Route durch Afghanistan befasse. Sie sei bereit, "mit amerikanischen Firmen zusammenzuarbeiten, die derlei Pläne haben", bestätigte der Beamte. Der Unocal-Konzern habe ja gezeigt, "dass die Pipeline machbar und profitabel ist". Auch Peter Tomsen, US-Sondergesandter in Afghanistan von 1989 bis 1992 und persönlicher Freund von Präsident Karzai, sagte vergangene Woche in Kabul, er sei sich sicher, "dass die Pipeline wiederkommen wird. Wir unterstützen das Vorhaben, weil wir es jetzt mit einer anerkannten Regierung zu tun haben". Schließlich sei die Pipeline gut für den Wiederaufbau Afghanistans.
Politisch haben sich die Interessen in der Pipeline-Frage nicht geändert. "Pakistan hat damals die Taliban geschaffen, um diese Pipeline bauen zu können, und die USA haben das unterstützt", glaubt der afghanische Minister Farhang. Heute würden die Amerikaner dieselben wirtschaftlichen Ziele wie in den neunziger Jahren verfolgen, lediglich mit direkt militärischen Mitteln. Der Ökonom ist überzeugt: "Politik ist ein Geschäft. Die USA werden ihre militärischen Stützpunkte in Afghanistan nie aufgeben. Von hier aus werden sie die gesamte Region kontrollieren."
Doch für Farhang ist auch klar, dass damit das neue Great Game um Zentralasien keineswegs zu Gunsten Washingtons entschieden ist: "Die Russen und die Iraner werden aufs Neue versuchen, das Pipeline-Vorhaben in Afghanistan zu sabotieren."