Capital-Interview
"Die Rohstoffrallye ist keine Eintagsfliege" – der Goldpreis wird weiter steigen
Ein Anstieg auf 2000 Dollar pro Feinunze Gold ist möglich, glaubt Goldanalyst Joachim Berlenbach. Warum Gold immer kostbarer wird und wie Anleger davon profitieren können.
Der Goldpreis stieg seit Anfang 2001 stark an. Mitte März dieses Jahres kostete eine Feinunze erstmals mehr als 1000 Dollar. Nun gab es eine Beruhigung. Wie sind die weiteren Aussichten?
Berlenbach: In den kommenden Jahren klettert der Goldpreis weiter. Unsere Modelle signalisieren ein knappes und nach wie vor sinkendes Angebot. Auf der anderen Seite zieht die Nachfrage weiter an. Gerade das Interesse von Schwellenländern wächst. Die Rohstoffrallye ist keine Eintagsfliege. Wir erleben derzeit die Industrialisierung Chinas und Indiens und werden uns wie bei Öl auch bei Gold an hohe Preise gewöhnen müssen.
Welches Kursziel sehen Sie bei Gold für die kommenden zwei Jahre?
Berlenbach: Ein Anstieg auf 2000 Dollar pro Feinunze ist möglich. Dabei wird es immer wieder Ausschläge in die eine oder andere Richtung geben. Auch geopolitische Risiken spielen bei der Preisentwicklung eine wichtige Rolle.
Die Menge an gefördertem Gold sinkt seit dem Jahr 2001 kontinuierlich. Eigentlich unverständlich in Anbetracht hoher Preise. Können Sie diesen Widerspruch auflösen?
Berlenbach: Die Kosten steigen dramatisch. Die Aufwendungen, um eine Feinunze Gold zu fördern, liegen bei 400 bis 500 Dollar. Hinzu kommen noch die Kapitalkosten sowie Aufwendungen für die Erschließung der Minen. Schlussendlich betragen die Gesamtkosten bei vielen Produzenten 800 bis 900 Dollar pro Feinunze. Deswegen lohnt es sich für viele Unternehmen nicht, neue Anlagen in Betrieb zu nehmen. Zudem explodieren die Kosten für hoch qualifizierte Arbeitskräfte wie Ingenieure und Geologen. Aber auch die Energiepreise, ein wichtiger Kostenfaktor bei der Goldförderung, legen stark zu. Dieser Anstieg trifft die Goldproduzenten hart. Überspitzt könnte man sagen: Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder.
Gerade Südafrika, ehemals der weltweit wichtigste Goldförderer, hat den Abbau dramatisch zurückgefahren. Warum?
Berlenbach: In der Tat ist die Produktion 2007 im Vergleich zum Vorjahr um 16 Prozent auf 272 Tonnen gesunken. Auch hier fordern die steigenden Kosten ihren Tribut. Daneben ist die Stromversorgung in vielen Minen nicht mehr gewährleistet. So müssen sie oft tagelang die Förderung einstellen. Zudem legen immer wieder Streiks die Produktion lahm. Auch in Zukunft bleibt das Goldangebot knapp.
Welche Gründe sprechen noch für einen steigenden Goldpreis?
Berlenbach: Zwar wird das Edelmetall in der Öffentlichkeit stark wahrgenommen, dennoch ist Gold der Rohstoff mit dem geringsten Wertzuwachs. Der Nachholbedarf ist enorm. Vor allem vonseiten der Investoren nimmt das Interesse an Gold als eigenständige Asset-Klasse zu. Rund um den Globus steigt die Inflation. Viele Anleger entdecken jetzt wieder das Edelmetall. Es wird in Zukunft eine viel größere Rolle spielen als heute.
Welche Bedeutung kommt dabei den Schwellenländern zu?
Berlenbach: Die asiatischen Zentralbanken besitzen Währungsreserven im Wert von 3,5 Billionen Dollar. Ihre Goldbestände machen dagegen nur 1,5 Prozent der Anlagen aus. Wenn die Notenbanker diesen Anteil nur auf fünf Prozent erhöhten, müssten sie vier Jahresproduktionen Gold aufkaufen. Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass asiatische und arabische Zentralbanken künftig verstärkt Gold nachfragen.
Wie sehr hat die Finanzmarktkrise die Branche getroffen?
Berlenbach: Die Finanzkrise erschütterte das Vertrauen in Aktien – und damit auch das in Goldminenwerte. Vor allem Papiere kleinerer und mittlerer Minen strafte der Markt ab. Ihre Aktien werden derzeit weit unter ihrem fairen Wert gehandelt. Deswegen bieten sich für Investoren derzeit interessante Einstiegschancen.
Wie sollten Anleger sich engagieren, die auf Gold setzen wollen?
Berlenbach: Mittlerweile gibt es für Anleger viele Möglichkeiten. Börsengehandelte ETC, also Exchange Traded Commodities, oder Zertifikate bilden den Goldpreis eins zu eins ab. Goldminenaktien sind spekulativer, bieten aber auch größere Gewinnchancen. Wenn der Goldpreis um ein Prozent steigt, legen diese Titel im Schnitt drei Prozent zu. Am besten mischen Anleger beide Anlageformen.
von Dirk Wohleb
capital.de, 06.06.2008
© 2008 capital.de © Foto / Illustration: , capital.de
"Die Rohstoffrallye ist keine Eintagsfliege" – der Goldpreis wird weiter steigen
Ein Anstieg auf 2000 Dollar pro Feinunze Gold ist möglich, glaubt Goldanalyst Joachim Berlenbach. Warum Gold immer kostbarer wird und wie Anleger davon profitieren können.
Der Goldpreis stieg seit Anfang 2001 stark an. Mitte März dieses Jahres kostete eine Feinunze erstmals mehr als 1000 Dollar. Nun gab es eine Beruhigung. Wie sind die weiteren Aussichten?
Berlenbach: In den kommenden Jahren klettert der Goldpreis weiter. Unsere Modelle signalisieren ein knappes und nach wie vor sinkendes Angebot. Auf der anderen Seite zieht die Nachfrage weiter an. Gerade das Interesse von Schwellenländern wächst. Die Rohstoffrallye ist keine Eintagsfliege. Wir erleben derzeit die Industrialisierung Chinas und Indiens und werden uns wie bei Öl auch bei Gold an hohe Preise gewöhnen müssen.
Welches Kursziel sehen Sie bei Gold für die kommenden zwei Jahre?
Berlenbach: Ein Anstieg auf 2000 Dollar pro Feinunze ist möglich. Dabei wird es immer wieder Ausschläge in die eine oder andere Richtung geben. Auch geopolitische Risiken spielen bei der Preisentwicklung eine wichtige Rolle.
Die Menge an gefördertem Gold sinkt seit dem Jahr 2001 kontinuierlich. Eigentlich unverständlich in Anbetracht hoher Preise. Können Sie diesen Widerspruch auflösen?
Berlenbach: Die Kosten steigen dramatisch. Die Aufwendungen, um eine Feinunze Gold zu fördern, liegen bei 400 bis 500 Dollar. Hinzu kommen noch die Kapitalkosten sowie Aufwendungen für die Erschließung der Minen. Schlussendlich betragen die Gesamtkosten bei vielen Produzenten 800 bis 900 Dollar pro Feinunze. Deswegen lohnt es sich für viele Unternehmen nicht, neue Anlagen in Betrieb zu nehmen. Zudem explodieren die Kosten für hoch qualifizierte Arbeitskräfte wie Ingenieure und Geologen. Aber auch die Energiepreise, ein wichtiger Kostenfaktor bei der Goldförderung, legen stark zu. Dieser Anstieg trifft die Goldproduzenten hart. Überspitzt könnte man sagen: Die Revolution frisst ihre eigenen Kinder.
Gerade Südafrika, ehemals der weltweit wichtigste Goldförderer, hat den Abbau dramatisch zurückgefahren. Warum?
Berlenbach: In der Tat ist die Produktion 2007 im Vergleich zum Vorjahr um 16 Prozent auf 272 Tonnen gesunken. Auch hier fordern die steigenden Kosten ihren Tribut. Daneben ist die Stromversorgung in vielen Minen nicht mehr gewährleistet. So müssen sie oft tagelang die Förderung einstellen. Zudem legen immer wieder Streiks die Produktion lahm. Auch in Zukunft bleibt das Goldangebot knapp.
Welche Gründe sprechen noch für einen steigenden Goldpreis?
Berlenbach: Zwar wird das Edelmetall in der Öffentlichkeit stark wahrgenommen, dennoch ist Gold der Rohstoff mit dem geringsten Wertzuwachs. Der Nachholbedarf ist enorm. Vor allem vonseiten der Investoren nimmt das Interesse an Gold als eigenständige Asset-Klasse zu. Rund um den Globus steigt die Inflation. Viele Anleger entdecken jetzt wieder das Edelmetall. Es wird in Zukunft eine viel größere Rolle spielen als heute.
Welche Bedeutung kommt dabei den Schwellenländern zu?
Berlenbach: Die asiatischen Zentralbanken besitzen Währungsreserven im Wert von 3,5 Billionen Dollar. Ihre Goldbestände machen dagegen nur 1,5 Prozent der Anlagen aus. Wenn die Notenbanker diesen Anteil nur auf fünf Prozent erhöhten, müssten sie vier Jahresproduktionen Gold aufkaufen. Wir halten es für sehr wahrscheinlich, dass asiatische und arabische Zentralbanken künftig verstärkt Gold nachfragen.
Wie sehr hat die Finanzmarktkrise die Branche getroffen?
Berlenbach: Die Finanzkrise erschütterte das Vertrauen in Aktien – und damit auch das in Goldminenwerte. Vor allem Papiere kleinerer und mittlerer Minen strafte der Markt ab. Ihre Aktien werden derzeit weit unter ihrem fairen Wert gehandelt. Deswegen bieten sich für Investoren derzeit interessante Einstiegschancen.
Wie sollten Anleger sich engagieren, die auf Gold setzen wollen?
Berlenbach: Mittlerweile gibt es für Anleger viele Möglichkeiten. Börsengehandelte ETC, also Exchange Traded Commodities, oder Zertifikate bilden den Goldpreis eins zu eins ab. Goldminenaktien sind spekulativer, bieten aber auch größere Gewinnchancen. Wenn der Goldpreis um ein Prozent steigt, legen diese Titel im Schnitt drei Prozent zu. Am besten mischen Anleger beide Anlageformen.
von Dirk Wohleb
capital.de, 06.06.2008
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