Öl-Analysten raten von Spekulationen auf irakische Ölfelder ab 24.02 2003
- Im Ölgeschäft werden nach dem Ende des Irakkonflikts die Karten neu gemischt. Zur Finanzierung des Wiederaufbaus wird die alte oder die neue irakische Führung Förderlizenzen für das Land mit den weltweit drittgrößten Ölreserven an ausländische Konzerne vergeben, sagen Analysten voraus. Zugleich warnen sie jedoch davor, wegen der zu erwartenden Kursgewinne übereilt auf die Papiere einzelner Ölkonzerne zu setzen.
Neben dem viel zitierten Schlagwort vom "Krieg der USA um das Öl" haben nach Ansicht der Deutschen Bank auch die Friedensbemühungen einen wirtschaftlichen Hintergrund: "Der Irak hat Frankreich, Russland und China mit lukrativen Multi-Milliarden-Dollar-Verträgen eingefangen, die einen wichtigen Teil der Lobbyarbeit bei den fünf ständigen Vertretern des UN-Sicherheitsrats sind", wie heißt es in einer Studie des Analystenteams um JJ Traynor. Bislang wurden der französischen Total Fina Elf und der russischen LUKoil dank Vorverträgen große Chancen auf die Förderrechte vorausgesagt. GEWINNER SCHWER AUSZUMACHEN
Die zukünftigen Gewinner der Lizenzen sind aber nach Ansicht des Analysten Dennis Nacken von Helaba Trust schwer auszumachen. Auch ein denkbarer amerikanischer Militärgouverneur könne kaum ausschließlich Firmen wie Exxon Mobil , ChevronTexaco und BP bevorzugen: "Wenn es zum Irakkrieg kommt werden die Amerikaner und Briten sicher Vorteile haben. Deshalb sollte man aber nicht investieren - das wäre ein Pokerspiel." Er rechnet damit, dass auch unter US-Einfluss nicht nur angelsächsische Unternehmen Lizenzen für bestehende und noch nicht erschlossene Ölfelder erhalten werden.
Nach mehr als 10 Jahren Erfahrung im Irak-Geschäft sieht auch Thierry Desmarest, Chef von Total Fina Elf, für sein Unternehmen Chancen, obwohl der Widerstand der französischen Regierung gegen eine militärische Lösung des Irakkonflikts die Situation "schwieriger" machen könnte: "Wir haben in der Vergangenheit gezeigt, dass wir uns gegen unsere Mitbewerber wehren können. Selbst in Gebieten die traditionell unter amerikanischem Einfluss stehen, haben wir es geschafft", sagte Desmarest bei der Vorlage der Bilanzzahlen seines Konzerns in der vergangenen Woche. VORVERTRÄGE
Die Experten der Deutschen Bank erwarten, dass insbesondere bei einer militärischen Auseinandersetzung einige der mit dem alten Regime geschlossenen Vorverträge ungültig werden könnten. Allein schon aus Sicherheitsgründen könnten die US-Konzerne jedoch darauf verzichten, als Anlagenbetreiber aufzufallen: "In einigen Fällen könnten US-Firmen sich für Partnerschaften entscheiden, bei denen Nicht-US-Unternehmen im Vordergrund stehen."
Dabei macht es kaum einen Unterschied, ob die Lizenz für eine bestehende Ölq uelle oder für die kostenintensive Suche nach neuen Quellen vergeben wird. Wegen der UN-Sanktionen sei in den vergangenen 13 Jahren kaum in Förder- und Transportanlagen investiert worden, erklärten die Experten. Zudem seien auch bei viele Anlagen wie dem Ölhafen Chor el Amaja die Schäden des Irak-Iran-Kriegs noch immer nicht beseitigt. Sie bezifferten den Investitionsbedarf der Ölförderer nach Aufhebung der Sanktionen auf rund 1,5 Milliarden Dollar. ENTWICKLUNG SCHWER VORHERZUSEHEN
Die Energieanalystin einer weiteren deutschen Großbank rät Anleger davon ab, auf spezielle Werte zu setzen, weil man eine Wendung vorherzusehen glaubt. Auch sie sehe bei einer friedlichen Lösung die europäischen und russischen Werte im Vorteil, jedoch hätten Firmen wie LUKoil jüngst Marktanteile über niedrige Preise gewonnen. Wenn das Öl im Irak sprudele, dann stehe das in Konkurrenz zu dem billigen russischen Öl. Selbst nach einem Golfkrieg würde sie nur zögerlich in die US-Werte investieren, da die europäischen Mitbewerber innovativer seien: "Exxon ist ein versteinerter Ölkonzern der sich nie um das Ende des Erdölzeitalters gekümmert hat, während BP und Royal Dutch Petroleum stark in alternative Energien investieren."/so/mr/st ---Von Rüdiger Schoß, dpa-AFX---