ABSCHREIBUNGEN DURFTEN NICHT GRÖßER AUSFALLEN
Noch ein Wort zu meiner Kritik dieser Woche an den meiner
Ansicht nach zu kleinen Abschreibungen auf die
Immobilienspekulationen von Merrill Lynch und der Citigroup:
Ich dachte bislang immer, dass in den USA nach dem Erkennen
eines Problems alles getan wird, um das Problem vollständig aus
den Büchern zu entfernen. Das war auch früher so.
Doch vor einigen Jahren wurden die Abschreibungsregeln
international verschärft. Ein Unternehmen kann nun nicht
einfach nach Gutdünken abschreiben, sondern muss diese
Abschreibungen detailliert begründen.
Wenn die Citigroup also statt 15 Mrd. USD gleich 50 Mrd. USD
abschreiben wollte, dann müsste sie begründen, warum diese
Immobilienderivate nichts mehr wert sind. Doch fast alle
Immobilienderivate sind versichert, durch Unternehmen wie
Ambac, MBIA, PMI oder MGIC. Diese Immobilienversicherungen sind
alle durch Ratingagenturen mit AAA eingestuft. Besser als AAA
gibt es nicht, sämtliche Immobilienderivate der Citigroup sind
also zu hundert Prozent versichert. Wieso sollte Citibank diese
Derivate abschreiben?
Nun, die Versicherungen finanzieren sich durch die Ausgabe von
Unternehmensanleihen und anderen strukturierten Derivaten. Ein
flüchtiger Blick auf die Bilanz dieser Versicherungen zeigt den
Ratingagenturen, dass die Unternehmen noch immer recht gut
aufgestellt sind. Also sollten sie, so der voreilige Schluss
der Ratingagenturen, auch in der Lage sein, eventuelle
Zahlungsausfälle abzudecken.
Dabei wird jedoch geflissentlich übersehen, dass diese
Immobilienversicherungen schon heute kaum mehr in der Lage
sind, Kapital zu beschaffen. Das letzte Mal, dass dies
erfolgte, war vergangene Woche durch Ambac. Das Papier musste
mit 14% Jahreszins angeboten werden, damit sich überhaupt
Käufer dieses riskanten Papiers fanden. Und schon heute ist der
Kurs auf 75% gefallen – ein dickes Minus also trotz der
exorbitant hohen Verzinsung.
Irgendwann wird Ambac 20% oder 30% anbieten, und niemand kauft
das Papier. Und dann fällt die Kalkulation zusammen wie ein
Kartenhaus und Citigroup muss die entsprechenden
Immobilienderivate abschreiben. Doch solange Ratingagenturen
das AAA stehen lassen, kann Citigroup niemandem gegenüber
begründen, dass es aus Vorsicht die gesamten Immobilienderivate
aus den Büchern löscht. Das geht nicht.
Was wird also passieren? Nun, mehr dazu im nächsten Kapitel.
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