Carrier1: Kämpferisch durch das Tal der Tränen
Wichtiger Kunde springt ab – Neue Aufträge gehen ein – Strategische Transaktion weiter im Fokus - Situation bleibt ernst
Wie befürchtet ist es dem finanziell angeschlagenen Telekommunikationsdienstleister Carrier1 nicht gelungen, den Rückkauf von hochverzinslichen Anleihen im Gesamtwert von 245 Mio. Dollar erfolgreich abzuschließen. Die Rückkaufangebote gegen Bar und neue Aktien für die ausstehenden Anleihen sind beendet, teilt die Luxemburger Gesellschaft mit. Gegenüber wallstreet:online bestätigt Unternehmenssprecherin Silke Wunderle, dass an einen Rückkauf zunächst nicht mehr zu denken ist, schließt aber die Möglichkeit nicht aus, dass die Gesellschaft zu gegebener Zeit die Rückkaufaktion noch einmal in Angriff nehmen wird.
„Die Situation ist ernst, aber nicht hoffnungslos“, wertet die Sprecherin die derzeitigen Perspektiven für Carrier1. Der Vorstand gibt sich kämpferisch, will sein Bemühen um die Rettung des Unternehmens noch einmal verstärken. Von einem Abgesang auf die Gesellschaft, die aktuell noch über liquide Mittel in Höhe von 90,7 Mio. Dollar verfügt, will Wunderle nichts wissen. „Wir sparen, wo es nur geht und haben umstrukturiert. Rund 35 Prozent unserer Mitarbeiter haben das Unternehmen verlassen.“ Auch wenn einer der wichtigsten Kunden, mit einem ansprechenden langfristigen Vertrag ausgestattet, abgesprungen ist, gibt es noch Hoffnung auf bessere Zeiten. „Wir haben gute neue Aufträge, die uns vernünftige Margen bringen.“
Intensiv bemüht sich Carrier1 um die weitere Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebes und sucht nach entsprechenden Partnern. Zu der Frage, welche Möglichkeit zur Finanzierung und damit zur Rettung des Unternehmens die Wahrscheinlichste ist, will man sich in der Carrier1-Zentrale nicht äußern. Einzig, dass sich die identifizierten Möglichkeiten stark reduziert haben, lässt Carrier1 wissen. Ob eine Übernahme der Gesellschaft, die Beteiligung an Carrier1 durch einen finanzstarken Partner oder ein Teilverkauf des Unternehmens ansteht, bleibt zunächst offen. Definitiv nicht in Frage kommt der Einstieg des schwedischen Telekommunikationskonzern Telia. Bereits am Freitag widersprachen sowohl Carrier1 als auch Telia entsprechenden Gerüchten am Markt.
Bereits vor einer Woche hat Carrier1 angekündigt, dass das Unternehmen zwei Finanzberater mit dem möglichen Verfolgen unterschiedlicher potenzieller strategischer Transaktionen betraut hat, die das Unternehmen in die Lage versetzen würden, sein operatives Geschäft weiterhin zu finanzieren. Den derzeitigen Stand der Dinge beschreibt Silke Wunderle gegenüber wallstreet:online so: „Wir verhandeln konkret mit einem Unternehmen. Über den aktuellen Stand der Gespräche kann ich aber keine Angaben machen.“ Fortschritte beim Erzielen einer strategischen Lösung will man aber trotz des entstandenen Drucks auf die Beteiligten nicht über das Knie brechen. Ob die aktuellen Gespräche Erfolg versprechen oder scheitern werden, bleibt bis auf weiteres unklar.
Die jüngsten Entwicklungen bei dem Luxemburger Unternehmen haben den Kurs der am Neuen Markt notierten Carrier1-Aktie einmal mehr unter Druck gebracht. Der Wert des Papiers bricht in der ersten Handelsstunde um fast 40 Prozent auf 0,75 Euro regelrecht ein.
Autor: Oliver Mies, 10:00 04.02.02
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