Währungs-Versprecher: Wie George Bush den Yen zu Fall brachte
Normalerweise sorgen die Versprecher des US-Präsidenten nur für Erheiterung. Sein neuester Patzer aber hat Hektik unter Devisenhändlern in Tokio ausgelöst.
Tokio - Einige Trader trauten ihren Ohren kaum: Nach seinen Gesprächen mit dem japanischen Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi sagte Bush vor der Presse, Koizumi wolle neben wirtschaftlichen Strukturreformen und dem Problem fauler Kredite auch das "Devaluation Issue" anpacken - die Abwertungsfrage. Manche Händler werteten das als Hinweis darauf, dass Koizumi sich offen für einen weiteren Wertverfall der nationalen Währung ausgesprochen habe - und dass Bush dem zustimme. Eigentlich ein unglaublicher Vorgang.
Der Yen-Kurs rutschte daraufhin innerhalb weniger Minuten auf einen Kurs von 132,80 Yen pro Dollar, nach einem Stand von 132,55 zuvor. Bushs Sprecher Sean McCormack intervenierte, bevor weiterer Schaden entstehen konnte: Bush habe nicht "Devaluation" gemeint, sondern "Deflation". Bush und Koizumi seien sich einig, dass Japan die deflationären Tendenzen, also die negative Teuerung, eindämmen müsse. Sie nämlich erhöht den Realwert der Bankkredite, belastet die Schuldner und verschärft das Problem der "faulen" Verbindlichkeiten, das viele Banken hart an die Grenze des Bankrotts getrieben hat. Zum Wechselkurs habe Bush aber nicht Stellung nehmen wollen, so McCormack. Der Yen machte nach den Äußerungen des Sprechers seine Verluste wieder wett.
Der Wechselkurs des Yen ist schon länger Anlass für wirtschaftliche Differenzen zwischen Japan und den USA. Der aktuelle kontinuierliche Verfall der japanischen Währung hat im September begonnen. Experten gehen davon aus, dass die japanische Regierung den Kursrutsch gutheißt, wenn nicht gar insgeheim fördert, um so Japans Exporte anzukurbeln. In einem ungewöhnlichen Schritt hatte die Handelsorganisation der US-Autohersteller vergangene Woche an den US-Präsidenten appelliert, er solle Japan drängen, den Yen-Verfall zu stoppen. Die Autokonzerne fürchten, weitere Marktanteile gegenüber japanischen Herstellern zu verlieren.
Bush hat sich vor seinem Treffen mit Koizumi gegen eine Intervention auf den Währungsmärkten ausgesprochen und gesagt, der Wert des Yen solle auf dem freien Markt bestimmt werden.
Quelle: www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,182965,00.html