ROUNDUP 2: Brokat-Insolvenzverwalter bestimmt - Arbeitsplätze sollen bleiben
STUTTGART (dpa-AFX) - Der am Neuen Markt notierte Softwarehersteller Brokat Technologies AG hat am Freitag Insolvenz beantragt. Grund für diesen wenig überraschenden Schritt des auf Informationstechnologie für Finanzdienstleister spezialisierten Unternehmens ist die am 12. November gemeldete Überschuldung. Derzeit bestehe keine realistische Chance für deren Beseitigung, teilte Brokat am Freitag in einer Pflichtveröffentlichung mit.
Die Verhandlungen mit den Eigentümern einer im Mai 2000 begebenen hochverzinslichen Anleihe seien gescheitert. Nun muss das Amtsgericht Stuttgart über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens entscheiden. Volker Grub vom Insolvenzberatungsbüro Wellensiek Grub & Partner aus Stuttgart sei als vorläufiger Insolvenzverwalter bestimmt worden, sagte eine Unternehmenssprecherin der Wirtschaftsnachrichtenagentur dpa-AFX. Erste Gespräche würden bereits geführt.
Das Listing am Neuen Markt sei von dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht betroffen, sagte sie. Hatte die Brokat-Aktie zu ihren besten Zeiten noch um die 200 Euro gekostet, brach das Papier am Freitagnachmittag zeitweise auf bis zu 0,27 Euro ein. Zwischenzeitlich wurde die Aktie vom Handel ausgesetzt.
BROKAT WILL DIE RESTLICHEN 150 ARBEITSPLÄTZE RETTEN
Die verbliebenen 150 Arbeitsplätze des einstigen Börsenstars sollen möglichst gerettet werden. Noch im Mai hatte Brokat 1.450 Mitarbeiter. Das operative Geschäft von Brokat soll aus der Brokat eFinance Technologies GmbH & Co. KG heraus weiter geführt werden.
Per 1. November hatte Brokat 8,3 Millionen Euro in der Kasse. Weitere 25 Millionen Euro werden dem dem Unternehmen aus dem Verkauf seiner M-Business-Tochter Mobile zufließen. Mobile geht für insgesamt 28,25 Millionen Euro an die US-amerikanische eOne Global, die 3,25 Millionen Euro des Kaufpreises bereits als Zwischenfinanzierung bezahlt hat. Außerdem stehen noch Zahlungen aus weiteren Unternehmensteilverkäufen aus, die Brokat auf Anfrage nic ht genau beziffern konnte.
FALL BEGANN IM SOMMER - GRUNDKAPITAL IM JUNI ZUR HÄLFTE AUFGEBRAUCHT
Dieser weitere tiefe Fall eines verglühten Sterns am Neuen Markt hatte sich bereits ab dem Sommer abgezeichnet. Im Juni wurde bekannt, dass das Grundkapital zur Hälfte aufgebraucht war. Die Kleinaktionäre waren auf der Hauptversammlung zutiefst verärgert. Im Juli meldete Brokat einen Quartalsverlust von 824 Millionen Euro und begann, mit den Gläubigern der hochverzinslichen Anleihe über 125 Millionen Euro zu verhandeln. Die Milliarden teuren Übernahmen in den USA im Jahr zuvor hatte das 1994 von ein paar jungen Absolventen der Universität Tübingen gegründete Unternehmen nicht verkraftet.
Als "nicht überraschend" bezeichnete Felix Ellmann, Analyst von SES Research, den Insolvenzantrag von Brokat im Gespräch mit dpa-AFX. "Wir haben das Rating für die Aktie bereits Ende August ausgesetzt", sagte er. "Das, was jetzt noch da ist, geht an die Gläubiger", erklärte Ellmann und verwies auf die Inhaber der Anleihe. Wie lange es dauert, bis die Gesellschaft abgewickelt ist, wollte Ellmann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen.
Einige Banken haben Brokat bereits nach Bekanntgabe der Überschuldung des Unternehmens am 12. November aus ihrem Handel genommen. Vor diesem Freitag aber hätte man über eine mögliche Insolvenz nur spekulieren können, sagte ein Analyst der Helaba Trust. "Brokat war nicht unseriös. Und es haben schon ganz andere Neuer-Markt-Unternehmen plötzlich doch noch eine Finanzierung aus dem Hut gezaubert."/DP/yh/hi/bi
23.11. - 16:56 Uhr