dpa-AFX Überblick: Analysten-Einstufungen vom 21.06.2010
London - Die US-Bank Jpmorgan hat das Kursziel für BP von 675,00 auf 500,00 Pence gesenkt und die Einstufung auf "Overweight" belassen (Kurs: 341,93 Pence). Im Zuge der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko habe das Unternehmen unter anderem mit einer höheren Schuldenlast und höheren Kreditkosten zu kämpfen, schrieb Analyst Fred Lucas in einer Studie vom Montag. Leicht positiv wirke nur, dass die Kosten für Erkundungsbohrungen zurückgehen, weil Tiefseebohrungen im Golf von Mexiko eingestellt worden seien. Insofern sei in diesem und im kommenden Jahr von einem Rückgang des Gewinns je Aktie von bis zu zehn Prozent auszugehen.
Warum ich BP-Aktien nicht kaufe – und keine Probleme damit habe...
Wenn Weltkonzerne mächtig verprügelt werden, dann sehen wir als antizyklisch agierende Anleger gerne etwas genauer hin. Das gilt auch für die Aktien von BP : Im Sog der Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko haben sich die Papiere mehr als halbiert. Mittlerweile notiert der Ölkonzern unter Buchwert, das KGV liegt im niedrigen einstelligen Bereich.
Die Versuchung ist groß, die Aktien jetzt antizyklisch zu kaufen. Kurzfristig allemal, denn der Kursverlauf scheint sich nach dem dramatischen Ausverkauf zu stabilisieren.
Auf der anderen Seite dürfte klar sein, dass der Konzern vor Schadensersatzforderungen in Milliardenhöhe steht. Die amerikanischen Anwälte sind da nicht zimperlich und ob die Barbestände des Unternehmens ausreichen werden, den Schaden zu beheben, sollten Medienberichte zutreffen, wonach erst drei Prozent (!) des gesamten Öls ausgelaufen sind, das wird sich erst noch zeigen müssen.
Doch das eigentliche Problem liegt ganz woanders...
Klar ist natürlich: Die Börse ist keine Wohltätigkeitsveranstaltung. Und auch andere Ölkonzerne streben in erster Linie nach Profit. BP ist da keine Ausnahme. Und doch muss man hier etwas „tiefer graben“, um im Bild zu bleiben:
Die Vorfälle bei BP sind ein „schönes“ Beispiel dafür, dass unsere Form des Wirtschaftens, wie wir sie seit Jahrzehnten praktizieren, in dieser Form nicht weitergehen kann und auch nicht weitergehen wird: Ganz ähnlich wie die Finanzkrise treibt auch der Vorfall im Golf von Mexiko eine Entwicklung auf die Spitze, die es so in Zukunft nicht mehr geben darf:
Kein System auf diesem Planten kann immerzu nur wachsen. Wenn wir alle von allem immer mehr besitzen wollen und zu diesem Zweck die Vernichtung menschlicher Existenzen und die Zerstörung des gesamten Ökosystems in Kauf nehmen, dann ist irgendwann ein Punkt erreicht, an dem es nicht mehr weiter geht.
Doch leider erweist sich der Mensch immer wieder als unfähig zu lernen. Im Grunde ist deshalb zu wünschen, dass BP an der Katastrophe untergehen möge, dass sich die Ölpest im Golf von Mexiko zu einer globalen Katastrophe auswächst, die Tausende Menschenleben fordern, die das Ökosystem gefährden und die Millionen Menschen in den Ruin treiben wird.
Denn leider ist zu befürchten, dass es auch in diesem Fall so sein wird, wie es immer ist: Wir faulen, trägen und satten Menschen ändern unser Verhalten erst, wenn der Leidensdruck unerträglich wird und es gar nicht mehr anders geht.
Aus dem gleichen Grund bin ich auch sehr skeptisch, was die Folgen der Finanzkrise angeht: Von wenigen Ausnahmen abgesehen erweisen wir alle uns immer wieder als unfähig zu Einsicht und Umkehr. Deshalb werden wir Menschen immer wieder Katastrophen von epischen Ausmaßen auslösen – und erst folgende Generationen sind geläutert und vermeiden die Exzesse ihrer Vorfahren. Die beiden Weltkriege waren die letzten umfassenden Katastrophen, die uneinsichtige Menschen ausgelöst haben und die ein Umdenken erzwungen haben.
Auch die Finanzkrise wird ein Umdenken erzwingen. Die Vorfälle bei BP sind nichts weiter als ein Symptom dieser Finanzkrise: Eine Folge von zügelloser Gier und Profitsucht, die über Leichen geht.
Wer dennoch Aktien von BP kaufen möchte, der soll das tun. Der darf sich hinterher aber auch nicht darüber beschweren, wenn das ganze System den Bach hinunter geht.
BP und die Krise des Finanzsystems haben unmittelbar miteinander zu tun - das eine, die Krise, wäre nicht möglich ohne den Raubbau an der Natur und den Konsum auf Pump, ohne maßlose Gier und zügellose Profitsucht. Anders herum: Würden wir alle nachhaltig wirtschaften, gäbe es weder die Finanzkrise noch die Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko.
Ich werde die Aktien von BP deshalb nicht kaufen, schon gar nicht langfristig. Schließlich würde ich mein sauer verdientes Geld damit einem Konzern anvertrauen, der eindrucksvoll bewiesen hat, dass er mit unserer Erde und seinen Bewohnern nicht sorgfältig umgeht. Einem Konzern, der unfähig ist, die Probleme zu lösen, die sich jetzt auftürmen, der verantwortlungslos wirtschaftet und der für Profite über Leichen geht. An einem solchen Unternehmen werde ich mich nicht beteiligen.
Und wer glaubt, dass solche Dinge an der Börse nichts verloren haben, weil es hier um Gewinne geht, der irrt sich ganz gewaltig. Die Börse ist nur ein kleiner Teil des Ganzen. Und das Ganze wird nur überleben, wenn wir Menschen endlich aufwachen...
der gewinner hat viele freunde, der verlierer nur gute!