Bill Bonner: Taxi in Paris

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Bill Bonner: Taxi in Paris

 
03.12.03 09:34

Taxi in Paris


von unserem Korrespondenten Bill Bonner

"Ihr Amerikaner habt es richtig gemacht", sagte mir mein Taxifahrer in Paris heute Morgen. "Ihr habt die Zinsen schnell gesenkt. Deshalb habt ihr die Beschäftigung hoch gehalten und die Wirtschaft ordentlich weiterlaufen lassen. Hier in Europa, also ich weiß nicht was da mit unserer Zentralbank nicht stimmt. Die scheinen die Zinsen nicht senken zu können. Die scheinen überhaupt nichts zu tun."

Wenn Taxifahrer einen volkswirtschaftlichen Rat geben, dann ist es normalerweise Zeit, zu verkaufen. Wenn Ihnen zum Beispiel ein Taxifahrer empfiehlt, die Aktie der Deutschen Telekom zu kaufen – dann ist das das beste Zeichen dafür, zu verkaufen. Aber was sollte ich auf diesen aktuellen Rat hin verkaufen?

"Das ist nicht ganz so einfach" versuchte ich ihm zu sagen. "Wenn man eine Konsumentenwirtschaft hat, wo jeder bereits stark verschuldet ist, dann werden die Leute durch niedrigere Zinsen nur zu noch mehr Schuldenmachen verleitet. Die Leute können sich aber nicht immer weiter verschulden; irgendwann wird ihnen das Geld für die notwendigen Zahlungen ausgehen. Früher oder später müssen sie zurückstecken – und dann geht es ihnen schlimmer als zuvor."

"Schlimmer noch, in den USA ... kaufen die amerikanischen Konsumenten soviel aus Übersee, da hilft es der heimischen Wirtschaft kaum, wenn sie mehr in den Konsum stecken. Denn nur ein Drittel der amerikanischen Konsumausgaben ging seit der letzten Rezession in Güter, die in den USA selbst produziert wurden. Der Rest half mit, in Übersee Jobs zu schaffen ... und ausländische Volkswirtschaften zu beleben."

Der Taxifahrer sah verwirrt aus. Es war so, als ob ich ihm gesagt hätte, dass es den Nikolaus gar nicht gibt. Wo kommen dann all die Geschenke her, hätte er dann gefragt.

Der Euro stand zum Zeitpunkt meines Gesprächs mit dem Taxifahrer bei rund 1,20. "Aber das ist schlecht für unsere Exporte, und es hilft Euch", erklärte er mir.

Mir ist dazu ein Vergleich von Dr. Kurt Richebächer, der hier gelegentlich Gastbeiträge schreibt, eingefallen:

"Seit Ende 2000 – also der Schaffung der gemeinschaftlichen Währung Europas – ist das amerikanische Bruttoinlandsprodukt nominal um 9,9 % oder 4 % pro Jahr gewachsen. Im Fall der Eurozone lag das nominale Wachstum bei 11 % oder 4,2 % pro Jahr."

Irgendwie schafft es also das "Alte Europa", ein vernünftiges Wachstum hinzulegen – ohne seine Einwohner immer weiter zu weiteren Schulden zu ermuntern. Bis jetzt ist das von Taxifahrern in Europa und Zentralbankern in den USA noch nicht zur Kenntnis genommen worden.

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Grüße

NL  Bill Bonner: Taxi in Paris 1289795  
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