Bei Bayer ist noch mehr Rendite drin
Bayer-Vorstandschef Werner Wenning blickt auf "eines der erfolgreichsten Jahre in der Firmengeschichte" zurück. Dumm nur, dass die Börsianer sich davon heute nicht beeindrucken lassen.
Mit Kursabschlägen von knapp drei Prozent reagiert die Aktie auf die Präsentation der endgültigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2005. Dabei waren die Eckdaten seit Wochen bekannt. Enttäuscht hat zum einen der verhaltene Ausblick, der sich für 2006 ein moderates Umsatzwachstum von fünf Prozent zum Ziel setzt. Zum anderen blieb das vierte Quartal unter den Erwartungen. Das gilt vor allem für den Reingewinn in Höhe von 46 Millionen Euro, der deutlich unter den 68 Millionen Euro aus dem Vorjahr lag.
Auf Jahresbasis zog der Konzernumsatz um 17,6 Prozent auf 27,4 Milliarden Euro an. Auf Regionen bezogen schnitt Europa mit einem Zuwachs um 22 Prozent auf knapp zwölf Milliarden Euro am besten ab. Das operative Ergebnis (EBIT) sprang um 50 Prozent auf 2,81 Milliarden Euro, während sich das Ergebnis je Aktie - bedingt durch die fortgeschrittene Umstrukturierung - auf 2,19 Euro mehr als verdoppelte.
Positive Akzente setzt der Pharmasektor - ungeachtet des Umsatzeinbruchs mit dem Antibiotikum Ciprobay, dessen Patentschutz abgelaufen ist. Neue verschreibungsfreie Produkte durch den Roche-Zukauf und auch eigene Medikamente kompensierten die sinkenden Einnahmen. Mit 9,43 Milliarden Euro lagen die Erlöse um 17 Prozent über dem Vorjahreswert. Davon stammen fast 1,1 Milliarden Euro aus dem Geschäft mit rezeptfreien Arzneien, kurz OTC, die Bayer vom Pharmakonkurrenten Roche erworben hatte.
Umsatzstärkste Produkte sind das Diabetesmedikament Ascensia (701 Millionen Euro) und das Blutgerinnungsmittel Kogenate (663 Millionen Euro). Der operative Gewinn (EBIT) legte um 15 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro zu. Darin enthalten sind die Integrationskosten für die Roche-Tochter, aber auch die Rechtsstreitigkeiten - in erster Linie die Vergleichskosten im Kontext zum Cholesterinsenker Lipobay, den Bayer 2001 vom Markt nehmen musste.
Passabel auch das Ergebnis in der Sparte Material Science. Vor allem bei den Polycarbonaten gelang es Bayer, höhere Preise durchzudrücken. Die Folge: Ein Umsatzplus von 24 Prozent und ein EBIT, das um 80 Prozent auf 1,31 Milliarden Euro zulegte. Dagegen stagnierte der Umsatz in der Pflanzenschutzsparte. Als Hauptgrund führt Bayer die anhaltende Trockenheit in der südlichen Hemisphäre an. Die deutliche operative Steigerung kam durch den Wegfall der Abschreibungen zustande, wie sie noch das 2004er-Ergebnis beeinträchtigten.
Für die Anleger soll die Dividende von 55 auf 95 Cent je Aktie aufgestockt werden. Das macht eine Rendite von 2,8 Prozent. Trotzdem kommt auch nach der Pressekonferenz keine rechte Freude unter den Börsianern auf. Zu verhalten und zu vage der Ausblick, lautet der Grundtenor.
Nun ist Konzernlenker Wenning kein notorischer Gute-Laune-Onkel, der sich mit allzu optimistischen Prognosen aus dem Fenster lehnt. Ein Grund für die vorsichtige Prognose ist sicher, dass im Bereich Material Science die Möglichkeit besteht, dass der zyklische Aufschwung bald seinen Zenit erreicht hat. Darüber hinaus muss sich erst zeigen, ob neue Medikamente wie das Nierenkrebsmittel Nexavar auf dem Markt den erwartet schnellen Durchbruch schaffen.
Fest steht aber auch - und das ist seit längerem bekannt: Bayer will nach dem gelungenen Konzernumbau wieder kräftig in die Forschung investieren. 1,9 Milliarden Euro sind für 2006 vorgesehen. Gleichzeitig wird weiter gespart: 600 Millionen Euro hat Bayer für die kommenden drei Jahre angesetzt, insbesondere für die Verwaltung. Die Restrukturierungen bei Crop Science sind darin noch nicht enthalten.
Vor diesem Hintergrund bietet die Wenning-Vorgabe Raum für positive Überraschungen, um die Aktie aus ihrem jüngsten Durchhänger zu befreien. Die Messlatte von 19 Prozent, die sich Bayer für 2006 bei den EBIT-Margen gesetzt hat, wurde mit 18,6 Prozent schon im abgelaufenen Jahr fast erreicht. Die Strategie „margenschwache Bereiche raus zu Lanxess, Roches OTC-Sparte rein" hat sich in jedem Fall ausgezahlt. Das im Branchenvergleich niedrige 2006er-KGV von 13,5 bietet da ein gutes Chance-Risiko-Profil, um jetzt gegen den Trend einzusteigen.
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Kurs am 6. März: 32,60 Euro
Stoppkurs: 29,70 Euro
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