Banges Hoffen auf bessere Zeiten

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Banges Hoffen auf bessere Zeiten

 
02.01.02 05:10
Banges Hoffen auf bessere Zeiten 
WELT-Umfrage: Experten rechnen 2002 im Schnitt mit einem Dax-Plus von gut zehn Prozent

Berlin - Es kann eigentlich nur aufwärts gehen. Die Frage ist nur wann. Und wie weit. Denn längst nicht alle Aktienmarktstrategen halten 2002 für ein "Jahr der Aktie". Viele erwarten allenfalls eine Seitwärtsbewegung, einige sehen sogar noch gewaltiges Rückschlagpotenzial. Nach zwei Baisse-Jahren will offenbar kaum ein Analyst allzu viel Optimismus an den Tag legen. Andererseits möchte auch niemand die zuletzt verhalten positive Stimmung vermiesen. "Das Vertrauen kehrt zurück", sagt hoffnungsvoll der Chefanalyst der Vereins- und Westbank, Karsten Rahlfs.
Getreu dem Motto "Schlimmer kann es nicht kommen", setzen Aktien- wie Optionsscheinhändler wieder auf steigende Kurse. Die Investoren peilen für die nächsten Wochen beim Dax 5200 Punkte an. Zum Jahresende klettert das deutsche Börsenbarometer dann auf fast 5800 Punkte, lautet die Durchschnittsprognose.

Die Hoffnungen nahezu aller Experten ruhen darauf, dass der Wirtschaftsmotor USA wieder anspringt und auch die restliche Welt aus der Malaise zieht. Das Kalkül dabei: Die Rezessionen nach dem Zweiten Weltkrieg dauerten im Schnitt 14 Monate. Demnach müsste die US-Wirtschaft bereits im ersten Quartal 2002 das Tal hinter sich haben. Dann dürfte sich auch die Gewinnsituation der Unternehmen wieder deutlich verbessern und die Aktienkurse steigen. "Der globale Wachstumsimpuls dürfte sich auf 0,5 bis 1,7 Prozent belaufen", schreiben die Analysten der Berenberg Bank.

Doch bisher warten die Aktionäre vergeblich auf die durchschlagende Auswirkung der US-Zinssenkungen. In früheren Jahren machten sich die Fed-Vorgaben bereits nach sechs bis neun Monaten bemerkbar, jetzt werden alte Studien aus den Schubladen gezogen, die von zwölf bis 18 Monaten zeitlicher Verzögerung ausgehen. "Eine signifikante Erholung der US-Konjunktur ist erst im zweiten Halbjahr zu erwarten", sagt Rolf Geck, Aktienstratege der WGZ-Bank. "Wir setzen noch auf defensive Werte."

Auch die Experten von J. P. Morgan sehen noch fundamentale Schwächen in der US-Konjunktur. Zu hoch verschuldet seien Haushalte und Unternehmen, als dass rasch mit einem neuen Investitions- und Wirtschaftsboom zu rechnen sei. J.-P.-Morgan-Europa-Stratege Mislav Matejka rechnet daher mit dem dritten negativen Börsenjahr in Folge. Er ist deshalb auch einer der wenigen, die mit fallenden Renditen der zehnjährigen Anleihen in 2002 rechnen.

Ganz anders deuten die Strategen der Berenberg Bank die Ausgangslage: "Gemäß US-Definition ist bereits ein neuer Bullenzyklus in Kraft. Konstant niedrige Leitzinsen und weiter steigende Aktienkurse dürfen daher in den kommenden Monaten zu einer massiven Kapitalverlagerung aus den Geldmarktfonds heraus- und in die Aktienmärkte hineinführen." Die erwarteten Erträge würden diejenigen aus festverzinslichen Anlagen "mit hoher Wahrscheinlichkeit" übertreffen.

Neben der ungewissen Entwicklung an Wall Street gibt es weitere Risiken für die Märkte. Timo Graucob, Leiter der Aktienanalyse bei Merck Finck, verweist auf eine schwache Konjunktur in Japan, die Argentinien-Krise und eine unsichere wirtschaftliche und politische Lage in Deutschland. "Viele Annahmen über den künftigen Gewinn pro Aktie bei einigen Unternehmen halte ich für sehr ambitioniert", so der Stratege. Auch Rolf Geck von der WGZ-Bank ist vorsichtig: "Man muss noch mit negativen Überraschungen rechnen, vor allem bei Technologie- und Softwaretiteln."

Das Jahr 2002 wird also eher eine Wackelpartie. Verschreckte Anleger, die nur in sicherem Marktumfeld in Aktien oder Anleihen einsteigen wollen, müssen sich wohl bis 2003 gedulden.
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