SPIEGEL ONLINE - 27. Februar 2007, 07:41
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SPARMASSNAHME
E-Plus übergibt Netz an Alcatel-Lucent
E-Plus leitet auf dem Mobilfunkmarkt eine neue Ära ein: Um Kosten zu sparen, lagert das Unternehmen als erster deutscher Betreiber sein Mobilfunknetz aus. Künftig soll der Netzwerkausrüster Alcatel-Lucent für Ausbau und Wartung sorgen.
Frankfurt am Main/Hamburg - Ab 1. März soll Alcatel-Lucent -Lucent die Netztechnik übernehmen, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und die "Financial Times Deutschland" berichten. Neben Betrieb, Überwachung und Reparatur der existierenden Sendemasten schließt der Vertrag auch den Aufbau neuer Anlagen ein und laufe über drei Jahre. Allein die Netzplanung verbleibe bei E-Plus. Der Wert des Geschäfts werde auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt.
E-Plus will mit dem Schritt seine Kosten senken. "Experten erwarten von einem solchen Schritt eine mittelfristige Senkung der Netzkosten um rund 20 Prozent", sagte E-Plus-Vorstandschef Thorsten Dirks der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Firmenkreisen zufolge könne E-Plus damit einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag einsparen, berichten die Blätter. Nach früheren Unternehmensangaben waren auch Nokia und Ericsson in der engeren Auswahl als Partner für die Übernahme des Netzbetriebs.
"E-Plus ist der erste Netzbetreiber in Deutschland und einer der ersten in Europa, der diesen Schritt geht", sagte Dirks. Der Vertrag sei zunächst für drei Jahre geschlossen worden. Der E-Plus-Chef ist überzeugt, dass er mit dem Schritt einen neuen Trend auf dem deutschen Markt setzt. In anderen Ländern haben Unternehmen ihr Netz bereits an externe Betreiber vergeben.
Alcatel will dreistelligen Millionenbetrag im Jahr investieren
Zwar argumentierten andere deutsche Anbieter noch, nur durch den Eigenbetrieb könnten sie für die Qualität ihres Netzes garantieren, sagte Dirks. Der Kunde sei aber nicht mehr bereit, dafür zu zahlen. Außerdem seien mit Alcatel-Lucent Standards vereinbar worden. E-Plus hatte zunächst wegen des Erfolges der Billigmarken Symio und Base Kapazitätsprobleme im Netz. Diese würde Alcatel schnell beheben, so Dirks. Die Tochterfirma der niederländischen KPN wolle jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag in den Netzausbau investieren.
Mit dem Übergang von Ausbau und Betrieb des Netzes würden 750 Stellen an Alcatel-Lucent wandern. "Für die Mitarbeiter heißt das, dass sie weitermachen können, da wir unser Netz von Alcatel-Lucent ja deutlich ausbauen lassen wollen", sagte Dirks.
Bei Alcatel-Lucent hofft man, dass E-Plus noch andere Anbieter folgen. Dann würde sich das Geschäft mit den Netzen richtig lohnen, weil die Techniker etwa mehrere Sendeanlagen betreuen könnten. Der "FTD" zufolge ist O2 Branchenkennern zufolge der wahrscheinliche nächste Kandidat, der sich zur Auslagerung des Netzes entschließt: O2-Chef Rudolf Gröger hatte entsprechende Überlegungen bereits bestätigt. Für O2 wäre der Schritt besonders attraktiv, weil das Netz des kleinsten Anbieters in Deutschland zurzeit nur 90 Prozent der Fläche abdeckt und O2 sich deshalb teils im T-Mobile-Netz einmietet. Außerdem verläuft der Ausbau des UMTS-Netzes des Unternehmens nur schleppend. Ein externer Bertreiber könnte Analysten zufolge solche Schwächen schneller beseitigen.
E-Plus unterbietet Festnetztarif der Telekom
Erst gestern hatte E-Plus einen gesenkten Pauschaltarif angekündigt. Vom 1. März an könnten Kunden im Tarifangebot Base für 15 Euro im Monat unbegrenzt ins Festnetz telefonieren. E-Plus unterbietet damit erstmals den billigsten Festnetztarif der Deutschen Telekom, bei dem eine monatliche Grundgebühr von 16,37 Euro und laufende Gesprächskosten anfallen. Vorübergehend bietet E-Plus seinen neuen Tarif sogar für zehn Euro monatlich an. Das Angebot zielt nach Unternehmensangaben vor allem auf ältere Menschen, Geschäftsleute und Familien. Gespräche ins eigene Netz und zu anderen Mobilfunknetzen werden allerdings mit 25 Cent je Minute berechnet. Auch das Handy kostet extra.
ase/Reuters