19.08.2002
U N W E T T E R S C H Ä D E N
Schily, Spenden und Solidarität
Henkel, Bayer, Deutsche Bank und viele andere: Die Bereitschaft deutscher Unternehmen ist groß, den Opfern der Hochwasserkatastrophe mit Spenden unter die Arme zu greifen. Bundesinnenminister Otto Schily kündigte zudem eine Solidaritätsanleihe zur Beseitigung der Hochwasserschäden an.
Berlin - Die Lage in den Hochwassergebieten bleibt trotz sinkender Pegelstände weiterhin dramatisch. Nach wie vor drohen Dämme zu brechen und Wassermassen weitere Teile des Landes zu überfluten. Nach ersten Schätzungen des Bundes dürften sich die Hochwasserschäden auf mindestens eine Milliarde Euro belaufen. "Es geht nun in erster Linie darum, so schnell wie möglich zu helfen", sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums gegenüber manager-magazin.de.
Unternehmen wie Henkel nehmen dies wörtlich. Bereits am vergangenen Samstag machten sich die ersten Lkws der Henkel-Werksfeuerwehr mit Waren in die Krisengebiete auf.
In den nächsten Tagen will der Haushaltswarenkonzern Produkte im Verkaufswert von einer Million Euro in die überfluteten Gebiete transportieren.
Mit Sachspenden und einer Finanzspritze von einer Million Euro beteiligt sich auch der Pharmakonzern Bayer an der Rettung der Hochwasseropfer. "Die Bilder vom Ausmaß dieser Naturkatastrophe sind erschütternd. Unser Mitgefühl gilt den Menschen, die in Teilen alles verloren haben", sagte Bayer-Vorstandsvorsitzender Werner Wenning.
Schily kündigt deutsche "Solidaritätsanleihe"
Wer nicht mit Sachleitungen helfen kann, versucht den Betroffenen finanziell unter die Arme zu greifen. Die Dresdner Bank hat ein Sofort-Kreditpaket von 600 Millionen Euro aufgelegt und stellt den Katastrophenopfern damit Kredite und Finanzierung mit extrem niedrigen Zinssätzen bereit. Die Deutsche Bank spendete den Opfern der Jahrhundertflut spontan fünf Millionen Euro.
Gleichzeitig hat Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) eine nationale Anleihe "Deutsche Solidarität" zur Beseitigung der Hochwasserschäden angekündigt. Firmen sollen sich an dieser Anleihe beteiligen können, kündigte Schily am Montag im ZDF-Morgenmagazin an.
"Das Maß der Solidarität ist erkennbar so groß, dass jeder seinen Cent beisteuern wird", sagte Schily. Auf europäischer Ebene sollten mit Mitteln aus dem EU-Strukturfonds Schäden aus der Jahrhundertflut bezahlt werden. Dies war am Sonntagabend bei einem Gipfel im Kanzleramt vereinbart worden, an dem EU-Kommissionspräsident Romano Prodi und die Regierungschefs der vom Hochwasser betroffenen Länder teilnahmen.
Schily lehnt Steuererhöhungen ab
Steuererhöhungen zur Finanzierung der Hochwasserschäden lehnte Schily ab. Es sei eine "falsche Debatte", jetzt darüber zu reden. Auch Unionsfraktionschef Friedrich Merz sprach sich gegen eine vorübergehende Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Finanzierung eines Aufbauprogramms aus. Ein Land mit der Wirtschaftskraft Deutschlands müsse grundsätzlich in der Lage sein, die Beseitigung der Flutschäden anders zu finanzieren, sagte er im Deutschlandradio.
Am Sonntagabend hatte Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) einen allgemeinen Solidaritäts-Beitrag zur Finanzierung eines Aufbauprogramms abgelehnt. Er glaube im Moment nicht, dass "dies ein vernünftiges Mittel ist", sagte Eichel in der RTL-Sendung "Im Kreuzfeuer". Er verwies darauf, dass auf diese Weise höchstens 1,2 Milliarden Euro zusammen kommen würden. Zudem könne zurzeit niemand schätzen, um welches Schadensmaß es wirklich gehe.
Stieger kündigt "notwendige Erstmaßnahmen" an
SPD-Fraktionschef Ludwig Stiegler kündigte für das Haushaltsjahr 2003 die Bereitstellung "notwendiger Erstmaßnahmen" für Flutopfer an. Neben der Soforthilfe gelte es nun, die Infrastruktur provisorisch wieder aufzubauen und eine "schnelle und unbürokratische Vergabepolitik" zum Wiederaufbau zu garantieren.
Die Bundesregierung versucht in den überfluteten Regionen indes erste Hilfe zu leisten und stellt vorerst 100 Millionen Euro für unbürokratische Soforthilfen an die Hochwasseropfer bereit. Das Verkehrsministerium will für die Behebung der Wasserschäden bis zu 25 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Spendenaktionen sind angekündigt. Die Bundesanstalt für Arbeit will ebenfalls mit 50 Millionen Euro aushelfen.
Gleichzeitig will die Regierung die Hochwasseropfern durch Steuerstundungen, Sonderabschreibungen beim Wiederaufbau von Gebäuden und zahlreiche andere Maßnahmen unterstützen. Am heutigen Montagnachmittag kommt das Bundeskabinet zu einer Sondersitzung zusammen, um über Hilfen für die Opfer der Flutkatastrophe zu beraten.