Das spanische Solarkraftwerk Andasol 3 produziert vor allem eins: Verluste. Besitzer sind RWE, Rheinenergie und Stadtwerke München. Sie schicken jetzt ihre Anwälte los, die gegen geänderte Förderregeln in Spanien klagen.
DüsseldorfVom Vorzeigeprojekt zum Millionengrab in nur zwei Jahren: Das 2011 eingeweihte spanische Solarthermiekraftwerk Andasol 3 beschert deutschen Energieversorgern hohe Verluste. Allein der größte Anteilseigner, die Stadtwerke München, musste auf die Anlage 64 Millionen Euro abschreiben.
Der Kölner Versorger Rheinenergie hakt 17 Millionen Euro ab – etwa ein Drittel seiner Investitionssumme. Und auch der Essener RWE -Konzern und der Anlagenbauer Ferrostaal räumten am Dienstag Abschreibungen ein - Ferrostaal nannte sie „erheblich“. Als Grund geben die Unternehmen an, dass die spanische Regierung zugesagte Fördermittel zusammengestrichen habe. Die Unternehmen prüfen nun rechtliche Schritte.
Das Parabolrinnenkraftwerk in der Provinz Granada hat 315 Millionen Euro gekostet. Die Anlage soll bis zu 200.000 Menschen mit Strom versorgen. Solarthermische Kraftwerke haben einen höheren Wirkungsgrad als Photovoltaik-Anlagen und können mit kostengünstigen Speichern den Strombedarf auch in den Abendstunden decken.
Da sie aber noch keine Massenware sind, sind sie teurer als herkömmliche Solarmodul-Anlagen. Mithin sind Investoren nur über Subventionen zu locken.
Die Stadtwerke München halten an dem 50-Megawatt-Kraftwerk 48,9 Prozent. „Andasol 3 ist das beste Beispiel dafür, dass wir die Energiewende auf europäischer Ebene verwirklichen müssen“, hatte der damalige Stadtwerke-Chef Kurt Mühlhäuser bei der Einweihung im September 2011 gesagt. „Sie kann nur dann gelingen, wenn die verschiedenen Akteure – wie eben bei Andasol 3 – an einem Strang ziehen und die politischen Rahmenbedingungen stimmen.“
Im schuldengeplagten Spanien haben sich die politischen Rahmenbedingungen seither geändert. Gelockt von großzügigen Staatshilfen hatten internationale Geldgeber zu Boomzeiten mehr als 13 Milliarden in Erneuerbare Energien in Spanien gesteckt.
Doch wegen der Schuldenkrise drehte die Regierung in Madrid den Geldhahn zu. Die unerwarteten Gesetzesänderungen in Spanien nagten an der Wirtschaftlichkeit solarthermischer Kraftwerke und verursachten "dauerhaft massive, zukünftige Einbußen", erklären die Stadtwerke München auf Nachfrage der Nachrichtenagentur Reuters.
Der Versorger prüfe mit anderen Investoren rechtliche Schritte gegen den spanischen Staat. "Sollte es zu einem Verfahren kommen, ist mit einer mehrjährigen Dauer zu rechnen." Durch den Rechtstreit solle der Vermögensschaden wieder ausgeglichen werden.
„Das Solarrinnenkraftwerk Andasol 3 erregte internationale Aufmerksamkeit, weil es über eine Technik verfügt, die Solarenergie selbst dann noch verwerten lässt, wenn die Sonne längst untergegangen ist,“ erläutert Rheinenergie-Chef Dieter Steinkamp.
„Wir haben uns an der Anlage mit 12,5 Prozent beteiligt und haben wie bereits erwähnt jetzt Abschreibungsbedarf in siebenstelliger Höhe, weil der spanische Gesetzgeber die Förderung drastisch zusammengestrichen hat – wohlgemerkt für bestehende Anlagen.“ Dem Unternehmen zufolge läuft das Kraftwerk allmählich im Normalbetrieb, allerdings wegen der veränderten Förderung mit deutlich reduzierter Leistung.
Auch RWE verwies auf die geänderten Förderbedingungen. Der Konzern habe deswegen im Mai eine Abschreibung auf die Anlage vorgenommen, erklärte die Ökostrom-Tochter RWE Innogy. Zur Höhe äußerte sich das Unternehmen nicht. RWE hat aber wie Rheinenergie und Ferrostaal rund 50 Millionen Euro investiert und verfügt über einen ähnlich großen Anteil. Der Konzern prüfe rechtliche Schritte, nähere Angaben machte RWE hierzu nicht.
Ein Ferrostaal-Sprecher erklärte: „Aufgrund der willkürlichen Änderung der spanischen Gesetzgebung hat dies auch bei uns zu erheblichen Abschreibungen geführt.“ Die beliebige Reduzierung der bisher geltenden gesetzlichen Einspeiseförderung führe zu einer „deutlichen Reduzierung der Wirtschaftlichkeit.“
Die Nachrichtenagentur Reuters hatte bereits im Februar berichtet, dass Spanien nach der Kürzung der staatlichen Unterstützung für Ökostrom-Projekte Schadenersatzklagen internationaler Investoren drohen. Die zuvor vom Parlament beschlossene Senkung der staatlichen Förderung könne dazu führen, dass Solarthermie-, aber auch Photovoltaik- und Windanlagen weniger Gewinn abwerfen, hatten Branchenvertreter erklärt.
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