Kann und soll die Bundestagswahl nach der Flutkatastrophe überhaupt am 22. September stattfinden? Bei den verantwortlichen Behörden wachsen die Zweifel.
Berlin - Hartmut Biele beschäftigt sich mit dieser Frage schon seit vergangener Woche. Der sächsische Landeswahlleiter will alles Mögliche tun, damit in seinem Bundesland am 22. September "normale" Wahlen stattfinden können. Doch sicher ist das keineswegs. Am Montagnachmittag hat er sich mit den Kreiswahlleitern aus Sachsen getroffen, die jetzt in ihren jeweiligen Wahlkreisen klären sollen: Sind Wahlbenachrichtigungen, Stimmzettel und Wahlurnen vorhanden? Und gibt es die benötigten Wahllokale überhaupt noch?
Post mit Gummistiefeln bringen
Schwierigkeiten könnten auch fehlende Wählerverzeichnisse - die Liste der Wahlberechtigten - bereiten. Denn auch da ist nicht sicher, ob alle benötigten Daten vor den Fluten gerettet werden konnten. Antworten auf all diese Fragen werde er jedoch frühestens Ende dieser Woche geben können, sagt Wahlleiter Biele. "Die Menschen haben dort gegenwärtig anderes zu tun", sagt auch Heinz-Christoph Herbertz vom Büro des Bundeswahlleiters. "Die Bundeswahlordnung besagt aber, dass an sich bis zum 1. September 2002 die Wahlbenachrichtigungen zugegangen sein müssen."
Genau das aber wird in den Flutbezirken vermutlich nicht zu realisieren sein. Denn viele Bürger aus den betroffenen Regionen wurden evakuiert. Allein in Sachsen-Anhalt mussten bisher über 100.000 Menschen ihre Häuser verlassen, heißt es aus dem Innenministeriums des Landes. Paul-Uwe Söker, Landeswahlleiter aus Sachsen-Anhalt, gibt sich dennoch zuversichtlich. Die Zusendung der Wahlbenachrichtigungen sei im Gange und dürfte rechtzeitig abgewickelt sein. "Und wenn die Post mit Gummistiefeln zu den Bürgern gebracht werden muss", sagt Söker.
Gysi will Wahl verschieben
Der Berliner Ex-Wirtschaftsenator Gregor Gysi will aus dieser Unsicherheit eine Chance für die PDS machen. "Wir müssen darüber nachdenken, ob man den Wahltag überhaupt halten kann", sagte der PDS-Mann auf einer Wahlkampfkundgebung in Erfurt am vergangenen Samstag. Ihm gehe es um die Chancengleichheit für die Bürger, die in Ruhe zur Wahl gehen sollen. Wohl auch, damit sich die Wähler noch mal überlegen, ob sie nicht doch die PDS wählen wollen. Denn zuletzt lag die Partei in einigen Umfragen unter der Fünf-Prozent-Hürde. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Bundestagswahlen insgesamt verschoben werden ist gleichwohl sehr gering. Aber es ist nicht auszuschließen, dass einzelne Orte aus dem Katastrophengebiet nachwählen müssen. Das sei zwar sehr hypothetisch, sagt Herbertz vom Büro des Bundeswahlleiters. Nach Paragraf 43 des Bundeswahlgesetzes gebe es aber die Möglichkeit der Nachwahl in einzelnen Wahlkreisen oder Wahlbezirken. Dort heißt es: "Eine Nachwahl findet statt, wenn in einem Wahlkreis oder in einem Wahlbezirk die Wahl nicht durchgeführt worden ist." Ob diese Vorschrift angewendet werden muss, sei aber momentan "noch nicht absehbar", erklärte Herbertz auf Nachfrage. Eine Nachwahl hat es bei einer Bundestagswahl bislang noch nie gegeben.
In den von den Überflutungen betroffenen Kreisen ist in jedem Fall mit erheblichen Problemen zu rechnen. Bundesweit gesehen sei die Wahl aber "nur in einem kleinen Teil der insgesamt 299 Wahlkreise problematisch", versichert die Bundeswahlleitung.
Landeswahlleiter Biele hofft Nachwahlen vermeiden zu können
Solche Sätze sollen wohl vorerst die Debatte klein halten. Tatsächlich kann der sächsische Landeswahlleiter Biele heute noch nicht sagen, ob in Sachsen "die Wahl in großem Umfang nicht durchführbar ist oder ob nur wenige Dörfer betroffen sind". Käme es zu großen Ausfällen, hätten das gravierende Folgen für den Wahlausgang. Denn dann wäre am Wahlabend zwar ein Ergebnis bekannt, aber es wäre noch nicht endgültig - und anschließend würde der Wahlkampf weiter toben, bis die Nachwahlen maximal drei Wochen später realisiert werden könnten. Damit wüchse den Nachwählern die Möglichkeit zu, das Ergebnis zu korrigieren, ihre Entscheidung würde durch die veröffentlichten bundesweiten Ergebnisse beeinflusst.
Natürlich soll das vermieden werden. Landeswahlleiter Paul-Uwe Söker aus Sachsen-Anhalt gibt sich eisern optimistisch: "Aus meiner persönlichen Sicht wird die Wahl in Sachsen-Anhalt nicht verschoben." Die Lage sei natürlich noch nicht abschließend zu beurteilen. Auch Söker weiß nicht, ob die Wahlbriefe noch alle Bürger Sachsen-Anhalts erreichen. Am Montagabend erreichte die Flutwelle die Landeshauptstadt Magdeburg - vermutlich vor Austragung der Wahlpost.
Berlin - Hartmut Biele beschäftigt sich mit dieser Frage schon seit vergangener Woche. Der sächsische Landeswahlleiter will alles Mögliche tun, damit in seinem Bundesland am 22. September "normale" Wahlen stattfinden können. Doch sicher ist das keineswegs. Am Montagnachmittag hat er sich mit den Kreiswahlleitern aus Sachsen getroffen, die jetzt in ihren jeweiligen Wahlkreisen klären sollen: Sind Wahlbenachrichtigungen, Stimmzettel und Wahlurnen vorhanden? Und gibt es die benötigten Wahllokale überhaupt noch?
Post mit Gummistiefeln bringen
Schwierigkeiten könnten auch fehlende Wählerverzeichnisse - die Liste der Wahlberechtigten - bereiten. Denn auch da ist nicht sicher, ob alle benötigten Daten vor den Fluten gerettet werden konnten. Antworten auf all diese Fragen werde er jedoch frühestens Ende dieser Woche geben können, sagt Wahlleiter Biele. "Die Menschen haben dort gegenwärtig anderes zu tun", sagt auch Heinz-Christoph Herbertz vom Büro des Bundeswahlleiters. "Die Bundeswahlordnung besagt aber, dass an sich bis zum 1. September 2002 die Wahlbenachrichtigungen zugegangen sein müssen."
Genau das aber wird in den Flutbezirken vermutlich nicht zu realisieren sein. Denn viele Bürger aus den betroffenen Regionen wurden evakuiert. Allein in Sachsen-Anhalt mussten bisher über 100.000 Menschen ihre Häuser verlassen, heißt es aus dem Innenministeriums des Landes. Paul-Uwe Söker, Landeswahlleiter aus Sachsen-Anhalt, gibt sich dennoch zuversichtlich. Die Zusendung der Wahlbenachrichtigungen sei im Gange und dürfte rechtzeitig abgewickelt sein. "Und wenn die Post mit Gummistiefeln zu den Bürgern gebracht werden muss", sagt Söker.
Gysi will Wahl verschieben
Der Berliner Ex-Wirtschaftsenator Gregor Gysi will aus dieser Unsicherheit eine Chance für die PDS machen. "Wir müssen darüber nachdenken, ob man den Wahltag überhaupt halten kann", sagte der PDS-Mann auf einer Wahlkampfkundgebung in Erfurt am vergangenen Samstag. Ihm gehe es um die Chancengleichheit für die Bürger, die in Ruhe zur Wahl gehen sollen. Wohl auch, damit sich die Wähler noch mal überlegen, ob sie nicht doch die PDS wählen wollen. Denn zuletzt lag die Partei in einigen Umfragen unter der Fünf-Prozent-Hürde. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Bundestagswahlen insgesamt verschoben werden ist gleichwohl sehr gering. Aber es ist nicht auszuschließen, dass einzelne Orte aus dem Katastrophengebiet nachwählen müssen. Das sei zwar sehr hypothetisch, sagt Herbertz vom Büro des Bundeswahlleiters. Nach Paragraf 43 des Bundeswahlgesetzes gebe es aber die Möglichkeit der Nachwahl in einzelnen Wahlkreisen oder Wahlbezirken. Dort heißt es: "Eine Nachwahl findet statt, wenn in einem Wahlkreis oder in einem Wahlbezirk die Wahl nicht durchgeführt worden ist." Ob diese Vorschrift angewendet werden muss, sei aber momentan "noch nicht absehbar", erklärte Herbertz auf Nachfrage. Eine Nachwahl hat es bei einer Bundestagswahl bislang noch nie gegeben.
In den von den Überflutungen betroffenen Kreisen ist in jedem Fall mit erheblichen Problemen zu rechnen. Bundesweit gesehen sei die Wahl aber "nur in einem kleinen Teil der insgesamt 299 Wahlkreise problematisch", versichert die Bundeswahlleitung.
Landeswahlleiter Biele hofft Nachwahlen vermeiden zu können
Solche Sätze sollen wohl vorerst die Debatte klein halten. Tatsächlich kann der sächsische Landeswahlleiter Biele heute noch nicht sagen, ob in Sachsen "die Wahl in großem Umfang nicht durchführbar ist oder ob nur wenige Dörfer betroffen sind". Käme es zu großen Ausfällen, hätten das gravierende Folgen für den Wahlausgang. Denn dann wäre am Wahlabend zwar ein Ergebnis bekannt, aber es wäre noch nicht endgültig - und anschließend würde der Wahlkampf weiter toben, bis die Nachwahlen maximal drei Wochen später realisiert werden könnten. Damit wüchse den Nachwählern die Möglichkeit zu, das Ergebnis zu korrigieren, ihre Entscheidung würde durch die veröffentlichten bundesweiten Ergebnisse beeinflusst.
Natürlich soll das vermieden werden. Landeswahlleiter Paul-Uwe Söker aus Sachsen-Anhalt gibt sich eisern optimistisch: "Aus meiner persönlichen Sicht wird die Wahl in Sachsen-Anhalt nicht verschoben." Die Lage sei natürlich noch nicht abschließend zu beurteilen. Auch Söker weiß nicht, ob die Wahlbriefe noch alle Bürger Sachsen-Anhalts erreichen. Am Montagabend erreichte die Flutwelle die Landeshauptstadt Magdeburg - vermutlich vor Austragung der Wahlpost.