Sparerfreibetrag entfällt bei Abgeltungssteuer

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Dixie:

Sparerfreibetrag entfällt bei Abgeltungssteuer

 
19.02.03 08:20
Sparerfreibetrag entfällt bei Abgeltungssteuer

Regierung revidiert Einnahmeschätzung aus Amnestieregelung nach unten / Eckpunkte heute im Kabinett


mas. BERLIN, 18. Februar. Der Sparerfreibetrag soll entfallen, wenn die Abgeltungssteuer greift. Das plant das Bundesfinanzministerium, wie am Dienstag aus Regierungskreisen verlautete. Das Gesetz, dessen Eckpunkte das Kabinett an diesem Mittwoch beschließen will, hat demnach für die Sparer einen Haken: Wer nur 25 Prozent Steuern auf seine Zinsen zahlen will, muß auf den Sparerfreibetrag verzichten. Wer den Freibetrag behalten möchte, muß seine Zinsen weiter nach geltendem Recht versteuern. Die bisherigen Freistellungserklärungen von den Anlegern bei ihren Banken sollen durch Kontrollmitteilungen ersetzt werden. Das Gesetz soll schon zum Juli in Kraft treten.

Bisher werden Zinseinkünfte mit dem persönlichen Steuersatz belastet, in der Spitze mit gut 51 Prozent. Abgemildert wird dies durch den Sparerfreibetrag von 1550 Euro für Ledige und 3100 Euro für Verheiratete. Wer so wenig verdient, daß er keine Steuern zahlen muß, soll sich künftig eine Freistellungsbescheinigung vom Finanzamt holen können. Alle anderen, die sich nicht für die Abgeltungsbesteuerung entscheiden, werden rückwirkend in den Genuß des Sparerfreibetrags kommen.

Die Bundesregierung hat zudem ihre Erwartung an zusätzliche Einnahmen aus der auf zwölf Monate befristeten Steueramnestie reduziert. Sie rechnet für die zweite Jahreshälfte mit einem Vermögensrückfluß von 20 Milliarden Euro. Da in den ersten sechs Monaten der Abgabesatz auf das hinterzogene Kapital bei 25 Prozent liegen soll, ergäben sich zusätzliche Einnahmen von 5 Milliarden Euro für den Staat. Bund und Länder würden davon jeweils rund 2 Milliarden Euro zustehen, den Kommunen 750 Millionen Euro. Es sei nicht damit zu rechnen, daß im nächsten Jahr mehr eingenommen werde, hieß es weiter. In den zweiten sechs Monaten liegt der Abgabensatz nach den Eckwerten bei 35 Prozent. Die Frist zur Abgabe einer strafbefreienden Erklärung endet Mitte 2004.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte ursprünglich einen Rückfluß von 100 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Bei den vorgesehenen Abgabesätzen von zunächst 25 und dann 35 Prozent wären damit zwischen 25 und 35 Milliarden Euro in die Kassen des Fiskus geflossen. Den neuen Eckwerten ist die niedrigere Schätzung der Bundesbank zugrunde gelegt worden. Danach haben die Deutschen "nur" 150 Milliarden Euro im Ausland angelegt, auf die sie keine Steuern zahlen. Voraussetzung für Anleger mit bisher nicht versteuertem Auslandsgeld, straffrei zu bleiben, ist nach der geplanten Regelung die Abgabe einer "strafbefreienden Erklärung" gegenüber dem Fiskus. Darin muß er das Vermögen (Stichtag 1. Januar 2003) angeben, das nicht versteuert worden ist. Ermittlungen der Steuerbehörden soll es dann nicht mehr geben. Ermittlungen wegen des Verdachts der Geldwäsche und anderer krimineller Vorgänge sollen weiter möglich sein.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.02.2003, Nr. 42 / Seite 13
Dixie:

Vorsicht! Abgeltung!

 
19.02.03 08:22
Vorsicht! Abgeltung!

mas. Die Tücke steckt im Detail. Dies gilt nirgendwo so wie im Steuerrecht. Ein gutes Beispiel ist die Abgeltungsteuer auf Zinsen samt Brücke zurück in die Steuerehrlichkeit. Geringe Abgabesätze in Kombination mit Kontrollmitteilungen soll die Steuerhinterzieher dazu bewegen, sich dem Finanzamt zu offenbaren. Bundeskanzler Schröder versprach hohe Mehreinnahmen für den klammen Staat, der gebeutelte Bürger sich eine spürbare Entlastung. An beiden Punkten sind Abstriche zu machen. Was als Befreiungsschlag gedacht war, sieht nun weniger spektakulär aus. Nach der vorsichtigen Kalkulation des Bundesfinanzministers werden in der ersten Halbzeit nur 20 Milliarden Euro deklariert. Das Aufkommen läge damit bei fünf Milliarden Euro. In den darauffolgenden sechs Monaten soll der Abgabesatz deutlich steigen. Daher ist nicht damit zu rechnen, daß der Fiskus dann mehr kassiert. Aber auch so mancher Bürger dürfte sich zu früh gefreut haben. Er soll vor die Alternative gestellt werden: Abgeltungsteuer ohne Freibetrag oder persönlicher Steuersatz mit Freibetrag. Wer wenig verdient, fährt dann weiterhin besser, wenn er seine Kapitalerträge in seiner Steuererklärung angibt. Wer viel hat, profitiert vom Zinsabschlag. Und wer irgendwo dazwischen liegt, wird genau rechnen müssen, was günstiger ist. Damit bleibt auch wieder einmal die erhoffte Vereinfachung auf der Strecke.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.02.2003, Nr. 42 / Seite 13
Dixie:

Wenn sich Reue nicht lohnt

 
20.02.03 08:23
Wenn sich Reue nicht lohnt

Die geplante Steueramnestie des Bundesfinanzministers ist gut gemeint, aber schlecht durchdacht


Von Thomas Öchsner

Wer in Deutschland eine Amnestie für Steuersünder fordert, macht sich nicht gerade beliebt. Jahrelang wagten Politiker zwar immer wieder einen Vorstoß, die Debatten verliefen sich aber schnell. Für einen fiskalischen Gnadenakt, den – nicht zuletzt auch sozialdemokratische – Kritiker als Steuergeschenk für Millionäre brandmarkten, gab es keine Mehrheit. Insofern zeigt Bundesfinanzminister Hans Eichel Mut, wenn er jetzt ernst macht mit einer Steueramnestie, vor der seine Vorgänger aus der Union zurückschreckten. Das ist aber so ziemlich das einzig Gute, das sich seinen Vorschlägen abgewinnen lässt.

Mit dem „Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit“ will der Bundes finanzminister möglichst viel Geld einsammeln, um die leeren öffentlichen Kassen zu füllen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die geplanten Anreize für die Rückkehr in die Legalität allerdings zu dürftig. Bleibt der Entwurf unverändert, dürfte kaum ein Steuerbetrüger sein Geld als reuiger Sünder in die Heimat bringen. Nach Eichels Plänen soll jeder, der sich bis Ende des Jahres den Finanzbehörden offenbart, sein im Ausland verstecktes Vermögen einmalig mit 25 Prozent versteuern. Dies gilt für das gesamte Kapital, nicht allein für die Zinsen. Wer Anfang 2004 reinen Tisch machen möchte, soll 35 Prozent an den Fiskus abgeben. In der Praxis bedeutet dies jedoch, dass ehrlich gewordene Steuerflüchtlinge draufzahlen. Sie haben danach noch weniger Geld in der Tasche als bei einer ordnungsgemäßen Versteuerung ihrer Zinsen. Ökonomen und Steuerberater glauben deshalb nicht, dass es tatsächlich zu dem von der Regierung erhofften Geldsegen in Milliardenhöhe kommt. Dagegen spricht auch das jüngste Zinssteuer-Abkommen der EU, das das Bankgeheimnis gerade in den Steuer-Fluchtburgen Luxemburg, Österreich und Schweiz unangetastet lässt.

Die Amnestie hat aber nicht nur deshalb handwerkliche Mängel, weil die verlangte Nachversteuerung des Kapitals viel zu hoch ist und einer Strafsteuer gleichkommt. Es fehlen auch ergänzende Zusagen, die die Bürger wieder an eine verlässliche Steuerpolitik glauben lassen. Wer garantiert, dass die geplante Abgeltungsteuer auf Zinserträge von 25 Prozent nicht bald erhöht wird? Wie sicher ist es, dass die Vermögensteuer nicht wieder aus der Schublade geholt wird? Forscht der Fiskus nicht doch weiter nach, woher die der Strafbefreiung unterworfenen Einnahmen kommen? Solange die Sorge vor weiterem Steuerärger die Brücke zur Ehrlichkeit untergräbt, bleibt eine Amnestie nur Stückwerk. Es fehlt ein systematisches und einfaches Gesamtkonzept für die Besteuerung von Kapitalerträgen. Für Gewinne aus Aktienverkäufen soll zukünftig eine andere Abgeltungsteuer gelten als für Zinsen. Erträge aus Investmentfonds will die Bundesregierung wieder anders besteuern. Und die geplanten Kontrollmitteilungen der Banken an die Finanzämter, mit denen das Bankgeheimnis de facto abgeschafft wird, passen überhaupt nicht zu Eichels Gnadenakt.

Eine Steueramnestie kann nie gerecht sein, weil sie nur dann erfolgreich ist, wenn Steuerbetrüger davon wirklich profitieren können. Gerechtigkeit ist allerdings auch nicht der Sinn einer solchen Amnestie. Sie kann nur dazu dienen, Bürger, die die Steuerlast als zu groß und ungerecht empfinden, mit ihrem Staat auszusöhnen und damit eine Fehlentwicklung zu korrigieren.Eine Amnestie muss aber für diejenigen zumutbar sein, die bislang ehrlich ihre Steuern gezahlt haben. Das wird nur der Fall sein, wenn Bundesregierung und Opposition nach einem solchen Akt der Milde sofort eine große Steuerreform anpacken. Davon müssen auch diejenigen Arbeitnehmer und Durchschnittsverdiener profitieren, die nicht Millionen in der Schweiz gebunkert haben oder, wie viele Vermögende, Steuerschlupflöcher ganz legal so nutzen können, dass sie praktisch keine Abgaben mehr zahlen. Nur dann wird der Ehrliche nicht das Gefühl haben, doch immer der Dumme zu sein.
 
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