Freibier als Werbung für Dosenpfand bringt Stoiber zum
Schwitzen
Von Timm Krägenow, Berlin (mit dpa)
14.06.2001
Die kleinen Brauereien sind so beliebt wie der mögliche Kanzlerkandidat Edmund Stoiber
In Bayern hat sich der Konflikt zwischen den mittelständischen Bierbrauern und der
Staatsregierung über das Pflichtpfand für Getränkedosen weiter verschärft. Zur
entscheidenden Kabinettssitzung am kommenden Dienstag kündigte der bayerische
Brauerbund gestern eine Sternfahrt von Brauerei-Lastern mit Freibier nach München an.
Sollte sich das Kabinett für die Einführung des Dosenpfands entscheiden, soll die
Demonstration in der Innenstadt kurzfristig in ein Freudenfest umgewandelt werden. S.
10Freibier als Werbung für Dosenpfand bringt Stoiber zum SchwitzenVon Timm Krägenow,
Berlin
Mit einer Sternfahrt von Brauerei-Lastern, voll beladen mit Freibier, wollen die
mittelständischen Bierbrauer in Bayern am kommenden Dienstag in München für das
Dosenpfand demonstrieren. Sollte sich das bayerische Landeskabinett an diesem Tag
wider Erwarten für die Einführung des Dosenpfands entscheiden, soll die Demonstration in
der Innenstadt kurzfristig in ein Freudenfest umgewandelt werden.
Am 22. Juni wird der Bundesrat über die Änderung der Verpackungsverordnung und damit
über das Pflichtpfand für Getränkedosen entscheiden. Der bayerische Ministerpräsident
Edmund Stoiber lehnt das Pflichtpfand ab, die Brauer sindwie die Grünen dafür. Sie füllen
den Großteil ihres Gerstensaftes in Fässer und Mehrwegflaschen ab und hoffen so, vom
Pfand zu profitieren.
Ihr Engagement könnte in den nächsten Tagen zu einer populistischen Machtprobe führen:
Die kleinen Brauereien sind mindestens so beliebt wie der CSU-Ministerpräsident und
mögliche Kanzlerkandidat Stoiber.
Der bayerische Umweltminister Werner Schnappauf setzte am Mittwoch weiter auf eine
Selbstverpflichtung der Wirtschaft. Ein Pfand solle nur bei Missachtung der Vereinbarungen
kommen. Am kommenden Montag treffen sich die Konfliktparteien im Dosenstreit zu einer
zweiten Gesprächsrunde in München.
Nach Schnappaufs Plänen soll das Zwangspfand zwar beschlossen, aber mittels eines
Vertrags ausgesetzt werden. Darin müssten sich Getränkeindustrie und Handel verpflichten,
zunächst 22 MilliardenLiter Getränke in Mehrwegverpackungen abzufüllen. Diese Menge
solle bei steigendem Konsum schrittweise erhöht werden. Bei Missachtung drohe ein
Strafgeld in dreistelliger Millionenhöhe. Gleichzeitig müssten die Vertragsunterzeichner
hohe Millionenbeträge zur Beseitigung von weggeworfenen Getränkeverpackungen
bereitstellen. Daneben solle Forschung und Werbung für Mehrwegsysteme finanziert
werden.
Nach Ansicht des Münchner IHK-Präsidenten Claus Hipp ist der Vorschlag „aus
gesamtwirtschaftlicher Sicht eine vernünftige Basis“. Damit würden die Interessen der
Brauer und des Handels berücksichtigt.
Der bayerische Einzelhandel warnte allerdings vor kaum lösbaren Problemen im
Zusammenhang mit dem geplanten Dosenpfand. Gerade kleinere Tankstellen und Kioske
könnten sich die 30000 DM teuren Dosenrücknahmeautomaten nicht leisten.
(mit dpa)
ftd vom 14.06.2001