hätte ich nicht gedacht, dass ich mit dieser kleinen eil - meldung so´ne lawine lostrete. nachdem ich mich zwischenzeitlich von diesem thread schon mal distanzieren wollte, wg. agressiver aussagen, bin ich sehr froh, dass ihr noch die kurve gekriegt habt und wieder sachlich ohne persönliche angriffe diskutiert - ich habe übrigens auch zwei kinder, junge 1 1/2 , mädchen 10 jahre - natürlich stellt man sich vor, was man tun würde, falls so etwas schreckliches eintreten würde. sofort malt man sich die gemeinsten, übelsten todesarten für den täter aus. aber ich glaube, dass man nur bedingt rachefähig ist, wenn erst mal der schmerz und die trauer die oberhand gewinnen. gegenbeispiel - der fall bachmeier: schaut euch mal ihr schicksal an - aber, auch durch ihre rache ist sie nicht wirklich glücklicher geworden, oder..... gruß händchen01:03:01 01:31 bdt0012 4 vm 437 dpa 0010
Kriminalität/Prozesse/KORR/
(Zum 6. März)
Mutterschmerz und Selbstjustiz: Der «Fall Bachmeier» vor 20 Jahren
Von Eva-Maria Mester, dpa
(mit Bildern HBG01/02) =
Lübeck (dpa) - War es die emotionsgeladene Tat einer zutiefst
verzweifelten Mutter oder der sorgsam geplante Mord einer kalt
berechnenden Frau? In einem der spektakulärsten Fälle von
Selbstjustiz in Deutschland erschoss Marianne Bachmeier am 6. März
vor 20 Jahren in einem Lübecker Gericht den mutmaßlichen
Vergewaltiger und Mörder ihrer Tochter. Kaum ein Verbrechen hat die
Öffentlichkeit derart beschäftigt wie dieses. Die Bluttat machte sich
in Volkes mitfühlender Stimme Luft («Das hätte ich auch getan») und
bot den Stoff für etliche Kinofilme und TV-Dokumentationen.
Der 6. März 1981 war der dritte Tag der Hauptverhandlung gegen den
damals 35-jährigen Schlachter Klaus Grabowski vor der
Schwurgerichtskammer des Lübecker Landgerichts. Der einschlägig
vorbestrafte Mann hatte laut Anklage am 5. Mai 1980 die siebenjährige
Anna in seiner Wohnung vergewaltigt und erdrosselt. Kurz vor
Verhandlungsbeginn zog Annas Mutter eine Pistole aus der Tasche und
feuerte sieben Schüsse auf den Angeklagten ab. Sechs davon trafen ihn
im Rücken, Grabowski war auf der Stelle tot. Anschließend ließ sich
die zierliche, dunkelhaarige Frau widerstandslos festnehmen.
Die Tat der damals 31-jährigen Gastwirtin, die in der Lübecker
Altstadt eine Kneipe betrieben hatte, spaltete die Öffentlichkeit in
zwei Lager. Denen, die die Schüsse als Selbstjustiz verurteilten,
standen viele gegenüber, die Verständnis für die Gewalttat der Mutter
äußerten. Anna war die jüngste Tochter der allein erziehenden Frau,zwei ältere Töchter hatte sie kurz nach der Geburt zur Adoption
freigegeben. Auch der Umgang der Justiz mit Sexualstraftätern wurde
damals heftig kritisiert. Grabowski hatte sich freiwillig kastrieren
lassen, nachdem er sich zwei Mal an Kindern vergangen hatte. Er war
dann aber mit Hormonen behandelt worden.
Der Prozess gegen Marianne Bachmeier, der im November 1982 begann,
stieß auf ein bis dahin in Deutschland unbekanntes öffentliches
Interesse. Über 100 Journalisten reisten an, und der Andrang der
Zuschauer war so groß, dass keiner der Säle im Gerichtsgebäude
ausreichte. Die Verhandlung fand deshalb im Sitzungssaal des
benachbarten Landesbauamtes statt, der 200 Zuschauern Platz bot. Vor
allem Frauen verfolgten den 15 Monate dauernden Prozess. Im März 1983
wurde Frau Bachmeier wegen Totschlags und unerlaubten Waffenbesitzes
zu sechs Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an,dass sie den Entschluss zu den Schüssen bereits vor Betreten des
Gerichtssaales gefasst hatte.
Mit ihrer Rolle im Rampenlicht ist Marianne Bachmeier für den Rest
ihres ruhelosen Lebens nur schwer fertig geworden. Nach ihrer
vorzeitigen Entlassung aus dem Gefängnis 1985 heiratete sie einen
Afrikaner. Beide verließen Deutschland und lebten in Nigeria, der
Heimat des Mannes. Nach der Scheidung 1990 zog sie nach Sizilien, um
in Palermo Sterbende in einem Hospiz zu pflegen.
Immer wieder kehrte Marianne Bachmeier nach Deutschland zurück -
etwa um ihr autobiografisches Buch «Palermo - Amore Mio»
vorzustellen. In Interviews klagte sie darüber, in ihrer alten Heimat
immer nur Annas Mutter zu sein. Sie starb im September 1996 an Krebs
und fand ihre letzte Ruhestätte an der Seite ihrer Tochter in Lübeck - nicht in Palermo, wie sie es sich einmal gewünscht hatte.