Von allen Seiten hört man die beschwichtigenden Stimmen, man solle doch den Ölpreisanstieg nicht überbewerten. Auch dieser könne den nun weltweit vorhandenen starken Wachstumstrend nicht umkehren, schlimmstenfalls verlangsamen. - Genau so sehen die Multis und die Scheichs das auch. Der Markt verträgt zur Zeit deutlich höhere Preise, deshalb werden die bleiben. Da kann auch keiner nachgeben: Erhöhen die Scheichs nicht, sahnen die Multis ab. Werden die Staatsregierungen weich, ziehen Scheichs und Multis nach. Die Ursachen liegen weiter zurück: Zum einen ist die Endlichkeit der Ölreserven in den letzten 20 Jahren einfach wieder in Vergessenheit geraten und hat neue Abhängigkeiten durch Gewohnheit und Bequemlichkeit geschaffen (ein Auto-freier Sonntag als Antwort ist heute wieder unvorstellbar, ebenso ein konsequent sparsameres Verhalten jedes einzelnen), zum anderen hat insbesondere die zu lasche Währungspolitik vor allem in Euroland die Luft für solche Anhebungen geschaffen (alle, auch die Multis, hätten mehr um das zarte Pflänzchen Wachstum gefürchtet und sich moderater verhalten, wenn die Währungshüter konsequenter auf die Geldschwemme an den Finanz- und Kapitalmärkten reagiert hätten). Im Mittel ist der Anstieg des Ölpreises in den letzten 20 Jahren nicht dramatisch. - Im Gegenteil: selbst die Brötchen beim Bäcker verzeichnen einen höheren Preisanstieg als das Öl. Was die Hysterie auslöst, sind die Bocksprünge, in denen sich das vollzieht. Vernünftig wäre es, den Traum auf ein Wiederabsinken einfach zu begraben und sich stattdessen Gedanken zu machen, wie man mit der Ist-Situation als wahrscheinlichem Dauerzustand umgeht. Die Sache hat übrigens für uns alle auch ein Gutes: Das PR-Argument der Multis, daß sie in Zukunft gewaltige Investitionen vor sich haben, um auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eine Ölversorgung sichern zu können, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Von Wirtschaftsgurus aller Art wurden z.B. Ölschieferreserven immer einfach eins zu eins zu den Gesamtölreserven dazugezählt und daraus abgeleitet, daß es so schlimm noch gar nicht um uns bestellt sei. Vergessen haben sie dabei, daß es zur Erschließung dieser Quellen nicht nur gewaltige Investitionen und höhere Produktionskosten braucht, sondern sogar noch Forschungs- und Entwicklungsarbeit. - Irgendwann rächt sich die Arroganz der unverbesserlichen Wachstumsfetischisten.