Volkswirte: Alles deutet auf weiteren Zinsschritt im Oktober hin
FRANKFURT (Dow Jones)--Nach Einschätzung von Bankvolkswirten wird die
Europäische Zentralbank (EZB) bereits Anfang Oktober ein weiteres Mal die
Leitzinsen erhöhen. Darauf deuteten die Aussagen von EZB-Präsident Jean-Claude
Trichet im Anschluss an die EZB-Ratssitzung an diesem Donnerstag hin, hieß es
übereinstimmend. Auf der Sitzung hatte der EZB-Rat wie erwartet die Leitzinsen
um 25 Basispunkte erhöht. Der wichtigste EZB-Zins stieg damit auf 3,00%. Seit
Dezember 2005 war dies der vierte Zinsschritt der Notenbank um einen viertel
Prozentpunkt. Bis Jahresende sehen die meisten Experten den Leitzins bei 3,50%.
Bank of America-Volkswirt Matthew Sharrat betonte wie alle seine Kollegen,
dass Trichet mit Blick auf die Inflationsrisiken die Formulierung "sehr genau
beobachten" verwendet habe. Dies sei das EZB-Signal für eine Zinserhöhung bei
der übernächsten Sitzung, also am 5. Oktober. Für die September-Sitzung, die
allerdings schon am 31. August stattfindet, sei wieder mit der Verwendung des
Codeworts "Wachsamkeit" zu rechnen, mit dem die EZB zuletzt immer einen Monat im
Voraus eine Zinserhöhung angekündigt habe. Sharrat wies zudem darauf hin, dass
Trichet im Gegensatz zu seinem Juli-Statement von "gestiegenen
Inflationsrisiken" sprach.
Alexander Krüger, Ökonom bei der WestLB, sagte, "aus der Verkürzung des
Zinserhöhungsrhythmus schließen wir, dass die EZB weiter in den neutralen
Zinsbereich vorstoßen möchte, als wir das bisher erwartet haben". Die zuletzt
besser als erwartet ausgefallenen Konjunkturdaten gäben der Notenbank den
nötigen Spielraum dazu. Aus dem Trichet-Statement gehe aber nicht hervor, "dass
die Notenbank künftig größere Schritte beabsichtigt", sagte Krüger. Er rechne
jetzt für Anfang Oktober und Anfang Dezember mit weiteren Zinserhöhungen um 25
Basispunkte, der Hauptrefinanzierungssatz werde dann zu Jahresende bei 3,50%
stehen.
Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, meinte ebenfalls, dass die EZB
ihren Leitzins bis Dezember auf 3,50% anhebt. Zwar wiesen die ersten
Frühindikatoren nach unten, "aber erfahrungsgemäß dauert es gerade an oberen
Wendepunkten etwas länger, bis sich das in schlechteren 'harten' Daten
niederschlägt". Krämer erklärte zudem, dass sich die EZB wegen der robusten
Konjunktur ermutigt fühle, "endlich das Problem der seit fünf Jahren zu schnell
wachsenden Geldmenge M3 anzugehen und die Zinsen rasch auf ein neutrales Niveau
anzuheben".
-Von Peter Trautmann, Dow Jones Newswires, +49 69 29725-313,
peter.trautmann@dowjones.com
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